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Interview: Maskenpflicht fällt: Wie halten Sie es mit der Maske, Herr Holetschek?

Interview

Maskenpflicht fällt: Wie halten Sie es mit der Maske, Herr Holetschek?

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    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) will nach dem Auslaufen der meisten Corona-Maßnahmen die Maske in Innenräumen noch eine Weile weiter tragen.
    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) will nach dem Auslaufen der meisten Corona-Maßnahmen die Maske in Innenräumen noch eine Weile weiter tragen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Herr Holetschek, am Wochenende laufen tatsächlich die allermeisten Corona-Maßnahmen aus. Finden Sie das jetzt eigentlich gut oder schlecht?

    Klaus Holetschek: Vom Grundsatz her finde ich gut, wenn wir ein Stück weit wieder mehr Normalität bekommen. Das wünschen wir uns ja alle nach dieser langen Zeit. Aber ich hätte mir auch gewünscht, dass das Tragen der Maske in Innenräumen als niedrigschwelliges Instrument noch für vier Wochen Pflicht bleibt.

    Warum wollten Sie die längere Maskenpflicht?

    Holetschek: Weil die Inzidenzen nach wie vor sehr hoch sind, die BA.2-Variante hoch infektiös ist, und weil wir von allen Experten hören, dass es gut wäre, die Maske noch zu haben.

    Aber alle, die möchten, können ja freiwillig die Maske weiter tragen ...

    Holetschek: Wir hoffen auch, dass sie das tun. Wir können nur noch an die Menschen appellieren. Alle anderen Möglichkeiten wurden uns von der Bundesregierung genommen.

    Werden Sie selbst weiter Masken tragen, beim Einkaufen oder im Kino?

    Holetschek: Ich habe wahrscheinlich in den nächsten Wochen wenig Zeit fürs Kino. Aber ich werde die Maske in den nächsten Wochen in Innenräumen weiter tragen, weil ich glaube, dass sie einen guten Schutz bietet. Wir haben auch die Verantwortung, vulnerable Gruppen zu schützen. Und wenn ich mir vorstelle, wie ab Montag im Supermarkt Menschen mit und ohne Maske aufeinandertreffen – da wird es auch Konflikte geben. Das hätte man vermeiden können, wenn man die Maskenpflicht bundesweit einheitlich verlängert hätte.

    Gibt es einen Unterschied zwischen dem Privatmann Klaus Holetschek und dem Politiker? Sagt der Privatmann nicht auch manchmal, jetzt reicht es langsam mit den Einschränkungen?

    Holetschek: Nein, eigentlich nicht. Mein Standpunkt ist: Freiheit ist wichtig, aber Sicherheit darf nicht untergehen.

    In den vergangenen Wochen hatte man das Gefühl, den politisch Verantwortlichen geht es mehr um parteitaktische Spielchen als um die Sache. Täuscht dieser Eindruck?

    Holetschek: Ich kann da vor allem aus Sicht der Gesundheitsministerinnen und -minister sprechen, und da war es ja so, dass wir ja alle im Prinzip die gleiche Grundhaltung hatten – quer über Parteigrenzen hinweg. Keiner hat den Eindruck, dass ein „Freedom Day“ das richtige Element ist, weil die Pandemie halt nicht von einem Tag auf den anderen vorbei ist. Die Ampel ist sich in ihrer eigenen Koalition nicht einig. Die FDP hat sich da zwar durchgesetzt, trägt jetzt aber auch die Verantwortung.

    Warum konnten sich die Gesundheitsminister der Länder dann nicht durchsetzen?

    Holetschek: Wir haben nun eben veränderte Verhältnisse in Berlin. Das neue Infektionsschutzgesetz haben wir von der Bundesregierung in der Nacht bekommen mit einer sehr kurzen Frist zur Stellungnahme. Man hat uns erklärt, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss, dass man die Länder also gar nicht braucht. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.

    Kommende Woche ist wieder eine Ministerpräsidentenkonferenz. Wird es noch einmal eine Attacke der Länder auf das Auslaufen der Maßnahmen geben?

    Holetschek: Ich glaube nicht, dass das noch mal das große Thema wird. Wir Länder haben deutlich gemacht, dass wir das Gesetz für unzureichend halten. Jetzt müssen wir schauen, was passiert.

    Sie haben sich vor einigen Wochen selbst mit Corona infiziert. Wie schlimm war es?

    Holetschek: Ja, mir ging es tatsächlich nicht gut. Ich hatte hohes Fieber über mehrere Tage und habe mich auch danach längere Zeit schlapp und müde gefühlt. Es hat schon eine Zeit gebraucht, bis ich wieder voll leistungsfähig war. Vor allem aber habe ich mich gefragt: Wie ginge es mir, wenn ich nicht geimpft und geboostert wäre? Und droht mir Long- oder Post-Covid?

    Aus dieser Infektionserfahrung heraus: Werden Sie künftig Gewohnheiten ändern? Werden Sie zum Beispiel aufs Händeschütteln verzichten?

    Holetschek: Ich werde weiter Desinfektionsmittel verwenden, das ja inzwischen an jeder Ecke verfügbar ist. Aber ich möchte schon gerne zum Handschlag zurückkehren. Ich muss gestehen, dass ich bereits jetzt eine Hand zum Gruß ergreife, wenn jemand sie mir entgegenstreckt. Distanz ist in der Pandemie schon wichtig, aber ich glaube, wir brauchen in der Gesellschaft nicht nur ein virtuelles Zusammenrücken, sondern wir müssen uns wieder in die Augen schauen und die Hand geben.

    Es scheint nun so zu sein, dass die Impfpflicht ab 18 vom Tisch ist. Das liegt auch in der Verantwortung der Unionsfraktion im Bundestag, die sich dagegen sperrt. Sie waren aber zuletzt doch ein Befürworter der Impfpflicht. Sind Sie das immer noch?

    Holetschek: Bei mir war die Entwicklung so: Am Anfang war ich ein Gegner der Impfpflicht, ich wollte lieber auf Beratung und Überzeugung setzen. Dann musste ich aber erkennen, dass wir so nicht weiterkommen. Das zeigt sich ja an den aktuell sehr niedrigen Impfzahlen. Und daher kam irgendwann der Punkt, an dem ich gesagt habe: Wir brauchen eine Impfpflicht.

    Und welche Form der Impfpflicht bevorzugen Sie?

    Holetschek: Ich habe mich nie auf eine Alterskohorte festgelegt. Ich habe aber immer gesagt: Die Impfpflicht muss befristet auf zwei Jahre sein. Danach müssen wir bewerten, ob sie was gebracht hat und wir sie noch brauchen. Ich würde begrüßen, wenn man sich jetzt auf irgendeine Art der Impfpflicht einigen könnte. Wann und wie das dann scharfgeschaltet wird, sollen auch Experten bewerten. Mir ist wichtig, dass es im Herbst nicht wieder losgeht. Ich habe daher auch für kommende Woche eine größere Expertenrunde einberufen, um zu diskutieren, wie wir uns auf die Situation im Herbst vorbereiten können.

    Wie ist denn die aktuelle Entwicklung in Bayern bei den Inzidenzen und in den Krankenhäusern. Haben wir den „Peak“ der Corona-Welle schon erreicht?

    Holetschek: Wir liegen seit längerem nun wieder knapp unter 2000 bei der Inzidenz. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sagt wie das Robert Koch-Institut, es könnte sein, dass die Welle schon den Höhepunkt erreicht hat. Genaue Prognosen kann da keiner abgeben. In den Kliniken ist die Lage angespannt, vor allem durch hohe Ausfallquoten beim Personal.

    Trauen Sie sich eine Prognose für den Sommer zu? Oder andersherum gefragt: Haben Sie schon einen Urlaub geplant?

    Holetschek: Ich habe noch keinen Urlaub für den Sommer geplant, aber ich glaube, dass man das getrost machen kann. Die Pandemie und der Ukraine-Krieg belasten die Menschen ungeheuer. Wir brauchen unbedingt Perspektiven.

    Klaus Holetschek, 57, ist seit Januar 2021 bayerischer Gesundheitsminister. Der Jurist und CSU-Politiker ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 2013 gehört er dem Bayerischen Landtag als Abgeordneter für den Stimmkreis Memmingen an.

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