Nach Ihrem Gewinn der olympischen Silbermedaille in Paris im Canadier Einer ging es recht bald schon in die Winterpause, in der Sie sich an der Hand operieren lassen mussten. Was ist vorgefallen?
LILIK: Die Probleme am linken Handgelenk haben schon in der Vorbereitung auf Paris im Juni/Juli angefangen. Da habe ich aber natürlich wegen den olympischen Spielen komplett durchgezogen. Aber egal, was wir gemacht haben, Physiotherapie, Voltaren oder Ruhigstellen durch Bandagen in der Nacht, nichts hat geholfen. In Paris wurde es teilweise so schlimm, dass ich die letzten zwei Trainingseinheiten vor den Wettkämpfen gar nicht mitgemacht habe, weil ich keinen Paddelschlag mehr machen konnte. Durch das ganze Adrenalin und den Stress konnte ich es dann zwar verdrängen, aber in der Vorbereitung war das schon eine sehr krass psychische Belastung für mich.
Doch als es bei Olympia darauf ankam, lieferten Sie ab und sicherten sich Silber.
LILIK: Es lief echt alles mega gut. Danach gab es dann auch viele Termine und eine Zeit ohne Trainingseinheiten. In Absprache mit meinen Physiotherapeuten haben wir gedacht, vielleicht wird es besser, wenn ich Ruhe gebe. Aber zum Ende der Saison gegen Oktober habe ich einen Bundeswehrlehrgang gemacht und wollte danach in das Wintertraining starten, aber ich habe gemerkt, es geht nicht. Dann sind die Besuche bei den Ärzten losgegangen.
Die aber auch keinen großen Erfolg brachten.
LILIK: Nein, es hat alles nicht richtig funktioniert. Das hat mich dann auch ziemlich runtergezogen. Erst war die Hand zwei Wochen in der Schiene und ich konnte nicht trainieren konnte. Dann haben wir es mit Tabletten versucht. Währenddessen läuft einem die Zeit weg. Am Ende war es genauso schlimm wie vorher. Die letzte Möglichkeit war dann die Operation.
Diese Entscheidung, sich als Kanutin an der Hand operieren zu lassen, war bestimmt nicht leicht.
LILIK: Ich hatte schon Vertrauen in den Weg. Aber das Schlimme für mich war, dass ich es für meinen Kopf gebraucht hätte, mal aufs Wasser zu gehen und dadurch abzuschalten. Aber das ging nicht. Das hat es für mich fast unerträglich gemacht. Auf den Bildern hat man gesehen, dass der Diskus in meinem Handgelenk sehr verschlissen war und gar nicht in der Lage war, irgendwelche Bewegungen abzufedern. Durch eine spezielle Methode hat man versucht, das wieder aufzubauen. Ich war sehr froh und es hat trotz der Eile auch dank der Unterstützung der Bundeswehr alles sehr gut geklappt.
Das Trainingslager des deutschen Kanuverbands auf La Réunion im Februar haben sie dann aber verpasst.
LILIK: Zwei Wochen vor der OP hatten wir mit unserem Physiotherapeuten schon einen Rehaplan besprochen. Dementsprechend wollten wir vorher alles abklären, damit ich weiß, worauf ich mich einstellen kann. Mein Flug fürs Trainingslager war ja schon gebucht. Den konnte man nicht mehr stornieren. Deshalb haben wir beschlossen, dass ich mitfliege und vor Ort mit dem Physiotherapeuten arbeite. Da hätte ich 24/7-Physio-Betreuung bekommen. Da war ich erstmal sehr erleichtert und hatte nicht mehr so viel Angst vor der OP.
Im Trainingslager waren Sie dann aber letztendlich doch nicht dabei.
LILIK: Ja, denn zwei Wochen nach der OP hieß es dann zwei Tage vor Abflug: Du bleibst zu Hause, du darfst jetzt nicht mitfahren. Meine Koffer waren schon fast fertig gepackt, es war alles darauf ausgelegt und ich hatte keinen Backup-Plan. Wir haben noch versucht, die Entscheidung des Cheftrainers zu revidieren, denn ich hatte ja mein Flugticket schon. Aber es blieb dabei. Da bin ich schon nochmal in ein richtig tiefes Loch gefallen, denn ich bin zu Hause in Augsburg komplett alleine dagestanden. Ohne Physio, ohne Trainer und ohne richtige Betreuung. Es hätte mit Wertschätzung und Anerkennung zu tun gehabt, wenn man gesagt hätte, fahr´ mit nach La Réunion. Das hätte mir in dieser Situation mental und somit auch körperlich sehr geholfen, um schnell wieder fit zu werden und wieder in den normalen Trainingsalltag integriert zu werden.
Wie fühlten Sie sich, als Sie von der Entscheidung der sportlichen Leitung erfuhren?
LILIK: Wäre das der Stand zwei Wochen vorher gewesen, hätte ich vollstes Verständnis gehabt, dann hätte ich Zeit gehabt, mir in Augsburg einen Athletiktrainer und einen Physio zu suchen. Denn in der Situation ist es wichtig, mit jemandem zusammenzuarbeiten, zu dem man Vertrauen hat. Das macht für mich Professionalität aus. Ich habe letztes Jahr die olympische Silbermedaille geholt und dadurch dazu beigetragen, die Finanzierung des Verbandes zu sichern. Jetzt schießt man das Geld in Form des bezahlten Flugtickets einfach in den Wind – ein Vorgehen, bei dem, meiner Meinung nach, weder finanzielle Vernunft noch das Wohl der Athletin im Mittelpunkt zu stehen scheinen. Welche Prioritäten hier tatsächlich gesetzt wurden, bleibt für mich schwer nachvollziehbar. Gerade in solchen Momenten merkt man, wie sehr man auf das Umfeld und die Rückendeckung des Teams angewiesen ist – und wie sehr es fehlt, wenn das plötzlich wegbricht.
Werden Sie die Rennen zur deutschen Qualifikation am Samstag und Sonntag auf Ihrer Heimstrecke am Eiskanal dann überhaupt bewältigen können?
LILIK: Mittlerweile bin ich schon wieder ins Training eingestiegen. Ich habe es für den Kopf gebraucht und schaue derzeit nur von Tag zu Tag und von Woche zu Woche. Eine Kommunikation mit dem Cheftrainer hat bisher aber immer noch nicht stattgefunden. Ich habe mich jetzt über meinen Verein, die Kanu Schwaben Augsburg, angemeldet. Absagen kann ich immer noch. Nachmelden wäre schwieriger. Dann werde ich schauen, was die nächsten Tage und Wochen bringen.
Wie blicken Sie dann auf die kommende Saison, wenn Sie noch nicht im Vollbesitz Ihrer Kräfte sind?
LILIK: Ich habe mich in den letzten Wochen extrem um mich gekümmert. Vor allem mental. Ich bin stolz auf mich, dass ich mich wieder gerade gerichtet bekommen habe. Und hoffe, dass in den nächsten Wochen eine finale Entscheidung vom Verband kommt, damit ich planen kann. Solange das in den Sternen steht, kann ich nichts anderes machen, als jeden Tag aufzustehen, zum Training zu fahren und meine Arbeit zu machen.
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