Der Ausbau des Stromnetzes ist teuer, auch weil immer mehr Windkraft-, vor allem aber Solaranlagen angeschlossen werden. Um die Kosten möglichst gerecht zu verteilen, diskutiert die Bundesnetzagentur über eine Gebühr für die Einspeisung von Strom ins öffentliche Netz.
Was steckt hinter den Netzentgelten?
Die Debatte betrifft alle Verbraucher. Denn: Betrieb und Ausbau der Netze bezahlen sie über ihre Stromrechnung mit. Die sogenannten Netzentgelte machen bereits jetzt ein gutes Viertel des Strompreises aus, Tendenz steigend. Die Bundesregierung will sie allerdings senken oder zumindest deckeln. Selbst erzeugte Energie ins Netz einzuspeisen, kostet bislang nichts. Das könnte sich aber ändern.

Warum wird nun über eine Gebühr für Stromerzeuger diskutiert?
Nicht nur der Anschluss neuer Anlagen kostet Geld, sondern auch der Ausbau und die Steuerung der Netze. Wind und Sonne produzieren zwar günstig, aber sehr unregelmäßig Energie. Je größer ihr Anteil am Strommix ist, desto aufwändiger wird es, die Netze stabil zu betreiben. Die Kosten dafür liegen bislang in erster Linie bei den Abnehmern. Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller will das ändern. Die Idee dahinter: Wer mit der Stromproduktion Geld verdient, soll auch an den Kosten für die Netze beteiligt werden, die den Strom abtransportieren. Im bayerischen Wirtschaftsministerium will man erst einmal abwarten, wie eine solche Beteiligung aussehen könnte. Im Gespräch sind eine erhöhte Grundgebühr, aber auch ein von der Menge abhängiges Einspeiseentgelt. Dieses würde nur für den Strom berechnet, den der Anlagenbetreiber nicht selbst verbraucht, sondern ins Netz einspeist.
Rentieren sich Solaranlagen künftig noch?
Aus Sicht des Kemptener Energieexperten Martin Sambale hat es durchaus eine „gewisse Logik“, Stromerzeuger in die Pflicht zu nehmen. „Aber es muss natürlich weiterhin wirtschaftlich rentabel sein, Solaranlagen zu betreiben, wenn wir den Ausbau erneuerbarer Energien nicht ausbremsen wollen“, warnt er. Sambale geht davon aus, dass die Bundesnetzagentur das im Blick hat. Gerade bei Privatleuten, die darüber nachdenken, sich Solarpaneele aufs Dach zu schrauben, spiele aber auch die emotionale Komponente eine Rolle, sprich die Frage: Soll ich mich darauf noch einlassen? „Die wichtigste Aufgabe von Netzagentur und Regierung wird es sein, das gut zu kommunizieren“, sagt Sambale. Immerhin: Die Anlagen kosten heute weniger als noch vor zehn Jahren.
Was bedeutet eine Umstellung der Netzentgelte für die Branche?
Die Branche verfolgt die Diskussionen mit einer gewissen Anspannung. „Noch ist nicht absehbar, welches Modell letztlich umgesetzt wird. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich Bundesnetzagentur wie Bundesregierung der hohen Sensibilität dieser Thematik für die Rentabilität neuer Photovoltaik-Investitionen bewusst sind“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Investoren für große Anlagen, die ihren Strom direkt vermarkten müssen und aufgrund des Überangebots in Spitzenzeiten schon jetzt weniger Erträge erzielen, könnte die fehlende Planungssicherheit abschrecken. Sambale erinnert daran, dass der Staat schon einmal einen Solarboom abgewürgt hat. Hintergrund: Um den Ausbau der erneuerbaren Energien anzukurbeln, war Betreibern von Solaranlagen anfangs ein bestimmter Abnahmepreis für ihren Strom über einen gewissen Zeitraum garantiert worden. Als diese Tarife massiv gesenkt wurden, brach die Nachfrage ein, die deutsche Solarindustrie kollabierte.
Werden Stromspeicher nun noch wichtiger?
Experten sind sich einig, dass Speicher und ein intelligentes Netz die entscheidenden Hebel sind, um den Sonnenstrom möglichst effizient zu nutzen und die Netzausbaukosten zu senken. Für Privathaushalte ist es ohnehin lukrativer, die Energie vom eigenen Dach selbst zu verbrauchen, als sie ins Netz einzuspeisen. Ganz banal gesagt: E-Auto laden oder Geschirrspüler laufen lassen – am besten dann, wenn gerade die Sonne scheint. Oder eben den Strom speichern und später nutzen. „Rund 80 Prozent der neu installierten privaten Solarstromanlagen werden inzwischen mit einem Batteriespeicher kombiniert“, bestätigt der Bundesverband Solarwirtschaft. Da die Preise für solche kleineren Speicher gesunken sind, werden sie immer rentabler. Erst recht, wenn eine Einspeisegebühr noch weiter auf die Einnahmen drücken würde. Aber auch für die gewerblichen Anlagen gewinnen Speicher an Bedeutung. Sie können zudem helfen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn sogenannte „Dunkelflaute“ herrscht, also kein Wind weht und die Sonne nicht scheint.


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