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Weihnachten mit der Familie: Tipps für harmonische Festtage

Adventskalender

Kann man an Heiligabend die Verwandtschaft auch mal ausladen?

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    Fliegen Weihnachten in der Familie die Wort-Fetzen, hilft manchmal der abrupte Themenwechsel.
    Fliegen Weihnachten in der Familie die Wort-Fetzen, hilft manchmal der abrupte Themenwechsel. Foto: Christin Klose/dpa-tmn (Symbolbild)

    Weihnachten – das Fest der Liebe, das die ganze Familie voller Harmonie miteinander feiert, während die Lichtlein auf dem Tannenbaum blitzen und die Kinderaugen leuchten. So weit, so gut, das war der Werbeblock … denn nicht selten ist es so: Die Mutter besteht auf den Festbraten an Heiligabend – die Tradition! –, obwohl sich die halbe Familie längst vegetarisch ernährt. Der Schwiegervater wird – wie immer! – auch an Weihnachten an der Eingangstür seine Schuhe nicht ausziehen, obwohl der Kleinste im Strampelanzug durch die Wohnung robbt. Und Onkel Ernst wird sich auch dieses Jahr darüber auslassen, dass die Kinder wie im Rausch die Geschenke aufgerissen haben. So hatte man sich das nicht vorgestellt. Darf man an Weihnachten die Familie auch mal ausladen? Und wie stellt man es am besten an?

    Besuch bei Heike Kotzschmar-Krumm, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Coaching, die Tee gekocht hat. Denn über Weihnachten und Familie könnte man stundenlang reden. Und sie sagt: Ja, man kann natürlich die Familie ausladen, sollte dabei aber einiges beachten. Weil an Weihnachten hohe Erwartungen geknüpft sind. Und deswegen Konflikte aufbrechen können, wie bei keinem anderen Fest. Um kein Porzellan zu zerschlagen, rät Heike Kotzschmar-Krumm als wichtigsten Schritt zu einer Bestandsaufnahme der Gefühle und Bedürfnisse. Oft sei man in Traditionen verhaftet und hinterfrage diese gar nicht mehr. Bevor man also Eltern oder Schwiegereltern auslädt, steht das In-sich-Gehen mit folgenden Fragen: Was ist mir an Weihnachten wichtig und warum? Was hat mir letztes Jahr gutgetan? Was macht mir ein warmes Gefühl? Und was nicht? „Es lohnt sich, kleingliedrig in sich hineinzuspüren“, sagt Heike Kotzschmar-Krumm, um die einzelnen Konflikt- und Triggerpunkte oder Verletzungen herauszufiltern, die man vielleicht auch ansprechen möchte. Wenn man dann zu dem Schluss gekommen sei, nur mit seiner Kernfamilie feiern zu wollen, sollte man dies den Eltern oder den Schwiegereltern so früh wie möglich mitteilen. „Es ist gar nicht verkehrt, dies sogar relativ kurz nach dem Fest das erste Mal anzusprechen“, so Kotzschmar-Krumm. „Denn dann ist der erfolgte Streit noch frisch und wird nicht von dem Mantel der Verdrängung und Vergessenheit überdeckt.“

    Achtsamkeit vor Weihnachten und in sich gehen ist oberstes Gebot

    Aber wie stellt man das an, ohne jemanden zu verletzen? „Mit freundlichen und mitfühlenden Worten“, betont die Expertin. Wichtig sei es, dem anderen im Gespräch Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen. „Die Feste mit euch waren immer toll, aber in diesem Jahr wollen wir es ganz locker angehen und schon alle um acht im Schlafanzug auf der Couch herumlümmeln“, nennt Kotzschmar-Krumm ein Beispiel. Und dann könnten gemeinsam Lösungen gefunden werden, die Eltern etwa einen oder zwei Tage später eingeladen werden. Auch ein Familienwochenende im Frühjahr könnte eine Idee sein, damit sich nicht alles auf die Feiertage konzentriere. „Vielleicht ist den Großeltern das Weihnachten in der großen Runde mit Geschenke-Rummel längst viel zu stressig und sie haben es nur nie angesprochen?“ Die Achtsamkeits-Trainerin rät dazu, einfach mal nachzufragen. „Wir interpretieren so viel in den anderen, weil wir denken, wir kennen dessen Bedürfnisse“. Diese könnten sich aber schon lange geändert haben. 

    Solche Gespräche erforderten ganz schön Mut und seien auch nicht leicht zu führen. Deshalb schlägt Heike Kotzschmar-Krumm vor, sich im Vorfeld eine Strategie zu überlegen und „ehrlich ohne verletzend zu sein“ zu kommunizieren. Dann könne vielleicht Neues entstehen, das für alle Familienmitglieder besser passt. Dazu gehöre aber auch Offenheit und die Bereitschaft, Vorschläge der anderen Seite anzunehmen. So könnten viele konfliktbehaftete Weihnachtsthemen - die Gans, die Größe der Geschenke, der gemeinsame Gang zur Kirche – gelöst werden. Die Psychotherapeutin (HP) sieht das so: „Ein offenes, respektvolles Gespräch ist eine Chance, nicht steif an dem festzuhalten, was einem schon lange nicht mehr guttut.“ Weil es aber in einer Familie so viele Ansichten wie Mitglieder gibt, könnten auch demokratische Abstimmungen helfen, um zu einem einvernehmlichen Schluss zu kommen. Oft seien es ja auch nur Kleinigkeiten am Weihnachtsabend, die geändert werden müssten, dass sich jemand besser fühle. Vielleicht ist es nur die Sitzordnung. Oder die Art des Schenkens. Oder ein bisschen mehr Rücksichtnahme. Sinnvoll wäre es, die Veränderungswünsche im Vorfeld zu kommunizieren, dem Schwiegervater also schon rechtzeitig mitzuteilen, wie toll es wäre, wenn er in diesem Jahr seine Hausschuhe mitbringen würde. Oder dass es dieses Mal ein Weihnachtsfest ohne Perfektionswahn sein soll. 

    Expertentipp: Gefühle und Bedürfnisse auch an Weihnachten aussprechen

    Das Gespräch lief trotzdem schief, und nun? Wenn sich der Konflikt nicht lösen lässt, müsse man sich überlegen, „wie viele Kompromisse man eingehen kann, ohne sich dabei zu verraten“. Man kann sich auch für die Verletzungen entschuldigen und trotzdem den anderen noch einmal bitten, über die Vorschläge oder Wünsche nachzudenken. 

    In jedem Fall rät Heike Kotzschmar-Krumm dazu, Gefühle auszusprechen und Bedürfnisse anzusprechen. Nur so entstehe echte Nähe und echtes Verständnis zu- und füreinander. Ihr gebe es jedenfalls zu denken, wie groß der Gesprächsbedarf ihrer Klienten regelmäßig nach dem Weihnachtsfest sei. (AZ)

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