Allein der Fans wegen ist die niederländische Nationalmannschaft eine Bereicherung dieser Europameisterschaft. Stimmungsvoll und friedlich bevölkern sie Stunden vor Anpfiff Innenstädte, verwandeln Fußgängerzonen in Partymeilen. So auch am Dienstag in München. Der feierwütigen Oranje-Anhängerschaft gegenüber standen bislang die Fußballer, die weit hinter ihren Erwartungen geblieben waren. Mit dürftigen Leistungen hatten sie sich durch die Gruppenphase gewürgt, entsprechend erwartungsfroh waren die knallorange leuchtenden Fans auf den Rängen der Arena.
Reichlich Kritik hatte Coach Ronald Koeman geerntet, der aus dem Sammelsurium exzellenter Einzelkönner noch kein homogenes Mannschaftskonstrukt gebildet hatte. In München hatte der ehemalige Weltklasse-Verteidiger 1988 als Spieler den EM-Titel gewonnen, nun wird ihm dieser Spielort als Trainer in guter Erinnerung bleiben. Zwar verließ Koeman die Stadt nicht wie einst mit einem Pokal, jedoch mit der Gewissheit, weiterhin um diesen zu spielen. Im EM-Achtelfinale steigerten sich die Niederländer gewaltig, siegten 3:0 (1:0) und erreichten so die Runde der letzten acht Teams.
In der Anfangsphase hielt Rumänien gegen die Niederlande noch mit
Zunächst jedoch sah sich der Favorit einem widerspenstigen Herausforderer ausgesetzt, der eindrucksvoll zeigte, warum er problemlos durch die Gruppenphase geglitten war. Die rumänischen Fans erzeugten ohrenbetäubenden Lärm, den die Spieler durch Torchancen ausgelöst hatten. Sich aus dem aggressiven Pressing der gelb Gewandeten zu befreien, gelang den Niederländern um Abwehrfels Virgil van Dijk nur spärlich. Vor allem Ianis Hagi, Sohn des legendären Gheorghe Hagi, wirbelte. Daran hinderte ihn auch keine Kopfverletzung, die ihn fortan ein Haarnetz tragen ließ. Als Dennis Man knapp über die Latte zielte, verfehlte er die verdiente Führung (14.).
Mitten hinein in diese Sturm- und Drangphase setzte Cody Gakpo die Führung, die die Statik des Spiels grundlegend veränderte. Der Spieler des FC Liverpool gab den spiegelverkehrten Robben, zog von links in den Strafraum und schoss trocken ins kurze Eck zum 1:0 (20.). Dieser Treffer hatte befreiende Wirkung für die bis dahin ängstlich agierenden Niederländer. Plötzlich gewann ihr Auftritt an Selbstsicherheit, das Geschehen verlagerten sie in die Spielhälfte der Rumänen, die nun ihrerseits nach Ordnung suchten.
Vorwiegend über die rechte Seite drangen die Niederländer wiederholt ins letzte Drittel ein. Das Muster ähnelte sich: Meist steckte Mittelfeldspieler Tijjani Reijnders den Ball durch die rumänischen Reihen, Außenverteidiger Denzel Dumfries nutzte die Freiheiten und lieferte Vorlagen. Lediglich eine waghalsige Grätsche von Radu Dragusin das 2:0 durch Memphis Depay (31.).
Cody Gakpo und Donyell Malen trafen im EM-Achtelfinale für die Niederlande
Die Niederländer berauschten sich an ihrem Spiel, Xavi Simons flankte, indem er den Ball hinter dem Standbein herumzog. Bedeutend einfacher wäre es für Simons gewesen, nach einem weiteren Dumfries-Querpass den zweiten Treffer zu erzielen, doch sein Abschluss war wenig zauberhaft (44.). Rumänien löste sich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte aus der Umklammerung, ohne Entscheidendes zu vollbringen.
Nach Wiederanpfiff setzten sich die Niederländer erneut vor dem Gestänge der Rumänen fest, ließen aber reihenweise Gelegenheiten aus, den zweiten Treffer zu erzielen. Reijnders (49.) scheiterte ebenso daran wie Depay (54./68.) und van Dijk, der an den Pfosten köpfte (58.). Als der Ball dann doch im Netz lag, schaltete sich der Videoschiedsrichter ein. Gakpo hatte beim vermeintlichen 2:0 im Abseits gestanden (63.). Und auch der eingewechselte Joey Veerman schob die Kugel vorbei (73.).
Weil sich die Niederländer weigerten, die Führung auszubauen, hielten sie die Spannung hoch. Eine Viertelstunde blieb den Rumänen, um den Favoriten noch zum Stürzen zu bringen. Da die Kräfte des Außenseiters zusehend schwanden, hatten sie der Ballsicherheit der Niederländer allerdings nichts mehr entgegenzusetzen. Mit Kontrolle machte die Elftal den Einzug ins Viertelfinale perfekt. Und als Donyell Malen dann noch das 2:0 (83.) und 3:0 (90.+3) erzielte, ging die Oranje-Party endgültig los.