Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat die Regierung Geld ausgegeben, als ob es kein Morgen gäbe. Damit muss jetzt Schluss sein. Ehrlichkeit ist gefragt.
Bumms, Wumms, Bazooka: Deutschen Politikern sind schon viele unpassende Begriffe eingefallen, um die Konjunkturmaßnahmen im Kampf gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu beschreiben. Es geht hier um Psychologie.
Mit Blick auf die nächste Bundestagswahl will niemand als Miesepeter dastehen. Wenn sich die Menschen schon Sorgen um ihre Gesundheit machen müssen, so die Botschaft, dann sollen sie es wenigstens mit einem gut gefüllten Portemonnaie tun. Zu Beginn der Pandemie machte das vielleicht noch Sinn, weil eine Panik unter allen Umständen verhindert werden musste. Nach einem halben Jahr unter Corona-Bedingungen muss sich die Regierung endlich ehrlich machen.
Schlechte Nachricht für die folgenden Generationen
„Wir können mit Zuversicht durch diese Krise gehen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts 2020. Er muss da schon die Wahlkampfslogans für seine anschließend ausgerufene Kanzlerkandidatur im Kopf gehabt haben. Denn der Etat hat historische Dimensionen. Die geplanten Ausgaben belaufen sich auf rund 508,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Rezessionsjahr 2009 wurden im Haushalt unter den Belastungen der Finanzkrise 290 Milliarden Euro angesetzt.
Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wollte die Neuverschuldung eigentlich auf null senken. Er musste dann eine Kreditaufnahme von 19 Milliarden Euro verkünden. Steinbrücks Parteifreund Scholz hat eine Nettokreditaufnahme von sagenhaften 218,5 Milliarden in den Büchern stehen. Die Schuldenbremse wurde deswegen außer Kraft gesetzt.
Sie wird im nächsten Jahr erneut gerissen werden und mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch in 2022. Nachdem der Staat mit dem Haushalt 2015 erstmals seit 65 Jahren Verbindlichkeiten abbauen konnte, ist das eine Hiobsbotschaft für die nächsten Generationen.
Die Liste der Zusatzkosten ist lang
Der Nachtragshaushalt 2020 bildet geplante Ausgaben ab, die des „Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets“ beispielsweise. Weitere Milliardenlasten sind jetzt schon absehbar: Die Kosten für den Brexit etwa, mögliche Schadenersatzforderungen bei der Pipeline Nord Stream 2, die geplanten Finanzspritzen für die Auto- und die Zuliefererbranche, die halbe Milliarde frisches Geld für die Berliner Flughäfen, die Mehrbelastung beim EU-Haushalt, der „Green Deal“ und noch vieles mehr. Die Liste ist so lang, dass auch ein möglicher Aufschwung im kommenden Jahr die Zusatzkosten nicht kompensieren könnte.
Ein Ende der EZB-Niedrigzinsgeldpolitik würde Kredite teurer machen und die Lage verschärfen. Die Situation verschlimmert sich durch die sinkenden Steuereinnahmen. Die Steuerfinanzierungsquote – sie weist den Anteil der durch Steuereinnahmen gedeckten Haushaltsausgaben aus – liegt in diesem Jahr bei 52 Prozent. Im letzten Jahr betrug die Quote 95,9 Prozent.
Die Corona-Krise darf nicht zur Finanzkrise werden
Da Deutschland aus finanziell guten Jahren heraus in die Krise schlingerte und die Geldspritzen vor allem für Neugründer, Solo-Unternehmer sowie die kleinen und mittleren Unternehmen ohne Alternative waren, muss das Land mit diesen Belastungen leben. Die Politik darf aber nicht mehr so tun, als ob sie weiterhin jeden Schaden mit einem frischen Schein ausbügeln kann. Bislang trauen sich nur wenige, die unbequeme Wahrheit auszusprechen.
Schon jetzt müssten Ausgabenwünsche zurückgestellt werden, Deutschland müsste sparen, bis es quietscht. Auch Steuererhöhungen dürfen kein Tabu sein. Ohne ein solches Gegensteuern leidet Deutschland auch dann noch an den Folgen einer Finanzkrise, wenn die Corona-Krise schon längst vorbei ist.
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