Bayern ist ein Land für Badefreunde. Mehr als 200 natürliche Seen mit einer Wasseroberfläche von über drei Hektar gibt es im Freistaat. Hinzu kommen etliche Flüsse, kleinere Weiher und natürlich auch Freibäder – mehr als genug Möglichkeiten also, der Hitze zu entfliehen und die heiße Jahreszeit am Wasser zu genießen. Seit Mitte Juni steigen die Temperaturen, die Thermometer kratzen vielerorts an der 30-Grad-Marke. Doch die dadurch angeheizte Badelaune hat auch eine Kehrseite: Je mehr Menschen es ins Wasser zieht, desto mehr Unfälle passieren beim Schwimmen, nicht wenige enden sogar tödlich. Seit Beginn der Saison häufen sich die Fälle.
Etwa Mitte Juni ging es los: Ein 18-Jähriger, der im Karlsfelder See bei Dachau zu weit hinausschwimmt, stirbt. Im Starnberger See ertrinkt zwei Tage später ein 32-jähriger Familienvater, ein 23-jähriger Schwimmer wird fast zeitgleich vermisst gemeldet – bis jetzt fehlt jede Spur von ihm. Im Lech bei Kissing (Landkreis Aichach-Friedberg) gerät am selben Tag ein Mann beim Baden in Not, er stirbt wenig später im Krankenhaus. Einen weiteren Toten gibt es am Chiemsee, vermeldet die bayerische Wasserwacht. Deren Landesvorsitzender, Thomas Huber, beschreibt die Häufung der Fälle schon da als „besorgniserregend“.
Bayern sticht in der Statistik hervor
Die Woche drauf geht es weiter: Am Mittwoch ertrinkt ein 20-Jähriger im Emmeringer See (Landkreis Fürstenfeldbruck), am Donnerstag ein 15-Jähriger in einem Freibad im oberbayerischen Inzell (Landkreis Traunstein). In Niederbayern geht ebenfalls an Fronleichnam ein 27-Jähriger im Mauerner See in Neustadt an der Donau unter. Sein Leichnam wird am Tag darauf geborgen. Vergangenes Wochenende kommen dann noch drei weitere Todesfälle in Schwaben und Oberbayern hinzu: Am vergangenen Samstag gerät ein 23-Jähriger in Gundelfingen (Landkreis Dillingen) nach dem Sprung vom Sprungturm in Not und stirbt später im Krankenhaus. Eine 84-Jährige kommt bei einem Badeausflug in einem See in Rückholz (Landkreis Ostallgäu) ums Leben. Seit Sonntag wird überdies ein 74-Jähriger vermisst, der im Staffelsee unterging.
„Die letzten Wochenenden waren wirklich sehr außergewöhnlich“, sagt Ute Vogt, Präsidentin der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Allerdings in ganz Deutschland, nicht nur in Bayern.“ Der Freistaat steche bei den Zahlen immer besonders hervor, weil er „über eine wunderbare Seenlandschaft verfügt“, so Vogt. Die Statistik der Badetoten führe Bayern deswegen, und weil der Freistaat so viele Einwohner hat, traditionell an. Bundesweit ertranken im vergangenen Jahr 411 Menschen - 70 davon in Bayern.
Badeunfälle: Vor allem Männer betroffen
Der Grund für die aktuelle Häufung liegt für die DLRG-Präsidentin auf der Hand: „Es gibt einen direkten Zusammenhang mit dem Wetter.“ Je heißer der Sommer ist, desto höher sei am Ende auch die Zahl der ertrunkenen Menschen. Auffällig bei den Unfällen: Häufig trifft es junge oder alte Männer. Die meisten Frauen, so Vogt, gingen wesentlich vorsichtiger und respektvoller mit offenen Gewässern um und neigten weniger zur Selbstüberschätzung.

Bei älteren Herren sei es vorrangig der schnelle Temperaturwechsel, der plötzliche Sprung ins Wasser, der gefährlich sei. Die Folgen seien oft Herz- oder Kreislaufprobleme, in schlimmeren Fällen Bewusstseinsverlust. Junge Männer hingegen neigten am ehesten dazu, die eigene Schwimmfähigkeit falsch einzuschätzen, trauten sich zu lange Strecken über offenes Gewässer zu. „Vom Ufer aus sieht es oft ganz einfach aus. Der Schein trügt jedoch“, erklärt die DLRG-Präsidentin. Selten sei dabei auch Alkohol im Spiel.
Zu viele Nichtschwimmer: Bundesregierung will Schwimmbäder fördern
Der Leichtsinn vieler Badenden bereitet Ute Vogt große Sorgen. Ein Problem könnte überdies dazu führen, dass es künftig sogar zu noch mehr tödlichen Badeunfällen kommen könnte. „Wir haben sehr viele Nichtschwimmer“, sagt Vogt. Wie zwei Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa aus den Jahren 2017 und 2022 belegen, die die DLRG in Auftrag gab, hat sich die Anzahl an Kindern, die nicht schwimmen können, in diesem Zeitraum verdoppelt. Zwar schreibt der bayerische Lehrplan vor, dass Schwimmen ein fester Bestandteil des Sportunterrichts in allen Schularten ist. Trotzdem verlässt inzwischen die Mehrheit der Kinder die Grundschule, ohne schwimmen zu können. „Wir gehen von 60 Prozent aus“, sagt die DLRG-Präsidentin. „In meiner Jugend gehörte Schwimmen noch zur Grundbildung: Lesen, Schreiben, Rechnen, Schwimmen – das sollte jeder können.“
Dass allerdings nicht mehr genügend Schwimmbäder für alle Grundschulen zur Verfügung stehen und nicht genug Lehrkräfte über die entsprechende Ausbildung verfügen, ist schon länger bekannt. Auch die Bundesregierung möchte sich diesem Problem widmen und verspricht in ihrem Koalitionsvertrag eine Milliarde Euro für die Modernisierung von Sportstätten, „vor allem Schwimmbäder – einschließlich mobiler Schwimmcontainer“, heißt es in dem Papier. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sei allerdings noch nicht bekannt. „Unsere große Hoffnung ist jetzt die Bundesregierung“, sagt dazu die DLRG-Präsidentin. „Jede Grundschule braucht Zugang zu einem Bad.“
Tipps fürs sichere Schwimmen
- Wer friert, sollte das Wasser verlassen
- Bei Gewitter sofort das Wasser verlassen
- Nicht mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser gehen
- Nichtschwimmer sollten nur bis zum Bauch ins Wasser gehen
- Längere Strecken nur gemeinsam schwimmen
- Nicht zu weit aufs offene Wasser hinaus schwimmen
- Luftmatratzen und Gummi-Tiere sind keine sicheren Schwimmhilfen
- Nicht in unbekannte und flache Gewässer springen
- Die eigene Kraft nicht überschätzen
- Anderen nur dann helfen, wenn man auch selbst dazu in der Lage ist
- Kein Alkohol beim Schwimmen
- Nicht in die Fahrrinne von Boten schwimmen
Was ich zu diesem Thema aber auch vermisse, warum binden sich Eltern nicht mehr dazu ein. Es sollte doch mehr als eine Selbstverständlichkeit sein, seinem Kind, seinen Kindern Schwimmen beizubringen. Zumal es hierzu keines großartigen Aufwandes bedarf. Wo also ist die Verantwortung, das Agieren der Eltern?
Ja, ich stimme zu, es ist eigentlich die Aufgabe der Eltern, den Kindern schwimmen beizubringen oder zumindest dafür zu sorgen, dass es andere tun (Schwimmkurs). Aber es ist schon ein ziemlich großer Aufwand, vor allem zeitlich, Kindern das Schwimmen beizubringen. Wenn man dazu noch arbeitet, sich um den Haushalt kümmert und auch noch andere Veranstaltungen jonglieren muss.
Was ich bei den Tipps vermisse: Langsam abkuehlen bevor man ganz im Wasser ist. Das wurde uns als Kind zuallererst gelehrt.
Von unserer Vorkriegsgeneration gab es nur einige, die nicht schwimmen konnten. Es gab weder Schwimmkurse noch Wasserwacht oder DLRG in Mering und Umgebung. Trotzdem brachten sich die meisten das Schwimmen selber bei. Gebadet wurde in der Paar, im Finsterbach, im Lech und in der Friedenau. Diese Gewässer erreichten wir alle zu Fuß und es gab keine Aufsicht. Drum kann ich nicht verstehen, daß es heute so viele Nichtschwimmer gibt, obwohl es unzählige Möglichkeiten gibt, das zu ändern.
Wer nicht schwimmen kann und schwimmen geht, dem ist nicht mehr zu helfen. Ist ähnlich, wie wenn man vom Hochhaus springt mit der Einbildung fliegen zu können.
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