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Lehrkräfte in Bayern: Warum ein modernes Studium unerlässlich für die Zukunft der Bildung ist

Kommentar

Lehrkräfte müssen so gut ausgebildet sein wie Ärzte

Sarah Ritschel
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    Die Reihen lichten sich: Mehr als 40 Prozent der Lehramtsstudierenden in Deutschland brechen ihre Ausbildung ab.
    Die Reihen lichten sich: Mehr als 40 Prozent der Lehramtsstudierenden in Deutschland brechen ihre Ausbildung ab. Foto: Ingo Wagner, dpa

    Es klang nach Revolution. Nach einem frischen Wind, der den Staub von der Lehrkräftebildung in Bayern blasen und den pädagogischen Personalmangel lösen würde. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) skizzierte ein Lehramtsstudium, so flexibel, dass Absolventinnen und Absolventen quasi an jeder Schulart anfangen können sollten. „Es wird ein großes Rad, an dem wir drehen“, versprach Söder. Das ist mehr als zwei Jahre her. Und die Revolution ist nicht gekommen. Dem großen Tusch folgte: erst mal nichts. Wie so oft bei Schulpolitik und Lehrkräftebildung. Lieber lobt man die tollen Leistungen bayerischer Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu anderen Ländern. Zu Recht. Aber dass dieses Argument bröckelt, wird man bald aber nicht mehr ignorieren können.

    Klassenzimmer sind heute anders als in den Achtziger Jahren

    Angehende Lehrkräfte flehen darum, dass ihre Ausbildung modernisiert wird. Sie fühlen sich nicht gut auf ihren Beruf vorbereitet - auch, weil die Strukturen ihres Studiums teils bereits vor drei, vier Jahrzehnten konzipiert wurden. Doch in den Klassenzimmern von heute geht es nicht mehr zu wie in den Achtzigern. Mancherorts stammen die Lernenden aus mehr als 30 Nationen. Während Schüler aus begütertem Hause oft die maximale Unterstützung erhalten - das Geschäft mit der Nachhilfe ist ein Wachstumsmarkt -, müssen sozial benachteiligte Kinder froh sein, wenn sie ein Plätzchen zum Hausaufgabenmachen haben und ihre Eltern Schulbriefe auf Bürokratendeutsch übersetzen können. Was sich noch verändert hat: Kinder mit Behinderung lernen heute öfter in regulären Klassen. Und seelische Probleme sind nicht erst seit Corona ein Kummer, auf den es Rücksicht zu nehmen gilt.

    Was eine Lehrkraft im 21. Jahrhundert braucht

    Darauf muss eine moderne Lehrkraft vorbereitet sein. Und in einer digitalisierten Welt steigen die Erwartungen an digitalen Unterricht. Studierende wünschen sich, dass ihnen jemand beibringt, wie man auf jedes Kind bestmöglich eingeht, welche Arbeitsunterlagen man dafür erstellen kann. Wie man gute Feedback-Gespräche mit Schülern und Eltern führt, wo KI bei der Arbeit eine Hilfe ist. Und vor allem, dass sie das an der Uni Gelernte möglichst intensiv auch im Klassenzimmer erproben können.

    Das ist in anderen Studiengängen selbstverständlich. Bei angehenden Ärztinnen und Ärzten ist genau festgelegt, in welchem Semester sie die Blutabnahme beherrschen müssen und wann sie lernen, ein EKG anzulegen. Im Lehramt gibt es solche fixen Ziele nicht, Theorie und Praxis sind oft noch getrennte Welten.

    Angehende Lehrkräfte wünschen sich mehr Praxisbezug im Studium.
    Angehende Lehrkräfte wünschen sich mehr Praxisbezug im Studium. Foto: Andrea Warnecke, dpa

    Bayerns Regierung weiß das. Sie sagt sogar offen, dass die Ausbildung ein Update braucht. Aber Anpacken? So wichtig scheint es dann doch nicht zu sein. Söders Wahlkampf-Versprechen eines verpflichtenden Praxissemesters? Vergessen. Die Pläne der Freien Wähler, Nachwuchslehrern verschiedener Schularten erstmal ein gemeinsames, pädagogisches Grundstudium zu ermöglichen? Verpufft.

    Immerhin: Kürzlich hat eine Expertenkommission, beauftragt von höchster Stelle, ihre Ideen für eine große Studienreform vorgestellt. Mit Inhalten, die eine Lehrkraft im 21. Jahrhundert braucht. Nächstes Jahr will die Regierung darauf aufbauend einen „Masterplan“ präsentieren. Wenn Söder und sein Kabinett weiter die Leistungen bayerischer Schülerinnen und Schüler preisen wollen, dann sollten sie möglichst viele Vorschläge umsetzen. Sonst haben sie sich irgendwann ihrer wichtigsten Ausrede beraubt.

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