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AfD-Parteitag in Riesa: Alice Weidel spricht von Remigration

AfD-Parteitag

Die AfD provoziert mit rechten Parolen und erhebt doch Regierungsanspruch

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    Weidel wurde per Akklamation durch Aufstehen zur Kanzlerkandidatin gewählt.
    Weidel wurde per Akklamation durch Aufstehen zur Kanzlerkandidatin gewählt. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    Bevor die knapp 600 Delegierten einen in vielerlei Hinsicht historischen Bundesparteitag der AfD eröffnen können, müssen sie zunächst einmal Geduld mitbringen. Mit mehr als zwei Stunden Verspätung beginnt das zweitägige Treffen im sächsischen Riesa am Samstag. Demonstranten hatten Zufahrtswege blockiert und so die Anreise vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer verzögert. Umso selbstbewusster treten die Delegierten dafür im Saal auf. Angesichts der neuesten Umfragewerte auch nicht ohne Grund, bei 22 Prozent steht die Partei laut Zahlen des Instituts Insa gerade.

    Selbstbewusst gibt sich die Partei nicht nur wegen ihrer Umfragewerte. Es ist auch das erste Mal, dass die AfD eine Kanzlerkandidatin wählt – wenn auch mit einem ungewöhnlichen Verfahren. Die Abstimmung erfolgt nicht etwa elektronisch oder per Handzeichen, auch ausgezählt werden die Stimmen nicht. Gewählt wird per Akklamation. Jene Delegierten, die gegen Alice Weidel votieren möchten, werden gebeten, aufzustehen. Im Saal erhebt sich daraufhin niemand. Auch auf die Frage nach Enthaltungen steht niemand auf. Erst beim Aufruf nach den Ja-Stimmen erheben sich die Teilnehmer. Die AfD wertet das als einstimmiges Ergebnis für Weidel.

    Alice Weidel spricht beim AfD-Parteitag von Remigration

    Die macht in ihrer Rede klar, wer für sie der Hauptgegner in diesem Wahlkampf sein wird: die Union. Während sie die Kanzlerpartei SPD und die inhaltlich in vielerlei Hinsicht besonders weit entfernten Grünen kaum erwähnt, widmet sie der Union einen Großteil ihrer Rede. Eine „Betrügerpartei“ sei die CDU, sagt Weidel. Und behauptet, die Union schriebe aus dem Programm der AfD ab. Insbesondere bezieht sie sich damit auf den zuletzt härteren Kurs der Union in der Asylpolitik. Den scheint sie als Bestätigung für ihre eigene Haltung zu werten. Dem Publikum ruft sie entgegen: „Deshalb liebe Leute, wählt das Original.“

    Es sind auch ihre Ausführungen zur Asylpolitik, die für großen Jubel bei den Delegierten sorgen. Die AfD wolle „Rückführungen im großen Stil“, sagt Weidel. „Und ich muss ihnen ganz ehrlich sagen, wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ Das Wort gilt als rechter Kampfbegriff, der vor allem durch den österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner Verbreitung fand. Vor ziemlich genau einem Jahr stand die AfD wegen eines Treffens in Potsdam, an dem auch Sellner teilnahm, in der Kritik. Dort soll unter anderem über Remigration diskutiert worden sein.

    Weidels Aussage ist insofern bemerkenswert, als dass es auch innerhalb der AfD Diskussionen über den Begriff gibt. Zunächst distanzierte sich die AfD und insbesondere Weidel vom Potsdamer Treffen und dem Begriff Remigration. Auch im Entwurf zum Wahlprogramm der AfD, das in Riesa beschlossen wurde, tauchte der Begriff zunächst nicht auf.

    Das änderte sich im Laufe des Parteitags: Einige Delegierte brachten eine Änderung ein und setzten sich durch. In der beschlossenen Fassung ist der Begriff enthalten. Auch in anderen Punkten schärft die AfD nach. So stimmen die Delegierten beispielsweise mehrheitlich dafür, ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen in das Programm aufzunehmen. Nur in einem Punkt stellen sich die Delegierten gegen den rechten Rand: Die „Junge Alternative“ (JA) soll aufgelöst und durch eine neue Organisation ersetzt werden. Innerhalb der AfD gilt die JA als besonders rechts und agiert relativ unabhängig. Die Parteispitze erhofft sich von dem Schritt mehr Kontrolle über den Nachwuchs.  

    Die AfD macht auf ihrem Parteitag auch klar: Sie will regieren

    Mindestens ebenso provokant wie Weidels Aussage zur Remigration dürfte der Slogan sein, der auf vielen der AfD-Schilder im Raum zu lesen ist: „Alice für Deutschland.“ Auch der sächsische AfD-Vorsitzende Jörg Urban beendete damit seine Rede. Was zunächst harmlos daherkommt, erinnert phonetisch stark an die Parole der SA während der Nazizeit: „Alles für Deutschland“. Heute ist die Losung verboten. Einige AfD-Mitglieder hinderte das in der Vergangenheit jedoch nicht, sie öffentlich zu äußern. Zuletzt wurde unter anderem der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er die Parole in einer Rede verwendete.

    Trotz aller Provokation macht die AfD auf dem Parteitag auch immer wieder klar, was ihr Ziel ist: im Bund regieren. Nur einen Koalitionspartner findet sie dafür bisher nicht. Co-Parteichef Tino Chrupalla, der sich auf dem Parteitag gemäßigter als Weidel gibt, fordert die Union deshalb auf, ihren Widerstand gegen eine Koalition mit der AfD aufzugeben. „In Österreich könnten sie sehen, was mit Brandmauern passiert“, sagt Chrupalla in seiner Rede. Der Traum einer Regierungsbeteiligung lebt also weiter. Klar wird aus den Reden auf dem Parteitag aber auch: Inhaltlich auf die Union zugehen, das will die AfD nicht.

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    15 Kommentare
    Maria Reichenauer

    "Gewählt wird per Akklamation." Kann ich mir gut vorstellen, dass da niemand aufsteht. Wer möchte schon den Bannstrahl der "großen Vorsitzenden" auf sich ziehen? Kein Kaninchen steht freiwillig auf, um von der Schlange gefressen zu werden.

    Wolfgang Steger

    Frau Weidel sorgt für neue Arbeitsplätze. Sie will alle Windräder abbauen lassen.

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    Peter Pfleiderer

    So wie die Grünen mit den Atomkraftwerken - erst abreißen und hinterher ratlos in die Luft gucken, wenn sich die Gasspeicher durch Verstromung in hohem Tempo leeren...

    Maria Reichenauer

    Die Speicher sind aber nicht leer: www.ndr.de/nachrichten/info/Gasspeicher-in-Deutschland-So-steht-es-um-die-Fuellstaende,gasspeicher120.html Also ist kein ratloser Blick in die Luft nötig, auch wenn Sie es gerne hätten... Die Atomkraftwerke und ihr Beitrag von 5 % des Stroms in Deutschland haben keine Lücke gerissen, auch wenn es so gerne verbreitet wurde.

    Rainer Kraus

    Gut, dass es die Weidel gibt, sonst hätten wir wohl noch heute die Ampel.

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    Johann Storr

    Mit der AfD haben wir bald Remigrationslager. Der AfD Faschist Höcke labert ja schon lange von "auschwitzen" der Gegner. Eine prima Zukunft mit dem Terror wie in Russland.

    Johann Storr

    Wer entscheidet wer zur Remigration verdammt wird? Die Weigel? Wer eine Deutschlandfahne auf den Blutkörpern hat? Wer keinen Ariernachweis hat? Das wird ja wie bei Hitler!

    Klaus Axmacher

    Eine Abstimmung kann per Handzeichen, per Knopfdruck, per Wahlzettel oder eben mit Aufstehen erfolgen. Als Frau Merkel unter lang anhaltendem Applaus der Delegierten fast einstimmig gewählt wurde hat das die Presse nicht als Akklamtion beschrieben. Defination lt. Wikipedia: Unter Akklamation (vonlateinischacclamatio ‚Zuruf‘; aus ad ‚zu‘ und clamare ‚rufen‘) versteht man im Allgemeinen einen zustimmenden Beifall in einer Versammlung

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    Johann Storr

    Genau. Vollkommen egal ob per geheimer Wahl oder Akklamtion, es geht darum, das es sich bei der AfD um eine Partei handelt, die Deutschland und Europa zerstören will, damit die Rassisten und Faschisten wieder Menschen unterdrücken können, egal ob mit Hilfe Putins oder dem Milliardär Musk.

    Wolfgang Steger

    100% per Akklamation. Das gibt es nur in totalierären Staaten. Verstehen Sie nicht, was da geschieht, oder sind Sie nur dumm?

    Wolfgang Leonhard

    Weidel und ihre widerliche Truppe sind sehr weit weg von der Macht. Und es liegt an uns Allen, dass das so bleibt.

    Walter Koenig

    Eigentlich ist es eine Schande, wie viele Menschen auf die Sprüche der AfD hereinfallen. Denn alleine schon Frau Weidel zeigt die Diskrepanz zwischen angeblichen Verbesserungen für das Volk und eigenen Lebensweisen. Als lesbische Frau betreibt sie also das Verbot für Homosexualität? Aber bei der AfD ist es wie bei der SED seinerzeit: Wasser predigen und selbst Wein saufen. Leider überlassen aber viele Menschen das Denken anderen Leuten, statt selbst einmal das dafür vorgesehene Organ zu benutzen. Denn dann wäre sehr schnell offensichtlich, welche Lügen und Unsinnigkeiten von der AfD (aber leider auch von anderen Parteien) verbreitet werden.

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    Maria Reichenauer

    Wie recht Sie haben, Herr Koenig. Es ist schon erstaunlich, wie sich auch in diesem Forum Leute die AfD und ihre Kanzlerkandidatin schönbiegen bis zum geht nicht mehr. Dabei geht es immer mehr um Gedankengut, das uns schon einmal schlimme Zustände beschert hat. Dass demokratische Parteien es nicht verstehen, sich diesem Einfluss zu entziehen und eigene Ideen entwicken und auch ERKLÄREN statt irgendwelche dummen Versprechungen zu machen, die sie nicht halten werden können, wie es Söder und Merz im Moment tun, das ist wirklich zum Verzweifeln. Ja, es ist so: Denken ist allen erlaubt, bleibt aber vielen erspart.

    Günter Köhler

    Die AfD braucht in der Tat nicht auf die Union zugehen. Denn für dieses aufeinander Zugehen sorgt die Union und hier besonders die CSU mit ihrem Vorsitzenden MP Markus Söder und seinen unseligen Tiraden schon selber zur Genüge. Mich schaudert bei dem Gedanken, wohin das letztlich führen könnte.

    Esther Ern

    Weidel “Windräder niederreißen”: Radikal ausgedrückt, überzogen, extrem. Ich empfehle Merz: Statt weiter auf seine Brandmauer zu starren, und diese als dominantes Programm zu pflegen - was weder bei vielen ankommt, noch beeindruckt -, sollte er sich mal die Weidel-Übertreibungen wegdenken und durchschauen, ob sie damit nicht einfach nur genau das ausdrückt, was ca. 19-20% der Bürger denken und genau dafür die AfD wählen. Diese Wähler sind genau so wenig “extrem böswillige” Menschen; die wenigsten davon radikal: Sie fühlen sich ignoriert, überhört. Dahinter steckt die Forderung vieler einfach nach vernünftiger, bedarfsgerechter, bezahlbarer, für alle verträglicher Politik - ob es um Klima oder Migration geht. Viele haben den Eindruck, Regierungspolitiker reagieren erst, wenn einer radikal ins Mikro tönt. Würde man mehr auf Bürger, Sicherheits- und Industrieexperten, leise Töne hören, bräuchte es keine Megaphone mehr, und gäbe es die AfD nicht mehr oder nur sporadisch wie “Sonstige”

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