Amelie Marie Weber bezeichnet sich als Geschichtenerzählerin, Frühaufsteherin, Partylöwin, Großstadtmädchen, Pfälzerin. Unter anderem. Und damit ist sie so vielfältig wie die Generation, der sie Jugendforschern zufolge angehört: der Generation Z. Weber, 1995 geboren, hat ein Buch geschrieben über junge Menschen, die „im Dauerkrisenmodus erwachsen“ werden, die sich zwischen Schulabschluss und Familiengründung befinden. „Generation Hoffnung“ hat sie es genannt. Deshalb ist Weber, die für die ARD-„Tagesschau“ arbeitet, am Dienstag auch in Augsburg, beim Newscamp24. Zuvor hatten die Gastgeber Daniel Kempf (pd digital) und Andreas Weis (Newsfactory; beides Unternehmen der Mediengruppe Pressedruck, in der auch die Augsburger Allgemeine erscheint) die zweitägige Digitalkonferenz für Verlage und Medienunternehmen eröffnet. In deren Fokus: die Zukunft der Branche.
Mediahuis-CEO Ysebaert: „Wir glauben bedingungslos an unabhängigen Journalismus“
Die muss sich vielen Herausforderungen stellen. Eine der größten ist es, junge Menschen vom Wert des Qualitätsjournalismus zu überzeugen. Oder, wie es Gert Ysebaert, CEO der belgischen Mediahuis Group, sagt: Es gehe darum, sich wieder mit jüngeren Generationen zu verbinden. Denn: „Wir scheinen den Kontakt zu den jüngeren Generationen verloren zu haben.“ Ysebaerts Antwort darauf ist vielfältig, doch stets kommt er auf eines zurück: Qualitätsjournalismus und die hohe Glaubwürdigkeit von Medienmarken. Das ist der Kern seiner Strategie. „Wir glauben bedingungslos an unabhängigen Journalismus und starke relevante Medien, die einen positiven Beitrag für die Menschen und die Gesellschaft leisten“, sagt er.
Für Mediahuis hat sich das laut Ysebaert wirtschaftlich bereits ausgezahlt: Von einem belgischen Lokalverlag mit 1000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 300 Millionen Euro sei man in den vergangenen zehn Jahren zu einem europäischen Medienunternehmen geworden, vertreten in nun sechs Ländern, mit 4500 Mitarbeitenden und „mehr als 1,2 Milliarden Euro Umsatz“. Zu Mediahuis gehören Zeitungen wie De Standaard (Brüssel) und De Telegraaf (Amsterdam) – und inzwischen auch die Aachener Zeitung.
Dabei soll es nicht bleiben. „Wir wollen wachsen“, sagt Ysebaert, und schaue sich dazu auf dem europäischen Markt um. „Wenn es eine Möglichkeit gibt, sind wir bereit.“ Qualitätsjournalismus ist aus seiner Sicht ein Motor dieses Wachstums, wenn er – im Regionalen oder Lokalen – nahe an den Menschen ist, für die er berichtet. Der Journalismus, für den sich Ysebaert stark macht, müsse sich von im Internet, teils durch KI generierte Inhalte durch eine „unverwechselbare Stimme“ abheben, müsse Leserinnen und Lesern auch Alltagsfragen konkret beantworten. Das Ziel: Sie müssten den Eindruck gewinnen, ihre Zeit gut bei Mediahuis-Marken zu investieren. Das gelte gleichermaßen für junge Menschen, für die man eigene, zielgerichtete Angebote entwickle.
Folgt man „Tagesschau“-Journalistin Weber sind diese in Deutschland nicht nur höchst unterschiedlich („Die einen kleben sich fürs Klima auf die Straße, die anderen wählen die AfD“), sondern auch nachrichtenmüde. Eine Generation also, die empfänglich ist für Fake News? Die nicht mehr erreichbar ist für seriös recherchierte Informationen?
Weber sieht das bei Weitem nicht so pessimistisch und verweist auf TikTok-Clips der „Tagesschau“. In denen greife die Redaktion etwa virale Trends auf und gehe ihnen auf den Grund. Stimmt es, dass in Island die Salatgurken knapp wurden, weil die Gurkensalat-Rezepte eines Influencers so populär sind? Solche Videos erreichten Millionen junge Nutzerinnen und Nutzer, sagt Weber. Und die wollten sich informieren, auch über schwere Themen – sie suchten jedoch nach Perspektiven, nach Lösungsansätzen, nach Hoffnung-machendem. In Webers Worten: Sie wollten sich nicht „lost“, nicht verloren fühlen bei der Nachrichtennutzung.
Wann kommt die nächste technologische Innovation, die das Smartphone ablöst?
Warum, das nebenbei, der beitragsfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk auf TikTok sein müsse, beantwortete kürzlich BR-Intendantin Katja Wildermuth im Interview mit unserer Redaktion: Man sei dort mit „verlässlichen Nachrichtenmarken und Qualitätsinhalten vertreten – gerade weil junge Leute ihre politische Bildung auch aus Social Media beziehen“. Sie verwies auf das „Umfeld, in dem per Algorithmus vor allem Zuspitzung und Emotionalisierung befördert werden“.
Und die technologische Zukunft der Medien? Stefan Ottlitz, Geschäftsführer der Spiegel-Gruppe, wagt da keine Prognose. Wer weiß schon, wann zum Beispiel endlich der große, mehrfach erwartete Durchbruch von Virtual beziehungsweise Augmented Reality kommt? Meta-Chef Mark Zuckerberg stellte erst vor wenigen Tagen mit einem „Orion“-Prototypen eine sehr smarte Brille vor, auf deren Gläsern sich digitale Inhalte einblenden lassen. Wird diese Technologie die nächste, weltbewegende Innovation werden – nach dem doch in die Jahre gekommenen Smartphone? Zumindest das sagt Ottlitz: Journalismus werde künftig stark visuell und stark im Bereich Audio wachsen.
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