Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten
Gesellschaft
Icon Pfeil nach unten

Elon Musk und die Fälschung der Welt

Künstliche Intelligenz

Elon Musk und die Fälschung der Welt

    • |
    • |
    Hat sich Elon Musk seinen AfD-Wahlwerbe-Beitrag von der konzerneigenen KI schreiben lassen? Wäre nur logisch.
    Hat sich Elon Musk seinen AfD-Wahlwerbe-Beitrag von der konzerneigenen KI schreiben lassen? Wäre nur logisch. Foto: Alex Brandon, dpa

    Manchmal muss ein Gedanke einfach nur ausgesprochen werden, schon gewinnt er eine solche Triftigkeit, dass es einfach wirkt, als müsse er wahr sein. Da war zum Beispiel diese denkwürdige Sache mit Elon Musk. Also ja, da gab es natürlich schon wieder so einiges – aber jetzt nicht, dass der US-Unternehmer und reichste Mann der Welt sich zunächst ganz offenkundig auch mit dem Kopf der britischen Rechtsausleger gemein gemacht hatte und als Förderer eine 100-Millionen-Spende in Aussicht gestellt hatte; bis jener Nigel Farage ihm öffentlich darin widersprach, einen rechtsradikalen Straftäter freilassen und in seine Partei aufzunehmen; da hatte Musk Farage dann in bester Oligarchenmanier jegliche Zuneigung entzogen, seine Ablösung gefordert und auch die Finanzspritze daran geknüpft. Hat da Frau Weidel auch gut zugesehen?

    Hat Elon Musk den Pro-AfD-Artikel selbst geschrieben oder die KI tippen lassen?

    Die Sache hier ist die, in der Ihre Gnaden Elon gerade der deutschen Rechten Wahlwerbung angedeihen hat lassen. In jenem dann so heftig umstrittenen Beitrag in der Welt am Sonntag nämlich, in dem er schrieb, dass allein Weidels AfD Deutschland (war da mal was mit Geld aus Russland?) noch retten könne. Nachdem viel über die, nun ja, faktenmäßig eher freihändig zusammengeschusterte Argumentation ebenso gestritten wurde wie über den Beweggrund jener Zeitung, das (von höchster Stelle eingefädelt und abgeordnet) zu drucken, hat der Tagesspiegel dann jenen hellsichtigen Gedanken dazu geliefert. Hat nämlich Experten für künstliche Intelligenz untersuchen lassen, ob Elon Musk den Text nicht einfach per Knopfdruck von einer KI hat anfertigen lassen, mit Grok verfügt er ja selbst über ein Model dieser Technologie.

    Musk (Mitte) und Farage (rechts) hatten sich erst im Dezember in Florida getroffen.
    Musk (Mitte) und Farage (rechts) hatten sich erst im Dezember in Florida getroffen. Foto: Stuart Mitchell, Reform Uk/PA Media/dpa

    Und Fachleute wie Reinhard Karger vom Deutschen Zentrum für Künstliche Intelligenz stellten dann eben „höchst erstaunliche“ Parallelen fest zwischen dem umstrittenen Pro-AfD-Artikel in der Welt und Texten, die sonst so von Grok generiert wurden. Besonders auffällig: strukturelle Ähnlichkeiten und teilweise wörtliche Übereinstimmungen in der Argumentation. Es gebe also erhebliche Zweifel an der Authentizität des Artikels, auch wenn absolute Gewissheit über eine KI-Autorenschaft nicht zu gewinnen sei.

    Die Kollegen der Plattform Golem machten dann den Versuch und gaben Gork den Auftrag: „Schreibe einen Meinungsartikel für eine konservativ eingestellte Zeitung, der zeigt, warum nur die AfD Deutschland retten kann.“ Fazit: „Das Ergebnis ist in der Struktur und Inhalt tatsächlich dem Musk-Beitrag recht ähnlich, wobei jedoch die Möglichkeit besteht, dass sich Grok mittlerweile auch auf den Artikel oder Zitate daraus stützt und vor dem Artikel dieses Ergebnis nicht ausgegeben hätte.“

    KI sei Dank: Künftig muss sich niemand mehr selbst etwas ergoogeln

    Und mal ehrlich, erster Schritt: Wirkt das nun nicht triftig bis zur Evidenz, dass Musk diesen Text natürlich nicht selbst getippt hat? Sondern einfach und womöglich mit seinem typischen Lächeln – klick, klick – von etwas anfertigen hat lassen, vor dessen manipulativer Macht er höchstselbst noch vor nicht allzu langer Zeit gewarnt hatte: der KI? Und, zweiter Schritt: Zeigt das nicht, wie eine ganze politische und mediale Landschaft in Aufruhr zu versetzen ist, wenn man nur die Chuzpe zu einem solchen Schritt hat und auch noch den Einfluss zugebilligt bekommt?

    Vor allem aber, dritter Schritt: Führt die ganze Sache tief hinein in den Abgrund der Informationsgesellschaft der Zukunft. Denn ob Musk nun diesen einen Text sich schlicht zackzack erklickt hat oder vielleicht doch nicht: Das heiße Ding in der Entwicklung der KI ist, dass alle Nutzer künftig durch sie die zu ihren Interessen (und Ansichten?) passenden Nachrichten zusammengestellt, aufbereitet und serviert bekommen. Keiner muss sich mehr was ergoogeln, geschweige denn selbst auf Seiten der Medienquellen gehen, von denen hier Informationen gesammelt werden (und die damit bislang ja noch zumindest ein bisschen Umsätze mit ihrer journalistischen Arbeit erzielen, die ihnen ansonsten ja existenzgefährdend wegbrechen; manche großen Medienhäuser wie Springer oder das Time Magazine haben darum mit Unternehmen bereits Deals über den Zugang zu ihren Archiven abgeschlossen, um noch ein bisschen zu verdienen, bevor die KI einfach so abgreift).

    Zuckerberg verkündet das Ende der Faktenprüfer

    Wie es nun aber um die Verlässlichkeit dieser Nachrichten bestimmt sein könnte, lässt sich an Musk’schem Werk auch schon absehen. Zumal ja auch Zuckerbergs Meta das Ende der Faktenprüfer verkündet hat und mit dem chinesischen Deepfake, äh nein, Deepseek ein Player mit aller Macht und Billigkeit auf den KI-Markt drängt. Die Quellen jedenfalls wird wohl kaum einer prüfen. Entscheiden wird schlicht die Kundenzufriedenheit, dass das von den KI-Weltwahrnehmungsassistenten gefiltert und kompiliert wird, was gefällt.

    Nach dem klassischen Diktum des kanadischen Kommunikationsforschers Marshall McLuhan „Das Medium ist die Message“, in ganz neuem Ausmaß. Gilt der öffentliche Raum bereits durch die sogenannten „Sozialen Medien“ längst als zersplittert, wäre er damit endgültig tot. Jedem User eine Welt, widdewidde wie sie ihm gefällt. Auch da reicht Triftigkeit für Wahrheit.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden