Nicht Russland, sondern der Umgang mit China ist mittelfristig die größte Herausforderung für den Westen. Ohne das Reich der Mitte geht wirtschaftlich wenig. Noch.
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine bleibt schrecklich. Und je länger er dauert, je mehr Tote er fordert, umso größer wird die Herausforderung für die Menschen in der Ukraine – und, wenn auch anders, für „den Westen“. Umso mehr, wenn im Winter die Solidarität auf eine besondere Probe gestellt und Langmut gefragt ist, weil der Autokrat im Kreml die Gaszufuhr gekappt hat.
Wohin wirtschaftliche Abhängigkeit führt, wenn Energie zur Waffe wird, kann man an diesem Krieg besonders anschaulich studieren. Und die Lehren, die aus dieser Demonstration zu ziehen sind, sollten hier sehr schnell verinnerlicht werden. Und damit zu China, der wachsenden und immer dominanter werdenden Großmacht, von der Deutschlands Wirtschaft mindestens genauso abhängig ist wie von Russlands Gas.
Autos, Halbleiter, Arzneistoffe – die Abhängigkeiten von China sind groß
Damit gemeint ist vor allem die deutsche Autoindustrie, die auf dem chinesischen Milliardenmarkt prächtig verdient hat, verdient und zu verdienen gedenkt. Und an der hier so viele Jobs hängen. Damit gemeint sind aber auch die anderen Dependenzen: bei den seltenen Erden, bei den so überaus gefragten Halbleitern, bei Arzneiwirkstoffen. Zum Symbolort für die Abhängigkeit vom Reich der Mitte wurde der Hafen von Shanghai. Als die chinesische Regierung ihn wegen Corona dichtmachen ließ, stauten sich die Containerschiffe und in der Folge rissen weltweit die Lieferketten. Die Folgen sind längst nicht ausgestanden und belasten die Unternehmen weiter.
Was also tun? Denn der Druck auf Europa und Deutschland, sich auch zu China – wo Menschenrechte wie in Russland sehr wenig gelten – anders zu verhalten, wird größer werden. Was würde in diesen Kriegszeiten aus Europa ohne die USA? Der Krieg hat vieles Transatlantische revidiert, was in den Trump-Jahren verrutscht war. Das Band zwischen der EU und den USA ist Gott sei Dank wieder gestärkt. Aber klar ist auch: Aus der von den USA wieder übernommenen Führungsrolle entstehen neue Verbindlichkeiten. US-Präsident Joe Biden begreift China als den großen systemischen Rivalen. Zuletzt sagt er es einmal so: „China ist nicht der einzige, aber es ist der größte Wettbewerber, den wir haben. Und wenn wir nicht das Tempo erhöhen, dann sind wir raus.“
G7-Beschluss: 600 Milliarden Dollar für einen Gegenentwurf zu Chinas "Neuer Seidenstraße"
Was daraus folgt, zeigte sich beim G7-Gipfel in Elmau, wo Biden die „Partnerschaft für globale Infrastruktur“ forcierte. Knapp 600 Milliarden Dollar sollen mobilisiert werden, um Chinas mit über 700 Milliarden Dollar gepflasterte Neue Seidenstraße zu kreuzen. Die steht wie wenig anderes für den imperialen Anspruch der Chinesen.
Wie schnell aus dem gigantischen G7-Gegenentwurf konkrete Infrastrukturprojekte werden, bleibt abzuwarten. Er ist zwar monetär gut bestückt, kommt aber um Jahre zu spät. Dennoch ist er richtig. Die Industrie fordert dergleichen schon lange ein. Wenn die Bundesregierung hier also mittut, ist das richtig, reicht aber nicht. Nicht für Deutschland, nicht für Europa. Beide müssen sich dringend jetzt unabhängiger von China machen. Das ist leicht gefordert und schwer umgesetzt.
In der globalen Machtarchitektur profitiert China vom Krieg in der Ukraine
Denn selbst, wenn es den einheitlichen Willen der Wirtschaft dazu gäbe (was ob des Milliarden-Marktes sehr bezweifelt werden darf), wäre es ein Projekt für Jahrzehnte. Halbleiterwerke entstehen nicht gleich, Medikamentenfabriken gewiss auch nicht. Es gibt also dringend viel zu tun. Denn vom Krieg in der Ukraine profitiert in der globalen Machtarchitektur: China.
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Ach ja - immer dieses Märchen von der Notwendigkeit zu wirtschaftlichen Unabhängigkeit, von wem auch immer. Diese totale Globalisierung und das Profitinteresse des Kapitals bedingen sich doch gegenseitig. Nur so kann der Maximalprofit generiert werden, sei es durch Billigst-Arbeitskräfte, durch wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen in korrupten Autokratien, durch eine durchgetaktete Logistik, etc. - Das hat bisher ohne jegliche Skrupel funktioniert und das wird wohl so bleiben. Denn, schon Bert Brecht wusste es vor knapp hundert Jahren (Dreigroschenoper) "Denn erst kommt das Fressen und dann die Moral"
Wie scheinheilig und infam. Solange die Globalisierung dem Westen in die Hände gespielt hat, hörte ich wenig von den Menschenrechten in China und den Arbeitsbedingungen in Bagladesh. In Ihrer Zeitung haben Sie den "Turbo-Kapitalismus" regelrecht gefeiert. Woher jetzt der Sinneswandel? Weil Russland und China das Spiel der Globalisierung auf einmal für sich zu nutzen wissen.
Der Zug "weg von China" dürfte abgefahren sein. In den nächsten Jahrzehnten werden die USA und China die Weltmärkze beherrschen. China ist zwar noch ein ganz schönes Stück von den USA weg, aber China hat sein 20 Jahren oderr noch länger höhere Wachstumsraten als die USA, heißt: China kommnt den USA langsam aber stetig immer näher .
>> Nicht für Deutschland, nicht für Europa. Beide müssen sich dringend jetzt unabhängiger von China machen. Das ist leicht gefordert und schwer umgesetzt. <<
Da sollte man sich halt mal überlegen ob wir qualifizierte Einwanderung für die Produktion von Medikamenten oder einfache Gastro-Kräfte für die urban-grüne Latte Macchiato Gesellschaft brauchen...
Zuerst muss Europa erst mal ein einig Land werden, denn als Fleckerlteppich wird es von jeden als Fußabstreifer benutzt und Deutschland bezahlt die Reinigung.