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Teurer Strom: Was der Verzicht auf die Senkung der Stromsteuer die Verbraucher kostet

Energie

Warum der Strom noch länger teuer bleibt

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    Verbraucher müssen selbst aktiv werden, um ihre Stromrechnung zu senken.
    Verbraucher müssen selbst aktiv werden, um ihre Stromrechnung zu senken. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    Der Verzicht auf die im Koalitionsvertrag versprochene Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher hat der Koalition harte Kritik eingebracht. Nicht nur aus der Wirtschaft und von Verbänden kamen Aufrufe, den Beschluss noch einmal zu überdenken, auch aus den eigenen Reihen gibt es Gegenwind. Wie hoch die Entlastung für Privathaushalte und kleinere Betriebe wäre und warum die Strompreise so hoch sind:

    Wie hoch ist die Stromsteuer und wer muss sie bezahlen?

    Die Stromsteuer wird auf den Verbrauch aufgeschlagen und beträgt derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Weil Steuerbegünstigungen als staatliche Beihilfen gewertet werden, gelten europarechtliche Einschränkungen für die Senkung. Es gilt eine europäische Mindesthöhe von 0,05 Cent pro kWh. Industrie und Landwirtschaft profitieren bereits von Erleichterungen bei der Stromsteuer, die Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) nun fortführen will. Für die Einbeziehung privater Haushalte und kleinerer Unternehmen wie Handwerksbetriebe fehle aber das Geld. Rund 5,2 Milliarden Euro hat der Bund im vergangenen Jahr mit der Stromsteuer eingenommen. Die Ausnahmen für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft kosten den Bund bereits 3,75 Milliarden Euro pro Jahr.

    Warum sind die Strompreise in Deutschland so hoch?

    Private Haushalte bezahlen nach Berechnungen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aktuell im Durchschnitt 39,69 Cent pro kWh. Der Grundpreis ist in der Modellrechnung für einen Jahresverbrauch von 3500 kWh anteilig enthalten. Damit ist der Strompreis im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, dennoch sind die Strompreise in Deutschland laut einer Untersuchung des Vergleichsportals Verivox kaufkraftbereinigt die zweithöchsten unter den führenden Industrie- und Schwellenländern. Nur in Italien ist die Energie noch teurer.

    Der größte Kostenblock beim Strompreis entfällt aber nicht auf Beschaffung und Vertrieb, die nur rund 40 Prozent der Kosten für die Verbraucher ausmachen. Fast ein Drittel des Betrags auf der Stromrechnung fließt in Form von Steuern, Abgaben und Umlagen direkt weiter an den Staat. Der Rest geht als Netzentgelte an die Netzbetreiber, die mit dem Geld auch den massiven Ausbau ihrer Infrastruktur für die Energiewende finanzieren müssen. Gerade dieser Kostenblock dürfte nach Angaben von Branchenkennern künftig eher noch steigen. Die Bundesnetzagentur arbeitet derzeit an einer Reform der Abgabe. Eine Option, die geprüft wird ist, Netzentgelte künftig auch von Stromeinspeisern zu erheben, um die hohen Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen.

    Wofür werden Steuern, Abgaben und Umlagen auf den Strom erhoben?

    Nach der Senkung und späteren Abschaffung der EEG-Umlage im Jahr 2022 ist die Mehrwertsteuer der größte Block unter den staatlichen Aufschlägen auf den Strompreis. Umgerechnet auf einen Jahresverbrauch von 3500 kWh werden für einen Durchschnittshaushalt hierfür 6,34 Cent pro kWh aufgeschlagen. Weitere wichtige Posten sind die Stromsteuer (2,05 ct/kWh), die Konzessionsabgabe (1,67 ct/kWh; geht an die jeweilige Kommune), die KWK-Umlage (0,28 ct/kWh; dient der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung), die Offshore-Netzumlage (0,82 ct/kWh; für den Anschluss der Windparks auf See) sowie die sogenannte §19 StromNEV-Umlage (1,56 ct/kWh; dient einer gerechteren Verteilung der Kosten für den Netzausbau unter den Netzbetreibern).

    Warum sind hohe Strompreise schlecht für den Klimaschutz?

    Für den klimaneutralen Umbau des Landes sollen viele Prozesse und Anwendungen elektrifiziert werden. Eine Senkung der Stromsteuer könnte daher auch helfen, Wärmepumpen oder E-Autos für Verbraucher attraktiver zu machen. Daran entzündete sich auch Kritik aus der Strombranche: Ohne die Entlastung werde Strom weiterhin deutlich höher besteuert als etwa Gas, bemängelte etwa ein Vertreter des Energiekonzerns Eon. Die Erdgassteuer liegt bei 0,55 Cent pro Kilowattstunde. Zudem hält die Regierung zur Entlastung der Verbraucher an der Streichung der Gasspeicherumlage fest. Sie soll künftig aus dem Klima- und Transformationsfonds beglichen werden. Mit dem Geld werden die Gasspeicherbetreiber jeden Monat entschädigt für ihre Kosten zur Erfüllung der gesetzlichen Füllstandvorgaben. Ende Mai belief sich das Defizit beim zuständigen Trading Hub Europe auf knapp über vier Milliarden Euro. Zum 1. Juli sinkt die Umlage leicht auf 0,289 ct/kWh.

    Die Stromsteuer wurde 1999 von der rot-grünen Koalition im Rahmen der ökologischen Steuerreform eingeführt. Ziel war eine Senkung des Energieverbrauchs und eine Entlastung der Wirtschaft bei den Arbeitskosten. Denn die Erlöse der neuen Stromsteuer und der gleichzeitig erhöhten Mineralölsteuer sollten in die Rentenkasse fließen und somit die Lohnnebenkosten senken.

    Wie können Verbraucher ihre Stromrechnung senken?

    Wer dank einer eigenen Solaranlage seinen Strombezug aus dem Netz minimiert hat, ist auch von der Stromsteuer nur am Rande betroffen. Für alle anderen bietet häufig der Wechsel des Stromanbieters das größte Einsparpotenzial. Die Verbraucherzentralen empfehlen für die Suche nach einem günstigeren Vertrag die Nutzung von Vergleichsportalen. Allerdings sollte man die Sucheinstellungen selbst vornehmen, da die Portale von Provisionen leben, die sie bei erfolgreichen Abschlüssen von den Stromanbietern erhalten.

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    1 Kommentar
    Harald Östreicher

    Wozu Entlastung? Die Strompreise sind offenbar wieder auf dem Niveau von 2017, jedenfalls anhand meiner privaten Tabelle. Lasst einfach jedes Jahr automatisch euren Tarif ändern, gibt dafür Dienstleister. Ab November zahle ich 25,73 ct/kWh, derzeit 28,24 ct/ kWh. Sorry, aber wer mehr als 30 ct zahlt ist einfach selbst Schuld. Die LEW Grundversorgung war in 2021 mit 42,53 ct / kWh ziemlich teuer. Dabei ist ein niedriger Strompreis eigentlich schlecht, weil sich die Solaranlage dann langsamer amortisiert.

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