Wegen schwerwiegender Vorwürfe musste sich ein Mann vor dem Amtsgericht Landsberg verantworten. Im vergangenen Mai soll er – obwohl er zu dem Zeitpunkt gar keinen Führerschein hatte – im Bereich der A96-Anschlussstelle Landsberg-Nord mit einem Auto einen Feuerwehrmann angefahren haben. Laut Anklage war er mit einer kurzzeitigen Straßensperrung nicht einverstanden. Der Prozess zog sich in die Länge, denn der 56-Jährige bestand darauf, dass sein Mitfahrer als Zeuge gehört wird. Am dritten Verhandlungstag kam es schließlich zu einem Urteil. Zuvor hatte der Angeklagte – auf Drängen seiner Anwälte – gerade noch die sprichwörtliche Kurve gekriegt.
An einem Freitagnachmittag im Mai war es auf der A96 in Fahrtrichtung Lindau zu einem schweren Unfall gekommen und die Einsatzkräfte leiteten den Verkehr deshalb über die Anschlussstelle Landsberg-Nord ab. Dort wollte ein Feuerwehrmann gegen 18 Uhr den Verkehr kurzzeitig anhalten, damit sich zwei Lkw aus einer Haltebucht heraus wieder einordnen konnten. Laut Aussage des Feuerwehrmanns am ersten Prozesstag hat der aggressiv wirkende 56-Jährige, der sich mit seinem Auto auf der Abbiegespur in Richtung Kaufering befand, zunächst gestoppt. Dann sei er aber „mit 10 bis 20 km/h“ auf ihn zugefahren. Der Anklage zufolge hat das Fahrzeug den Feuerwehrmann an Ellbogen, Hüfte und Knie touchiert, wodurch er leicht verletzt wurde.
Zunächst bestreitet der Angeklagte den Hauptvorwurf weiter
Beim inzwischen dritten Verhandlungstermin vertrat den Angeklagten neben seiner Pflichtverteidigerin Dr. Silke Ackermann aus Landsberg auch der Augsburger Rechtsanwalt Michael Bauer als Wahlverteidiger. Auf die Vernehmung des angeblichen Mitfahrers, der sich laut dem 56-Jährigen liegend auf der Rückbank des Autos befunden haben soll, wurde allerdings verzichtet. Zu Beginn verlas Richterin Marita Karg einen in der Zwischenzeit vereinbarten Täter-Opfer-Ausgleich, den der Feuerwehrmann angenommen hat. Der Angeklagte möchte dem Opfer demnach 500 Euro zahlen, um den psychischen und physischen Schaden wiedergutzumachen. Er bedauere den Vorfall zutiefst, heißt es in dem Schreiben.
Überraschenderweise war der Angeklagte aber nach wie vor nicht bereit, den Hauptvorwurf einzuräumen. Aus seiner subjektiven Wahrnehmung heraus habe er den Feuerwehrmann nicht geschädigt oder angefahren, sagte er. Zudem sei dieser neben seinem Fahrzeug gestanden. Richterin Marita Karg erkannte einen „grundsätzlichen Dissens“ hinsichtlich des Hergangs. Sie verwies auch auf die Schilderungen eines Zeugen, der sich mit seinem Pkw während des Vorfalls direkt hinter dem Angeklagten befunden hatte: Er hatte am ersten Prozesstag ausgesagt, dass der 56-Jährige zunächst zwei- oder dreimal langsam auf den Feuerwehrmann zugefahren sei. „Beim vierten Mal hat er dann Gas gegeben, eingeschlagen und wollte rechts vorbei.“ Durch einen Sprung des Feuerwehrmanns sei wohl Schlimmeres verhindert worden. Die Rechtsanwälte beantragten eine Unterbrechung der Verhandlung – und redeten vor dem Gerichtssaal offenbar Klartext mit ihrem Mandanten. Verteidiger Michael Bauer verlas im Anschluss eine Erklärung. Der Angeklagte wolle den Sachverhalt nicht weiter infrage stellen und ihn – wie angeklagt – einräumen.
Richterin sieht eine „massive Straftat“
Von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurden ihm unter anderem ein vorsätzlicher Eingriff in den Straßenverkehr, gefährliche Körperverletzung, ein tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, Nötigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Dass er an jenem Freitagnachmittag gar nicht hinter dem Steuer hätte sitzen dürfen, hat der 56-Jährige von Anfang an eingeräumt. In das Urteil einzubeziehen waren zudem zwei rechtskräftige Strafbefehle. So war der Mann im August 2023 unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gegen ein anderes Auto gefahren und hatte sich anschließend aus dem Staub gemacht. Einige Wochen nach dem Vorfall an der Anschlussstelle Landsberg-Nord ist er zudem erneut Auto gefahren und erwischt worden. Unter Tränen machte der Angeklagte persönliche Schicksalsschläge für seine strafbaren Handlungen verantwortlich.
Der Staatsanwalt hielt in seinem Plädoyer dem Angeklagten zugute, dass er die Vorwürfe letztlich doch noch eingeräumt hat. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung, eine Geldauflage sowie eine 18-monatige Führerscheinsperre. Die Verteidiger Michael Bauer und Silke Ackermann forderten eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und eine Sperrfrist von 12 Monaten. Richterin Karg verhängte in ihrem Urteil unter Einbeziehung der Strafbefehle schließlich eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, und eine 15-monatige Führerscheinsperre. Als Auflagen werden unter anderem ein Konsumverbot, die Zahlung im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs sowie 120 Stunden gemeinnützige Arbeit festgesetzt. Seinen Führerschein wird der Mann erst nach Bestehen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) wieder bekommen können.
Er habe eine „massive Straftat“ begangen, allerdings handle es sich auch um die erste gegen ihn ausgesprochene Freiheitsstrafe, sagte Karg. „Ich hoffe, das ist Warnung genug, dass sie keine weiteren Straftaten begehen.“ Seine Verteidiger hätten ihn „gut beraten“, so die Richterin. Denn der 56-Jährige selbst habe sich zunächst „nicht so geständig“ gezeigt.
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