
Der Machtkampf im Skisport spitzt sich zu

Die Skiverbände Deutschlands, Österreichs und der Schweiz verbünden sich gegen den umstrittenen Fis-Präsidenten Johan Eliasch. Ihn lässt das scheinbar kalt.
Klar. Kitzbühel. Der Ort, an dem sich nicht nur waghalsige Sportler todesmutig die „Streif“ runterstürzen, sondern wo Glanz und Gloria die Alltagssorgen des alpinen Wintersports für ein Wochenende vergessen lassen. Warum denn nicht mit Schampus gegen die Schneearmut ankämpfen? Mit ausufernden Partys gegen schmale Pistenbänder? Und mit einem Kräuterschnapserl gegen den Klimawandel? Wenn’s hilft ...
Kitzbühel ist die große Bühne. Die Oscar-Verleihung des Skisports. Das vor Jahren finanziell noch arg gebeutelte österreichische Fernsehen ORF produziert mit einem Millionenaufwand die TV-Übertragung in alle Welt. Mini-Kameras werden an den Stangen der Abfahrtstore in den Schnee verbuddelt und Drohnen übertragen – wenige Zentimeter über dem Athleten zischend – das Rennen live. So entfalten die Bilder eine noch viel größere Wirkung. Das Schifoan, das Wolfgang Ambros mal so schön und romantisch als das „Leiwandste“ besang, wird zum Ultra-Mega-Spitzen-Spektakel. Genau das ist die Welt von Johan Eliasch.
Der Präsident des Internationalen Skiverbandes hätte derartige Events am liebsten im Wochenrhythmus. In einem Interview mit dem Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz sagte Eliasch: „Ich liebe den Rummel hier in Kitz. Es ist das beste Sportevent der Welt. Besser als der Grand Prix in Monaco.“ Es habe alles, „viele Leute, den Nervenkitzel, die Unterhaltung, den Glamour“.
Um Teil des Glamours zu sein, musste Eliasch am Samstag vor einer Woche sogar der lebenden US-Legende Lindsey Vonn an die Wäsche. Das Fernsehen zeigte die langjährige Vorzeigefrau des Alpin-Sports, wie sie zusammen mit Arnold Schwarzenegger dem Streif-Sieger Aleksander Kilde aus Norwegen gratulierte. Für den links neben ihr stehenden Eliasch war in der engen Winners-Box kein Platz mehr im Schwenk der Kamera. Aber Eliasch wäre nicht Eliasch, würde er sich nicht innerhalb von wenigen Sekunden Platz schaffen. Er schob die sichtlich verwunderte Vonn mit der Schulter zur Seite und grinste in die Kamera. Fehlte nur noch ein Winken.
Nationale Skiverbände wollen anders als der Weltverband umweltbewusst sein
Aber Eliasch braucht diese Auftritte. Erst recht in Kitzbühel, wo auch seine ärgsten Widersacher das Rampenlicht und die Öffentlichkeit suchten – und fanden. Wenige Meter von Schwarzenegger, Vonn und Eliasch lacht ein anderes Trio in die Kamera und demonstriert, was ein Tag vorher per Pressemitteilung verkündet wurde. Eine Kooperation von Deutschem, Österreichischem und Schweizer Skiverband, die ihre Interessen künftig eng abgestimmt und einheitlich gegenüber der Fis gewahrt haben wollen.
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Franz Steinle (DSV), Roswitha Stadlober (ÖSV) und Urs Lehmann (Swiss-Ski) wollen Geschlossenheit und Eintracht vermitteln im Ringen um eine bessere, vor allem andere Zukunft des Skisports, als Eliasch sie sieht. Dessen Pläne einer zentralen Vermarktung aller Weltcups, ein Ausweiten des Weltcup-Kalenders in schneearme Monate, seinen Expansionskurs nach China und seine Behauptungen, die Fis sei nicht nur CO2-neutral, sondern zehnfach klimapositiv, weil er ein paar Hektar Regenwald hat einzäunen lassen, sind nicht nur vielen Wintersport-Fans, sondern auch etlichen nationalen Verbänden ein Dorn im Auge. Die Kooperation der drei großen zentraleuropäischen Verbände habe zum Ziel, „die gegenseitige Unterstützung sowie eine enge Zusammenarbeit bei länderübergreifenden und strategischen Maßnahmen zu sichern“. Die Vermarktung wolle man nicht in die Hände der Fis geben, die Umwelt stärker im Auge behalten und nach außen transparent und offen kommunizieren. Zwischen den Zeilen steht da: Wir wollen es also genau anders angehen als der große Weltverband Fis.
Internationaler Sportgerichtshof wird über die Wiederwahl von Johan Eliasch urteilen
Glaubt man Insidern, dann hat es in Kitzbühel sogar so etwas wie einen Krisengipfel der drei großen Verbände mit der Fis-Spitze gegeben. Details sollen nicht an die Öffentlichkeit kommen. Doch hinter vorgehaltener Hand wurde bestätigt: Eine Annäherung ist nicht in Sicht, an Kompromisse sei derzeit nicht zu denken. Das verwundert wenig, schließlich sind DSV, ÖSV und Swiss-Ski auch die treibenden Kräfte, die Wiederwahl von Eliasch im Mai 2022 anzufechten. Ob die Abstimmung rechtens war, ohne die Möglichkeit zu haben, gegen Eliasch stimmen zu können, entscheidet in den nächsten Wochen der internationale Sportgerichtshof CAS.
Eliasch, der nach wie vor Großaktionär der Skifirma Head ist und deswegen schon in etliche Interessenskonflikte geraten ist, lässt der Widerstand aus dem deutschsprachigen Raum anscheinend kalt. „Wenn drei Verbände in eine andere Richtung gehen wollen als die restlichen 139, wird das nicht funktionieren“, sagte Eliasch. Der Machtkampf spitzt sich zu. Ebenfalls noch in Kitzbühel wurde verkündet, dass sich 13 europäische Nationen zusammentun und schon nächsten Winter eigene Wettkämpfe planen. Ohne die Fis.
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