„Allerhand“ mögen sich Zuschauerinnen und Zuschauer manchmal denken, wenn sie eine der Inszenierungen des Staatstheaters Augsburg sehen und nicht ganz mit der Darbietung auf der Bühne einverstanden sind. In der laufenden Spielzeit war dies aber wohl eher selten der Fall, denn die Saison 2024/25, das zeichnet sich bereits jetzt ab, wird wohl, so das Wetter für das Freilichtbühnen-Musical „Evita“ mitspielt, eine Rekordspielzeit werden. Die Messlatte für die kommende Spielzeit 2025/26 liegt also hoch. Welche Opern, Schauspiele, Ballettabende und Konzerte dann das Publikum begeistern sollen, das stellten Intendant André Bücker und sein Leitungsteam nun vor.
„Allerhand“ bietet das Staatstheater Augsburg, darunter Büchners „Leonce und Lena“
Und da kommt auch „allerhand“ wieder ins Spiel, das Motto für die neue Spielzeit, das vom Staatstheater natürlich nicht in erster Linie als Ausruf der Entrüstung verstanden wird, sondern auch im wortwörtlichen Sinne, nämlich einem kooperativen. „Wir brauchen alle Hände, denn es gibt allerhand zu tun und wir wollen die Menschen dazu einladen, sich zu engagieren und zu beteiligen. Das Staatstheater soll noch mehr ein Ort des Miteinanders und der Solidarität werden“, führte André Bücker aus.
Zur Eröffnung der neuen Spielzeit am 27. September führt der Intendant selbst Regie, und zwar bei Georg Büchners Schauspiel „Leonce und Lena“. Außerdem wird Bücker Claudio Monteverdis „L´incoronazione di Poppea“ (Die Krönung der Poppea) inszenieren, eine Oper über Intrigen, Liebe und Verwirrungen am Hofe Neros.
Die erste Opernproduktion im Spielplan wird aber mit Georges Bizets „Carmen“ ein Klassiker des Musiktheaters sein. Diese Sparte verantwortet künftig die Leitende Dramaturgin Sophie Walz, nachdem Operndirektor Daniel Herzog das Staatstheater Augsburg verlässt in Richtung Staatstheater Hannover. Keinerlei Veränderungen wird es aber im Sängerinnen- und Sängerensemble geben, das, so Walz, „tolle große Paradepartien“ erwartet. Die Titelrolle in „Carmen“ werden sich Natalya Boeva und Kate Allen teilen. Den selbstgefälligen Sir Falstaff in Otto Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ wird Avtandil Kaspeli verkörpern. Louise von Garnier und Wiard Withold wiederum werden „Die Schöne und das Biest“ auf der Bühne des Martiniparks geben, und zwar in der gleichnamigen Oper von Philip Glass.

Das Staatstheater Augsburg spielt „Monty Python‘s Spamalaot“ am Roten Tor
Zum vorerst letzten Mal vor der Renovierung wird dem Staatstheater in der Spielzeit 2025/26 die Freilichtbühne am Roten Tor zur Verfügung stehen. Die Aufführungen teilen sich dann die Wiederaufnahme von Puccinis „Turandot“ aus dem Jahr 2024 und die Neuinszenierung von „Monty Python´s Spamalot“, einer Musical-Fassung des Films „Die Ritter der Kokosnuss“.
Musikalisch versiert sind in Augsburg jedoch nicht nur die Sängerinnen und Sänger des Staatstheaters, sondern auch das Schauspielensemble – „ein wahrer Schatz“, wie Co-Schauspiel-Leiterin Sabeth Braun hervorhob. In der kommenden Saison wird sich dies einmal mehr erweisen in der Inszenierung der „Dreigroschenoper“ von Brecht/Weill, die der Beitrag des Staatstheaters zum nächsten Brechtfestival ist. Mit „Stella“ findet sich zudem zum ersten Mal in der Zeit des Schauspiel-Leitungsteams Braun/Ortmann/Schneiderbauer ein Stück von Goethe auf dem Spielplan.
Dem klassischen Sprachduktus steht in sehr zeitgemäßer direkter Sprache das Stück „Amsterdam“ von Maya Araf Yasur gegenüber. Und auch ein großer Roman wird nicht fehlen: Armin Petras und Sabeth Braun haben Victor Hugos „Der Mann, der lachte“, Vorlage für die aus mehreren Filmen bekannte Joker-Figur, für die Bühne bearbeitet. Armin Petras wird das Stück auch inszenieren. Den Bezug zu Räumen und zur Geschichte der Stadt findet immer wieder die beliebte „Tatort“-Reihe des Staatstheaters. In der 9. Auflage nimmt sie diesmal Bezug auf den 500. Geburtstag Jakob Fuggers und spielt in der Fuggerei.
Augsburger Philharmoniker spielen Johannes Brahms‘ Requiem
Allergrößter Beliebtheit erfreut sich in Augsburg nach wie vor das Ballett. „Das wollen wir auch nicht ändern“, meinte Ballettchef Ricardo Fernando trocken. In einem Strawinsky-Abend werden „Les Noces“, choreografiert von Didy Veldman und „Le Sacre du printemps“ choreografiert von ihm selbst, zur Aufführung kommen. „Sacre will jeder Choreograf einmal choreografieren und jeder Tänzer einmal tanzen“, würdigte Fernando jenes Werk, das in der Tanzgeschichte als der moderne Klassiker schlechthin gilt. Außerdem wird der aus Las Vegas stammende Choreograf Peter Chu, der in Augsburg bereits zwei Ballettabende gestaltete, Mozarts „Requiem“ vertanzen – eine Mammutproduktion, wie Fernando versprach, an der auch die Augsburger Philharmoniker und der Chor des Staatstheaters mitwirken.
Wolfgang Amadeus Mozart wird nicht nur im Ballett, sondern auch in den Sinfoniekonzerten der Augsburger Philharmoniker eine große Rolle spielen, kündigte Generalmusikdirektor Domonkos Héja an. Zum 270. Geburtstag des Komponisten feiert ihn das Orchester mit einem Schwerpunkt, was nicht nur bedeutet, dass Werke des Salzburgers gespielt werden, sondern auch Bearbeitungen oder Zitate seiner Werke. So sind etwa Max Regers Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart, Tschaikowskys Suite „Mozartiana“ sowie ein Oboenkonzert von Mozart, das nur als Fragment erhalten ist und von Gotthard Odermatt ergänzt wurde, zu hören.
Eines der Highlights der nächsten Konzertsaison ist für Domonkos Héja die Aufführung des „Deutschen Requiems“ von Johannes Brahms, bei dem der Chor des Bayerischen Rundfunks zu Gast im Augsburger Kongress am Park sein wird. Ein besonderes Auftragswerk werden die Philharmoniker außerdem im nächsten Jahr aufführen: „Sorbis aquarum“ von Wolf Krerschek, eine Wasser-Hymne, die zur Erkennungsmusik für die Vermittlung des Themas Wasser als Weltkulturerbe werden soll. Mit der „Artist in Residence“ Rozália Szabó wird die Flöte in der kommenden Saison den Ton angeben.
Das Augsburger Digitaltheater feiert ein kleines Jubiläum
Einen kleinen Geburtstag feiert im nächsten Jahr die jüngste Sparte des Staatstheaters: das Digitaltheater, das seit fünf Jahren besteht und mittlerweile 16 Produktionen im Repertoire hat. In der nächsten Spielzeit wird neben dem Mixed-Reality-Schauspiel „Die Reise zum Mittelpunkt der Welt“ nach Motiven von Jules Verne auch das Ballett „Frida“ in einer VR-Version entstehen. Tanz und Musik kombiniert sie mit den realen Werken der Künstlerin.
Den partizipativen Teil des Mottos „allerhand“ wird zu einem großen Teil die Vernetzungsplattform „Plan A“ des Staatstheaters einlösen, die sich der Kooperation mit und den Themen in der Stadtgesellschaft widmet. Etwa mit dem Projekt „Re:Sound“, mit dem im Stadtteil Oberhausen in Workshops unter künstlerischer Leitung eine mehrsprachige Community-Oper mit Bürgerinnen und Bürgern entwickelt wird. Aber auch mit einem neuen Projekt, das nach den Worten von Plan-A-Leiterin Nicole Schneiderbauer bisher einzigartig in Deutschland ist: „Tanz mit Parkinson“. In Kooperation mit der Uniklinik Augsburg können an Parkinson erkrankte Menschen hier über Tanz, Bewegung und Kreativität zu neuen Ausdrucksformen finden.
Wo dieses neue Projekt stattfinden wird, steht jedoch noch nicht fest – und da war er dann, der Elefant, der immer mit im Raum ist, wenn es um Projekte des Staatstheaters geht. „Im neuen großen Haus wäre das kein Problem, denn da wird es Räumlichkeiten geben, die barrierefrei sind und sich dafür eignen“, erklärte André Bücker, der nun auch seine neunte Spielzeit für die Interim-Spielstätten planen musste. „Die Akzeptanz des Publikums hat bisher nicht gelitten“, freut er sich angesichts der diesjährigen Rekordzahlen, „aber es wird immer schwerer, die Dinge am Laufen zu halten, denn es bröckelt mittlerweile überall gewaltig.“
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