Die Europäer haben es mit Zuckerbrot und Peitsche versucht, doch in Washington ließ sich Donald Trump bislang weder von Angeboten noch von Drohungen beeindrucken: Am späten Montagabend brachte der US-Präsident wie befürchtet Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 Prozent auf den Weg – „ohne Ausnahmen oder Befreiungen“, wie der Republikaner bei der Unterzeichnung der beiden Dekrete betonte. Er sprach von einer „großen Sache“.
Und als solche verstanden auch die Europäer den Schritt. Sie bedauere die Entscheidung der USA „zutiefst“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag. „Zölle sind Steuern – schlecht für die Wirtschaft, schlechter für die Verbraucher.“ Die EU werde „zum Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen“ handeln, so die Behördenchefin. „Unrechtmäßige Zölle zulasten der EU werden nicht unbeantwortet bleiben“, sondern „entschiedene und verhältnismäßige Gegenmaßnahmen nach sich ziehen“.
Was die EU konkret als Reaktion auf Trumps Zölle plant
Doch wie sehen die konkret aus? Noch würden die von Trump angeordneten Abgaben geprüft, hieß es gebetsmühlenhaft in Brüssel. Es fehlten Details aus Washington, um die ominöse Liste der Gegenmaßnahmen, von der seit Wochen in EU-Kreisen die Rede ist, zu veröffentlichen. Die Deadline läuft in einem Monat ab, das heißt, vom 12. März an könnten die Zölle vonseiten der Vereinigten Staaten in Kraft treten, falls die Gespräche in den nächsten Wochen ohne Erfolg bleiben. „Wir sind bereit, zu verhandeln und nach Möglichkeit für beide Seiten vorteilhafte Lösungen zu finden“, sagte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič im Straßburger Europaparlament nur. Hinter den Kulissen war jedoch zu vernehmen, dass die Gemeinschaft abermals jene Produkte in den Fokus nehmen würde, die sie schon während Trumps erster Amtszeit anvisierte. Ganz oben auf der Handelsabschussliste stehen demnach Jeans, Bourbon Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder, Orangensaft, Motorboote und Erdnussbutter.
Es geht um Kentucky, Florida und Wisconsin
Dass es ausgerechnet diese Produkte treffen soll und sie teils mit Vergeltungszöllen von bis zu 50 Prozent belegt würden, ist kein Zufall. Sie werden vorneweg in Bundestaaten wie Kentucky, Florida und Wisconsin hergestellt, also in Gegenden, in denen die Republikaner besonders viele Befürworter hinter sich wissen. Die Gegenzölle, die die EU während Trumps erster Amtszeit verhängte, wurden keineswegs abgeschafft, sondern lediglich suspendiert, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), gegenüber dieser Zeitung, sprich: „In jedem Fall werden unsere ausgesetzten Gegenmaßnahmen zu den illegalen 232 Stahl- und Aluminiumzöllen am 1. April automatisch in Kraft treten.“ Man sei gezwungen, „dieselbe Sprache wie Trump zu sprechen, damit er versteht, dass es hier ums Geschäft geht“, so der EU-Abgeordnete.

Die Gemeinschaft hat deutlich mehr zu verlieren als Amerika. So stellen die Vereinigten Staaten für die europäische Stahlindustrie den wichtigsten Absatzmarkt dar. Deutschland ist der größte Stahlproduzent in der EU. Trump, der andeutete, auch die Einführung zusätzlicher Zölle auf Autos, Arzneimittel und Computerchips in Betracht zu ziehen, beschwert sich regelmäßig über das angebliche Handelsdefizit von 350 Milliarden Dollar zuungunsten der USA. Die Bilanz wies Brüssel erst kürzlich wieder zurück. Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat exportierte die Union im Jahr 2023 Waren im Wert von 503 Milliarden Euro in den US-Markt, während die Importe aus Amerika in die EU 347 Milliarden Euro betrugen. Demnach belief sich der Warenhandelsüberschuss auf 156 Milliarden Euro für die Gemeinschaft.
Trump mit mehr Bestellungen für Flüssiggas beruhigen?
Nachdem Trump 2018 Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte der EU im Wert von 6,4 Milliarden Euro verhängt hatte, schlug die Gemeinschaft mit Sonderabgaben auf US-Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Euro zurück. Weitere Zölle auf Einfuhren aus den Vereinigten Staaten im Wert von 3,6 Milliarden Euro sollten drei Jahre später in Kraft treten, wurden aber ausgesetzt, nachdem Joe Biden ins Weiße Haus einzog und beide Seiten einen Waffenstillstand im transatlantischen Handelskonflikt vereinbart hatten. Der scheint nun vorüber. Trump suche den „handelspolitischen Showeffekt“, kritisierte Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. Dabei wäre eine Eskalation für beide Seiten schädlich „und würde nur Dritten nutzen“. Brüsseler Diplomaten spekulieren darauf, den „Dealmaker“ Trump mit Angeboten der Zusammenarbeit zu besänftigen. Man könnte ihm etwa in Energiefragen entgegenkommen, hieß es in Brüssel, was bedeutet, dass die EU unter Umständen mehr amerikanisches Flüssiggas kaufen würde.

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