Stuttgart 21: Grüne nerven die SPD
Was das Großprojekt angeht, sind der grüne Ministerpräsident Kretschmann und die SPD meist unterschiedlicher Ansicht. Jetzt leistete er sich aber einen "beispiellosen Affront".
Während der Aufsichtsrat der Bahn am Dienstag in Berlin den Weiterbau des Bahnhofsprojektes Stuttgart 21 trotz der Kostenexplosion beschloss, gärte es bereits gehörig in der grün-roten baden-württembergischen Landesregierung.
Dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die SPD meist unterschiedlicher Ansicht sein werden, was das Projekt angeht, war schon bei der Regierungsbildung klar gewesen. Jetzt provozierte der Regierungschef den Partner zu gereizten Reaktionen, weil er in einem Brief an den Gewerkschafter und Vize-Aufsichtsratschef Alexander Kirchner seine Bereitschaft zu "konstruktiven Gesprächen" über mögliche Alternativen erklärte.
Kretschmann verlässt die gemeinsame Linie
Kretschmann verlasse damit die gemeinsame Linie, keine Ausstiegsgespräche über S 21 zu führen, polterte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Das sei ein "beispielloser Affront", sagte er gleich am Dienstag. Andere in der SPD sprachen von einem "richtig groben Foul" der Grünen.
"Wir waren verärgert über das Vorgehen von Kretschmann", sagte Finanzminister und SPD-Landeschef Nils Schmid am Mittwoch im Deutschlandfunk. Das sei nicht abgestimmt gewesen. Und der stellvertretende Ministerpräsident sagte den Grünen auch, wo es langgeht. Sie täten gut daran, den Protest ein bisschen zurückzunehmen. "Denn schließlich wird jetzt gebaut und wir haben Landesinteressen zu wahren", fügte Schmid hinzu.
Wenigstens in einem Punkt scheinen sich die Regierungspartner einig zu sein: An den vom Aufsichtsrat abgesegneten Mehrkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro werde sich das Land nicht beteiligen. Es bleibe bei der im Finanzierungsvertrag vereinbarten Beteiligung Baden-Württembergs von 930 Millionen Euro für einen leistungsfähigen Bahnknoten Stuttgart.
Finanzielle Zugeständnisse nur für den Flughafen-Bahnhof
Nur in einem Punkt ist der SPD-Finanzminister - anders als die meisten Grünen - zu Zugeständnissen bereit: Er würde die Mehrkosten für den geplanten Filderbahnhof am Flughafen übernehmen, weil hier eine vom Land vorangetriebene Bürgerbeteiligung eine teurere, aber auch bessere Lösung erbracht habe.
Eigentlich glaubte Grün-Rot, mit der Volksabstimmung im Herbst 2011 den Streit um S 21 ad acta gelegt zu haben. Die Kostenexplosion hat jetzt neue Gräben aufgerissen.
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