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Deutscher Maschinenbau-Präsident Kawlath zeigt sich trotz Krise optimistisch

Interview

Maschinenbau-Präsident: „Unternehmer stehen zu ihren gut ausgebildeten Leuten“

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    Der Maschinen- und Anlagenbau stellt die größte deutsche Industriebranche dar. Dort arbeiten mehr Menschen als in der Autoindustrie.
    Der Maschinen- und Anlagenbau stellt die größte deutsche Industriebranche dar. Dort arbeiten mehr Menschen als in der Autoindustrie. Foto: dpa

    Herr Kawlath, mit welchen Gedanken verfolgen Sie als deutscher Maschinenbau-Präsident und Unternehmer das Wirken von US-Präsident Donald Trump und seinem First Buddy Elon Musk?

    Bertram Kawlath: Unruhe, wie sie von den beiden Herren ausgeht, ist nicht gut für unser Geschäft. Wir Maschinen- und Anlagenbauer verkaufen Investitionsgüter. Solche Güter kaufen Unternehmen nur dann, wenn sie stabile Geschäfte erwarten, also wissen, was die Zukunft bringt.  So eine neue Maschine soll sich in den nachfolgenden zehn Jahren rentieren.

    Trump und Musk gehen disruptiv, also zerstörerisch, vor.

    Kawlath: Disruption kann sinnvoll sein, aber Trumps Zoll-Politik schadet allen, auch den USA. Denn Zölle machen Produkte für alle Endverbraucher teurer. Ich warne deshalb davor, Handelsdispute mit Hilfe von Zöllen lösen zu wollen. 

    Haben Sie Angst vor dem Zoll-Krieger Trump?

    Kawlath: Wir beobachten Trumps Bestrebungen aus einer robusten Position heraus.

    Wie meinen Sie das?

    Kawlath: Die USA sind für den deutschen Maschinenbau außerhalb Europas der größte Exportmarkt. Unsere Firmen stellen Produkte her, die Unternehmen so nicht von amerikanischen Konkurrenten kaufen können. Wenn Trump will, dass Firmen mehr in den USA investieren, kommen sie also nicht umhin, Maschinen deutscher Hersteller zu kaufen. 

    Wünschen Sie sich für Europa auch einen Bürokratie-Zertrümmerer wie Musk?

    Kawlath: Ich stehe mit den Füßen fest auf demokratischem Grund. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass demokratisch gewählte Vertreter und nicht Unternehmer wie Elon Musk Bürokratie abbauen sollten. 

    Seit Jahrzehnten soll Bürokratie auf EU-Ebene und in Deutschland abgetragen werden. Doch das klappt nicht. Es gibt mehr Regularien denn je, die Unternehmern das Leben schwer machen.

    Kawlath: Ich bin fest davon überzeugt, dass es die Regierungen auf EU-Ebene und nationaler Ebene schaffen, wirksam Bürokratie abzubauen, ohne zu disruptiven Methoden wie Musk zu greifen. Dabei halte ich nichts von der Methode, dass für eine neue Regelung eine alte gestrichen werden muss. Dann hauen wir einen Bürokratie-Kleinwagen raus und bekommen dafür einen Bürokratie-40-Tonner.

    Wie sollen dann fleißig Nachschub produzierende EU-Bürokarten gestoppt werden?

    Kawlath: Etwa über das von der EU-Kommission angestoßene Omnibus-Verfahren. Hier soll Bürokratieabbau gleichzeitig in mehreren Bereichen und Regelwerken stattfinden. Für mich zeigt das: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat verstanden, dass wir dringend Bürokratie verringern müssen. Meine Gespräche mit Verantwortlichen der EU-Kommission haben gezeigt: Der Ton hat sich gegenüber uns Wirtschaftsvertretern im Vergleich zur letzten Kommission geändert. Unsere Sorgen werden in Brüssel ernster genommen. 

    Dann brauchen wir keinen europäischen Musk zur Bürokratie-Bekämpfung, oder?

    Kawlath: Noch einmal: Als Optimist glaube ich fest daran, dass wir im Rahmen unserer Demokratie Bürokratie wirksam abbauen können. 

    Musk mischt sich in unsere Demokratien ein und macht Wahlkampf für die AfD. Da kann man schon zum Pessimisten werden.

    Kawlath: Ich bin zwar ein bayerischer Unternehmer, aber sage zu dem Verhalten von Herrn Musk wie ein Hanseat: Das tut man nicht! Doch diese Aktion Musks wird den Wahlkampf nicht wesentlich beeinflussen, auch wenn sich die AfD darüber freut. Ich sehe das relativ gelassen.

    Bertram Kawlath ist der neue deutsche Maschinenbau-Präsident.
    Bertram Kawlath ist der neue deutsche Maschinenbau-Präsident. Foto: Foto: Salome Roessler, lensandligh (VDMA)

    Sehen Sie es denn auch so gelassen, dass wohl rund jede fünfte Wählerin und jeder fünfte Wähler bei der Bundestagswahl der in Teilen rechtsextremen Partei die Stimme gibt? In Ostdeutschland, wo Sie lange als Unternehmer gearbeitet haben, entscheidet sich vielfach jeder Dritte für die AfD.

    Kawlath: Wenn ich die Programme von extremistischen Parteien wie der AfD studiere, stelle ich fest: Solche Parteien geben die falschen Antworten für unser Land. Das besorgt mich. Denn die AfD strebt einen Austritt aus der EU und damit aus dem Euro an. Und die Nato will die Partei auch verlassen. 

    Was hätte das für Folgen für Unternehmen und Beschäftigte?

    Kawlath: Ein Ausstieg aus der EU und dem Euro-System, wie ihn die AfD anstrebt, wäre katastrophal für unser Geschäftsmodell. Der Maschinen- und Anlagenbau ist mit etwas mehr als einer Million Arbeitsplätzen die größte deutsche Industriebranche vor der Automobilindustrie. In Europa beschäftigt unser Wirtschaftszweig etwa 3,2 Millionen Mitarbeitende. Die deutschen Maschinenbauer sind stark vom Export abhängig. So gehen 43 Prozent der Ausfuhren unserer rund 3600 mittelständischen Mitgliedsbetriebe in die EU und damit ohne große Bürokratie in den großen Binnenmarkt.

    Wie bedeutend ist der von der AfD angefeindete Euro für die Maschinenbauer?

    Kawlath: Der Euro sorgt dafür, dass der Maschinenbau nicht mehr wie einst finanziell unter einer hoch bewerteten D-Mark leidet. Der Euro ist ein Konjunktur-Programm für den exportorientierten Maschinenbau. Und die Nato sorgt dafür, dass unseren Unternehmern ihre Fabriken auch morgen noch gehören. Angesichts der Bedeutung unserer Branche sage ich: Die Politik muss unsere Probleme wie etwa die überbordende Bürokratie bekämpfen. Was wir aber nicht brauchen, sind ein Schuss ins rechte und ein Schuss ins linke Knie, was ein Austritt aus der EU und der Nato bedeuten würde. 

    Damit müsste die AfD für Beschäftigte eines Maschinenbau-Betriebs unwählbar sein. Schließlich würden sie damit das Geschäftsmodell ihres Arbeitgebers untergraben und ihren eigenen Arbeitsplatz gefährden. 

    Kawlath: Ja, es geht um die Grundlagen unseres Geschäfts. Der Maschinen- und Anlagenbau bietet gut bezahlte und stabile Arbeitsplätze. Wer also solch extremistische Parteien wählt, legt die Axt an die Grundpfeiler unseres Geschäfts.

    Als Sie im Oktober vergangenen Jahres als neuer Maschinenbau-Präsident vorgestellt wurden, haben Sie an die Bundesregierung appelliert: „Reißt Euch zusammen!“ Die angesprochenen Politiker haben sich nicht zusammengerissen. Was muss unter der neuen Regierung passieren?

    Kawlath: Wir brauchen ein Standort-Upgrade für Deutschland. Neben dem Bürokratieabbau muss die Unternehmenssteuer von derzeit knapp 30 Prozent gesenkt werden, zumal diese Steuer im Durchschnitt führender OECD-Industrienationen bei nur 23 Prozent liegt. Uns fehlen also in Deutschland rund sieben Prozentpunkte in der Steuerbelastung, die wir für Forschung, Innovation und Investitionen nutzen könnten. Die zu hohen Unternehmenssteuern treffen auch die vielen kleineren Unternehmen unserer Branche hart, wie wir in einer neuen Studie demnächst zeigen werden. Im Durchschnitt beschäftigen unsere Firmen rund 200 Menschen.  

    Viele Maschinenbau-Betriebe haben trotz Rezession nach wie vor Probleme, Fachkräfte zu finden. 

    Kawlath: Deswegen müssen wir als Standort attraktiver für ausländische Fachkräfte werden: Denn die demografische Krise, also die Überalterung der Gesellschaft, wird die derzeitige konjunkturelle Krise überdauern. Wir brauchen ein neues und verbessertes Fachkräfte-Einwanderungsgesetz. Die künftige Bundesregierung steht vor einem großen Haufen an eiligen Themen. Ich wünsche mir nach der Bundestagswahl eine stabile Mehrheit, die schnell Reformen umsetzt. 

    Gewerkschafter wünschen sich von Unternehmern, dass sie auf einen Job-Kahlschlag verzichten und die Zahl der Beschäftigten stabil halten, bis die Reformen einer neuen Regierung greifen.

    Kawlath: Unsere überwiegend mittelständischen Firmen versuchen mit allen Kräften, die Stammbelegschaften zu halten. Diese Unternehmer wissen, dass sie ihre Beschäftigten dringend brauchen, wenn es wieder aufwärts geht. In unseren überwiegend familiengeführten Unternehmen kennen die Inhaber meist ihre Beschäftigten und begegnen ihnen, wenn sie Semmeln holen. Sie stehen zu ihren gut ausgebildeten Leuten. 

    Werden 2025 dennoch Arbeitsplätze wegfallen?

    Kawlath: Wir hoffen für unseren Wirtschaftszweig, dass es nur zu einem leichten Stellenabbau in diesem Jahr kommt und wir die Zahl der Mitarbeitenden trotz der schweren Zeiten stabil halten können. 2024 wurden nur rund 6800 Stellen im deutschen Maschinen- und Anlagenbau abgebaut.  Laut aktueller Statistik für Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten arbeiten 1,02 Millionen Menschen in unserem Wirtschaftszweig. Nimmt man Kleinstbetriebe dazu, sind es noch einige mehr.

    Wie ist die Stimmung unter den Maschinenbauern?

    Kawlath: Die Stimmung fällt unterschiedlich aus: Jedes dritte Unternehmen beurteilt die aktuelle Lage als schlecht oder sehr schlecht. Das schmerzt. Doch jede fünfte Firma sieht die Lage als gut oder sehr gut an. Im vergangenen Jahr ist die Produktion in unserer Branche um real acht Prozent gegenüber 2023 zurückgegangen. Für dieses Jahr rechnen wir mit einem weiteren Rückgang von zwei Prozent. 

    Zur Person

    Bertram Kawlath, Jahrgang 1970, studierte Geschichte in London sowie Erlangen und absolvierte ein MBA-Studium in der Schweiz. Seit 2004 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Schubert & Salzer Firmengruppe mit Hauptsitz in Ingolstadt. Das Unternehmen mit knapp 200  Beschäftigten verkauft Ventile für Industriebetriebe rund um den Globus. Seit Oktober 2024 ist Kawlath Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, kurz VDMA.

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