Wer denn nun? Ganz einig scheint man sich nicht zu sein, wer bei McLaren die Führungsrolle übernehmen darf. Unbestritten ist, dass das Fahrzeug des renommierten Teams das Schnellste im Formel-1-Feld ist. Auf beinahe jeder Rennstrecke scheint McLaren überlegen, was in der Königsklasse immer wieder mal vorkommt. Lange Zeit dominierte Mercedes, ehe Red Bull die Vorherrschaft übernahm. Und nun eben McLaren.
Neu ist aber, dass sich das Team bislang nicht auf einen Titelkandidaten festgelegt hat. Anders als bei Red Bull, wo klar ist, dass Max Verstappen der Regent ist. Oder wie zuvor Lewis Hamilton bei Mercedes, dessen Vorherrschaft nur kurzzeitig im eigenen Team von Nico Rosberg gefährdet wurde. McLaren aber hat zwei Piloten, deren Fähigkeiten ausreichen, um Weltmeister zu werden. Dem Team wird es gelingen müssen, den Konkurrenzkampf bestmöglich zu moderieren.
Lando Norris schien vor Saisonbeginn die Nummer eins beim britischen Team. Weil er vergangene Saison Verstappens härtester Widersacher war, dem Niederländer aber letztendlich zum Titel gratulieren musste. In diesem Jahr nun schien die Zeit von Norris gekommen. Überlegenes Auto, viel Talent – die Mischung sollte für den Titel reichen.
Piastri fährt bemerkenswert konstant
Im eigenen Team aber wächst mit Oscar Piastri ein Rivale heran, dessen Fähigkeiten unbestritten sind. Seit seinem Erfolg am Sonntagabend in Bahrain ist er der einzige Fahrer, der in dieser Saison bislang zwei Rennen gewonnen hat. Noch liegt er zwar drei Punkte hinter Norris in der WM-Wertung auf Platz zwei, seine Konstanz aber ist bemerkenswert. Ihm unterlaufen deutlich weniger Fehler als seinem Teamkollegen.
2023 hatte Piastri in Bahrain sein Formel-1-Debüt gefeiert. Seitdem hat er 50 Rennen gefahren, was noch längst nicht der Erfahrungsschatz ist, von dem viele Kollegen zehren. Piastri aber wirkt nicht so, als könnte ihn das beunruhigen. Im Gegenteil: Er strahlt Ruhe aus. Ganz der coole Australier eben.
Am Sonntag glänzte er mit einem Start-Ziel-Sieg. Er nutzte also seine Poleposition nach der Qualifikation für das perfekte Rennen. „Es war ein großartiges Wochenende für alle, und es ist ein großartiger Ort dafür. Also bin ich mir sicher, dass jeder es genießen wird, so wie es sein sollte“, sagte der 24-Jährige.
Während PIastri mit seinem Team feierte, herrschte wenige Meter entfernt Frust. Noch in seinem Dienstwagen sitzend, hatte Max Verstappen bereits mit seiner schonungslosen Kritik begonnen. Er schüttelte immer wieder den Kopf, als könne er nicht fassen, was in Bahrain passiert war. Nur Platz sechs, das alleine frustriert den viermaligen Weltmeister bereits. Noch mehr aber sorgen ihn die Begleitumstände. „Im Grund lief alles falsch. Der Start, die Boxenstopps, das Tempo, einfach alles“, sagte Verstappen und ließ sich sogar dazu hinreißen, von „einer Katastrophe“ zu sprechen.
Der Red-Bull-Rennwagen ist weit von den Vorstellungen Verstappens entfernt. Aerodynamisch hinkt das Team der Konkurrenz hinterher, auch technisch zeigen sich Schwächen. Am Sonntag kam hinzu, dass das Ampelsystem bei Red Bull in der Boxengasse zickte, was unnötig lange Standzeiten beim Boxenstopp bedeutete. Für Verstappen nicht hinnehmbar – zumal er mittlerweile auf Rang drei in der WM-Wertung abgerutscht ist.
Wechsel zu Mercedes wieder im Gespräch
Die Laune des Weltmeisters war übel. In solchen Momenten kommen zwangsläufig wieder die Gerüchte auf, dass der Niederländer bald genug von Red Bull haben könnte. In seinem Vertrag soll eine Ausstiegsklausel verankert sein, die Verstappen ziehen kann, sollte ihm Red Bull kein titelfähiges Auto zur Verfügung stellen. Immer wieder wird von einem möglichen Wechsel zu Mercedes gesprochen, wenngleich der dortige Teamchef Toto Wolff das stets dementiert.

Die Verantwortlichen bei Red Bull sind dennoch besorgt. „Es müssen in naher Zukunft Verbesserungen kommen, dass er wieder ein Auto hat, mit dem er gewinnen kann“, sagte Red-Bull-Berater Helmut Marko dem TV-Sender Sky. Verstappen selbst will von einem Abschied noch nichts wissen. „Wir müssen durchhalten und versuchen, die Situation zu verbessern. Im Moment stecken wir ein bisschen fest“, sagte der 27-Jährige.
Nur seiner fahrerischen Klasse ist es zu verdanken, dass der Abstand zu den McLaren-Piloten noch nicht zu groß ist. Vor einer Woche in Japan hatte Verstappen überraschend gewonnen, in Saudi-Arabien erwartet er am Ostersonntag wieder mehr Chancengleichheit. Und Piastri hofft auf den nächsten Coup. Womöglich ist er dann McLarens Titelkandidat Nummer eins.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden