Neue App für Menschen mit Behinderung
Mit der App INA helfen Daniela Hach und Patricia Urbas Menschen mit Behinderung. Wie es an der HSA dazu kam und im Designbüro "alle guten Dinge" weitergeht.
Moni möchte sich mit ihrer besten Freundin Lisa nächsten Samstag zum Ratschen in der Stadt treffen. Sie solle ein nettes Café in Augsburg aussuchen, meinte Lisa. Das hätte sich Moni, die wegen einer Fehlbildung ihrer Wirbelsäule schon immer an den Rollstuhl gebunden ist, früher nie zugetraut. Sie hätte bei allen Cafés in der Umgebung anrufen und fragen müssen, ob der Zugang sowie die Toiletten barrierefrei sind.
Jetzt nimmt sie einfach ihr Smartphone zur Hand und checkt, welche Augsburger Cafés und Restaurants barrierefrei zugänglich sind – und zwar mittels der neuen App „INA“. Hat sie sich für eine Location entschieden, findet sie dort auch gleich den Kontakt, kann direkt anrufen oder eine E-Mail schreiben und zwei Plätze für Samstagnachmittag reservieren.
Neue App: INA - "Inklusion für alle" für Menschen mit Behinderung
So oder so ähnlich könnte ein Szenario aussehen, wie die Applikation von Daniela Hach und Patricia Urbas Anwendung findet. INA steht für „Inklusion für alle“ und soll es Menschen mit Behinderungen erleichtern, sich eigenständig am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu beteiligen, indem sie alle notwendigen Informationen übersichtlich bereithält. Die Nutzerinnen und Nutzer der App können für sie relevante Orte, Anlaufstellen und Veranstaltungen entdecken.
„Die Idee zur Entwicklung von INA entstand während der Recherchephase für meine Masterthesis, die ich vergangenes Jahr eingereicht habe“, erzählt Daniela Hach. Als Grundlage diente ihr der „Wegweiser für Barrierefreiheit“ – ein Printkatalog der Stadt Augsburg mit vielen Informationen über barrierefrei zugängliche Orte und Anlaufstellen für Menschen mit Behinderung in Augsburg. „Dieser Katalog wurde dann später der inhaltliche Ausgangspunkt für INA.“
Ein Projekt an der Hochschule Augsburg
Wie die 34-Jährige absolvierte auch Patricia Urbas, 31, an der Hochschule Augsburg den Masterstudiengang „Interaktive Mediensysteme“ mit dem Schwerpunkt Websysteme. Dort lernten sich die beiden jungen Frauen, die ursprünglich aus Bremen und Stuttgart stammen, kennen und entschieden, einen gemeinsamen beruflichen Weg einzuschlagen. Nach dem Studium haben sie sich selbstständig gemacht und ein Designbüro mit dem Namen „alle guten Dinge“ gegründet, wo sie Dienstleistungen wie digitale Anwendungen anbieten und unter anderem die App INA weiter voranbringen.
Patricia Urbas erzählt: „Nach dem digitalen Einpflegen des Printkataloges ergänzten wir immer weitere Informationen und Funktionen wie das Einstellen des Farbkontrastes und der Schriftgröße für eine bessere Lesbarkeit“. Diese Funktionen gepaart mit großen Bildern machen die App auch für Senioren und Seniorinnen sowie Menschen mit Sehbehinderung nützlich. Kontaktinformationen sind in unterschiedlicher Form angegeben, sodass sich jeder für das Mittel der Wahl entscheiden kann. Die Möglichkeit der Umstellung auf Leichte Sprache hilft nicht nur Menschen mit einer Lernschwierigkeit, sondern auch Nicht-Muttersprachlern. „Bisher haben wir alles selbst in Leichte Sprache übersetzt – wir stehen in engem Kontakt mit Tanja Blum vom CAB-Fachzentrum für Leichte Sprache.“ Künftig soll es dafür eine technische Übersetzungslösung sowie eine Vorlesefunktion geben.
„Ein digitales Medium hat so viele Vorteile“, schwärmt Hach. „Anhand von Filtern können beispielsweise nur relevante Informationen angezeigt werden und man findet auf einen Blick, was man braucht. Das erleichtert Menschen, die schwer Zugang zum großen World Wide Web finden, das Leben.“ Eine hohe Aktualität stellt trotzdem sicher, dass Nutzerinnen und Nutzer auch über Änderungen – wie etwa angepasste Öffnungszeiten oder Ticketpreise für Veranstaltungen – Bescheid wissen.
Prototyp der App INA für die Stadt Augsburg
Den Prototypen für die Stadt Augsburg haben bereits Menschen mit Sehbehinderung und Lernschwierigkeiten in Usertests unter die Lupe genommen. „Ihr ehrliches Feedback ist für uns superwertvoll“, sagt Urbas. „So wissen wir, wo noch Verbesserungsbedarf besteht.“ Die erfolgreichen Gründerinnen wurden mehrfach prämiert, unter anderem mit dem European Design Award und dem HSA_Funkenwerk-Award „Gründergeist“ in der Kategorie Nachhaltigkeit.
Um INA weiterzuentwickeln und auf den Markt bringen zu können, bewerben sich Hach und Urbas heuer für das Gründerstipendium „Exist“, bei dem Start-ups ein Jahr lang finanziell gefördert und unterstützt werden. „Derzeit arbeiten wir einen Businessplan aus, bei dem wir auch den weiteren Weg von INA aufzeichnen“, berichtet Hach. Die jungen Frauen planen, die App um weitere Themengebiete wie Tipps zum Umgang mit bürokratischen Vorgaben zu ergänzen. „INA soll zudem auf andere Städte ausgeweitet werden, um irgendwann deutschlandweit Menschen mit Behinderung etwas Erleichterung im Alltag zu verschaffen.“
Dieses Interview stammt aus unserer Verlagsbeilage "Gute Aussichten 2022". Schlechte Nachrichten gab es in diesen verrückten pandemischen Zeiten genug. Deshalb geben wir Ihnen unseren Mutmacher an die Hand – klassisch als Zeitung oder auch digital.
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