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Arbeitsmarkt: Das Ringen um Azubis wird schärfer

Arbeitsmarkt

Das Ringen um Azubis wird schärfer

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    Ein Auszubildender im Metall-Handwerk misst in einem Ausbildungszentrum die Dicke eines Werkstücks.
    Ein Auszubildender im Metall-Handwerk misst in einem Ausbildungszentrum die Dicke eines Werkstücks. Foto: Felix Kästle, dpa

    Weit über 15.000 Bewerberinnen und Bewerber in Bayern sind nach den jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit von Mitte August noch ohne Ausbildungsplatz. Das sind über 1200 oder 8,4 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Wie passt das zum allseits beklagten Fachkräftemangel und den Berichten zahlreicher Unternehmen, sie könnten Ausbildungsstellen nicht besetzen?

    Christian Fischer, Leiter der Abteilung Ausbildung bei der IHK Schwaben, hat mehrere Erklärungen für dieses scheinbare Paradox. Doch um die zu verstehen, hilft es zunächst einen Schritt zurückzutreten und das große Bild in den Blick zu nehmen. Die Demografie hat den Ausbildungsmarkt in den vergangenen Jahre auf den Kopf gestellt. Längst sind es die Unternehmen, die sich um die besten Azubis rangeln. Manche Unternehmen zahlen mittlerweile sogar Antrittsprämien, wenn ein junger Mensch sich für eine Ausbildung entscheidet und Anfang September tatsächlich anfängt.

    Es gibt schlicht nicht mehr genug junge Menschen für all die offenen Stellen. 7380 neue Ausbildungsverträge zum 1. September meldet die Industrie- und Handelskammer Schwaben, die Handwerkskammer (HWK) in Augsburg spricht von 3260 Berufsanfängern. In der Summe sind es geringfügig mehr als im vergangenen Jahr. Doch allein auf der IHK-Lehrstellenbörse sind noch immer 800 offene Stellen für dieses Jahr und bereits um die 1000 Angebote für das nächste Jahr zu finden. Bei der HWK sind es ebenfalls 840 Angebote.

    In manchen Berufen gibt es weiterhin zu viele Bewerber

    Wenn es trotzdem nicht klappt mit der Stelle, liegt es laut Fischer manchmal an den Ansprüchen der Bewerber. „Der eine oder die andere ist vielleicht sehr stark fokussiert auf genau eine Ausbildung in einem sehr begrenzten Raum“, formuliert der IHK-Experte. Kfz-Mechatroniker wollen nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Bayern etwa ein Drittel mehr Menschen lernen, als Stellen angeboten werden. Dazu kommt: Junge Leute wollten heute oft nicht mehr weg von zu Hause, vom Elternhaus und dem gewohnten sozialen Umfeld, sagt Fischer. Es sei aber auch schwerer geworden, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

    Zur Wahrheit gehöre aber ebenfalls, sagt Fischer, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber steige, die im schulischen oder sozialen Bereich Defizite hätten. Das bestätigt auch Wolfgang Puff, der Chef des Handelsverbands Bayern. Seine Branche sucht sehr viele Auszubildende - im Handel bleiben allerdings auch besonders viele Stellen unbesetzt. Puff glaubt nicht, dass die vielen Pleiten im Handel zuletzt die Bewerberinnen und Bewerber abschrecken. Er sieht aber durchaus Aufklärungsbedarf: „Mode, Schmuck, Sport, Bücher - im Handel können wir fast jedes persönliche Interesse von Bewerbern abbilden. Der Onlinehandel ist in allen Ausbildungswegen integriert. Mit dem Handelsfachwirt kann man sich weiterbilden bis auf ein dem Meister entsprechendes Niveau. Viele junge Leute haben vielleicht bislang nicht erkannt, welches Potenzial der Handel hat“, sagt Puff.

    Das Schulsystem hinkt hinterher

    Schwabens DGB-Geschäftsführerin Silke Klaus-Pöllinger sieht noch einen weiteren Trend, der den Ausbildungsmarkt prägt: Junge Menschen fragten verstärkt nach einem größeren gesellschaftlichen Sinn der Arbeit. Berufe, die für den Umbau unserer Wirtschaft- und Lebensweise zu mehr Nachhaltigkeit stehen, sind deutlich im Aufwind, das zeigt auch eine Untersuchung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

    Zu wenige Bewerber, gestiegene Ansprüche und mehr junge Menschen, die stärkere Unterstützung brauchen - in Summe führen diese Veränderungen dazu, dass die Unternehmen mehr Kompromisse eingehen und sich stärker anstrengen müssen. „Die Fachkräfte von morgen müssen ja irgendwo herkommen“, sagt IHK-Experte Fischer. Er sieht die Wirtschaft und das Erfolgsmodell duale Ausbildung dabei durchaus an Grenzen stoßen. „Die Arbeitswelt wandelt sich so schnell, dass das Schulsystem öfter nicht hinterherkommt“, erklärt Fischer und nennt als Beispiel die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Eine von der IHK angebotene freiwillige Zusatzqualifizierung sei so erfolgreich, dass nun auch Berufsschulen und allgemeinbildende Schulen Interesse angemeldet hätten. Für die Lehrpläne der Schulen sei aber das Kultusministerium zuständig.

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