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Tierseuche: Gibt es einen Schutz vor Maul- und Klauenseuche?

Tierseuche

Gibt es einen Schutz vor Maul- und Klauenseuche?

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    Welche Auswirkungen hat der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf Bayerns Landwirtschaft?
    Welche Auswirkungen hat der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf Bayerns Landwirtschaft? Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Archivbild)

    Iris Fuchs erinnert sich noch genau. Als sie Tiermedizin studierte, wurde noch gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS) geimpft, berichtet Fuchs, die heute Präsidentin der Bayerischen Landestierärztekammer ist. 1988 war in Deutschland der letzte Ausbruch von Maul- und Klauenseuche festgestellt worden, bis 1991 gab es hierzulande staatliche Programme, mit denen die hochansteckende Krankheit zurückgedrängt werden sollte. Rinder wurden danach jährlich gegen MKS geimpft, schreibt das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Seit Bestehen der Europäischen Union ist die MKS-Impfung verboten.

    Nun, wo bei einer Wasserbüffelherde im brandenburgischen Hönow die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist, ist die Impfung wieder ein Thema – genauer gesagt, die Notimpfung. Für Rinder, Schweine, Schafe und andere Paarhufer ist die MKS hoch ansteckend und sehr bedrohlich. Eine Behandlungsmöglichkeit für erkrankte Tiere gibt es nicht, sämtliche Tiere eines betroffenen Hofs müssen getötet werden. Für Menschen ist die MKS dagegen ungefährlich.

    In Deutschland rüstet man sich mit der Herstellung eines Impfstoffs für den Fall einer weiteren Ausbreitung der Tierseuche. Am Montag hat Brandenburg nach Absprache mit den Bundesländern die Impfbank gegen die Maul- und Klauenseuche aktiviert. Das ist die Voraussetzung dafür, dass innerhalb einer Woche das geeignete Vakzin des Serotypen 0, der auch bei der Büffelherde in Brandenburg festgestellt wurde, hergestellt werden kann.

    Maul- und Klauenseuche: „Man kann heute gar nicht gegen alle Varianten impfen“

    Eine flächendeckende, vorbeugende Impfung von Rindern, Schweinen oder anderen Tieren wäre heutzutage nicht mehr angezeigt, sagt Dr. Robert Fux, Veterinärmediziner und Virologe an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Schließlich gab es Ende der 1980er Jahre drei Impfstoffe gegen die in Europa heimischen MKS-Viren, heute gibt es sieben Serotypen des MKS-Virus mit zahlreichen Untertypen. Ein vorsorglicher Impfstoff, der alle Risiken abdecken würde, wäre mit aktuellen Verfahren nicht erreichbar, betont man beim FLI. „Man kann heute gar nicht gegen alle Varianten impfen“, sagt Virologe Fux. Schließlich würde das bedeuten, jedes Rind jedes Jahr mit zig verschiedenen Impfstoffen zu behandeln. Das wäre nicht nur teuer und unverhältnismäßig, sondern auch den Tieren nicht zuzumuten.

    In der EU wurde in den letzten Jahrzehnten stattdessen die Strategie verfolgt, eine Einschleppung der Maul- und Klauenseuche durch strenge Handelsrestriktionen und strikte Einfuhrkontrollen zu verhindern, etwa durch Kontrollen an den Flughäfen. Denn in der Türkei, im Nahen Osten und in Afrika, in vielen Ländern Asiens und in Teilen Südamerikas gibt es nach wie vor regelmäßig MKS-Fälle. „Illegal eingeführte tierische Produkte aus diesen Ländern stellen eine ständige Bedrohung für die europäische Landwirtschaft dar“, schreibt das FLI. Virologe Fux ist überzeugt von diesem Konzept. „Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie gut Tierseuchenbekämpfung funktionieren kann. Wir haben es jahrzehntelang geschafft, das Virus draußen zu halten.“

    Ob der derzeit in Brandenburg produzierte Impfstoff tatsächlich zum Einsatz kommt, ist noch nicht entschieden. Man werde nur impfen, wenn das Geschehen sich ausweitet, betont FLI-Vizepräsident Martin Beer. „Die Idee dahinter ist, den Tierseuchenausbruch in seiner Geschwindigkeit zu verlangsamen, nicht das einzelne Tier zu schützen“, sagt Fux. Denn der Impfstoff könne eine Infektion mit MKS nicht verhindern. Vielmehr seien infizierte Tiere dann weniger infektiös, weil sie weniger Viren ausscheiden.

    Hinzu kommt: Selbst im Fall einer Ringimpfung um den Ausbruchsherd bleiben die Handelsbeschränkungen bestehen. Das heißt: Das Fleisch geimpfter Tiere dürfte nur noch regional vertrieben werden. „Das wird dadurch mehr oder weniger wertlos“, sagt Fux. Der Virologe ist optimistisch, dass es bei dem einen MKS-Ausbruch in Brandenburg bleiben könnte. Schließlich müssten sich die Wasserbüffel nach derzeitigem Stand bereits im vergangenen Jahr infiziert haben, ein Sekundärausbruch ist bislang nicht aufgetreten – unter Umständen auch, weil es rund um den abgeschiedenen Hof östlich von Berlin keine großen Tierbestände gibt. „Vielleicht hat man einfach Glück gehabt“, sagt Fux.

    Bundesagrarminister Cem Özdemir vergleicht die Impfreserve unterdessen mit einem Feuerlöscher. „Es ist beruhigend, ihn griffbereit zu haben, auch wenn man hofft, ihn nie zu brauchen.“ Der Grünen-Politiker sieht damit die Reaktionsfähigkeit im Kampf gegen die Seuche gestärkt, sagt aber: „Impfungen sollten der allerletzte Schritt sein.“

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