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Messerattacke in Aschaffenburg: Schiebt Deutschland nach Afghanistan ab?

Aschaffenburg

Asyldebatte: Wer kommt, wer geht und wer darf bleiben?

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    Migranten sitzen in der neu eingerichteten zentralen Bearbeitungstelle der Bundespolizei und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
    Migranten sitzen in der neu eingerichteten zentralen Bearbeitungstelle der Bundespolizei und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Foto: dpa

    Wie viele Menschen suchten zuletzt Asyl in Deutschland?

    Die Zahl der Asylanträge ging zuletzt deutlich zurück. Insgesamt 250.945 Menschen haben im Jahr 2024 einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Das teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit. Damit sank die Zahl gegenüber dem Vorjahr um etwa 29 Prozent. Die mit Abstand größte Zahl der Asylbewerber kam aus Syrien (79.433 Anträge). Am zweithäufigsten stellten Afghaninnen und Afghanen einen Asylantrag in Deutschland, insgesamt waren es 36.156 im Jahr 2024. Ein Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 53.582. Einer davon war wohl der mutmaßliche Täter von Aschaffenburg, der 2023 aus Afghanistan über Bulgarien nach Deutschland gekommen ist. Das Bundesinnenministerium führt den Rückgang der Zahlen vor allem auf die wiedereingeführten Grenzkontrollen zurück, aber auch auf die neue europäische Flüchtlingspolitik.

    Wie hoch ist die Zahl der Abschiebungen?

    Laut dem Bundesinnenministerium (BMI) wurden im vergangenen Jahr 20.084 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Das teilte ein Sprecher des BMI auf Anfrage unserer Redaktion mit. Damit stieg die Zahl gegenüber dem Vorjahr um etwa 22 Prozent. Die meisten davon kamen aus der Türkei gefolgt von Georgien, Syrien und Afghanistan. Ein Teil der Menschen wurde aber nicht in ihr Herkunftsland zurückgebracht, sondern in andere EU-Staaten überstellt. In jene Länder, die laut den Dublin-Regeln für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig waren. Insbesondere betraf das Menschen aus Syrien und Afghanistan. So hätte auch der mutmaßliche Täter von Aschaffenburg nicht nach Afghanistan, sondern nach Bulgarien rücküberstellt werden sollen.

    Aktuell sind deutschlandweit 220.808 Menschen ausreisepflichtig, davon haben aber etwa 80 Prozent eine Duldung. Als „unmittelbar ausreisepflichtig“ gelten 42.300 Menschen. Sie könnten sofort abgeschoben werden – sofern ein anderer Staat sie aufnimmt.

    Schiebt Deutschland auch direkt nach Afghanistan ab?

    Jein. Als Reaktion auf die Messerattacke von Solingen gab es Ende August einen Abschiebeflug nach Afghanistan. Im Flugzeug saßen damals 28 Straftäter. Allerdings gab es damals keinen direkten Kontakt mit den Taliban. Bei der Abschiebung setzte die Bundesregierung nun auf die Unterstützung des Emirats Katar. Es war kein Bundespolizist und auch kein Vertreter deutscher Behörden an Bord. „Wir sind an weiteren Flügen dran, es wird zeitnah weitere Abschiebungen nach Afghanistan geben“, hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser dann etwa einen Monat später verkündet. Einen solchen Flug gab es seither aber nicht. Nur eine weitere Person aus Afghanistan wurde im Jahr 2024 in ihr Heimatland überstellt. Insgesamt lag die Zahl der aus Deutschland ausgewiesenen Afghanen bei 1463.

    Ändert sich das jetzt durch den Angriff von Aschaffenburg?

    „Weitere Maßnahmen sind in Planung“, verspricht das BMI nun auf Anfrage. „Dazu stehen Bund und Länder in engem Austausch.“ Rechtlich ist das aber schwierig. Denn wenn den Menschen in ihrem Heimatland Verfolgung, Folter oder Tod droht, dürfen sie nicht dorthin abgeschoben werden. Eine zweite Hürde ist die Umsetzung. Deutschland unterhält zu den Taliban-Machthabern in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Allerdings werden inzwischen Stimmen laut, dies zu ändern. Österreich etwa hat eine Delegation von Beamten nach Kabul entsandt, um über die Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu sprechen.

    Kann Deutschland ein Einreiseverbot verhängen?

    Das hatte CDU-Chef Friedrich Merz gefordert. Konkret sprach er von einem „faktischen Einreiseverbot“ für alle Personen ohne gültige Einreisepapiere – und nannte ausdrücklich auch Menschen mit Schutzanspruch. Nach aktueller europäischer Rechtslage ist das aber nicht ohne Weiteres möglich. So können Asylsuchende ohne Prüfung nicht zurückgewiesen werden. Das gilt auch für Menschen, die über EU-Nachbarstaaten einreisen. Sie haben zumindest Anspruch auf ein Dublin-Verfahren – also die Prüfung, ob Deutschland oder ein anderer Staat für ihren Antrag zuständig ist. Merz nannte diese Regeln „dysfunktional“. Und forderte, Deutschland müsse „von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen.“

    Wie häufig werden Straftaten von Zuwanderern begangen?

    Hier liegen für 2024 noch keine endgültigen Zahlen vor. Die aktuelle Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) bezieht sich auf das Jahr 2023. Die Zahl der Straftaten mit ausländischen Tatverdächtigen lag damals bei mehr als 40 Prozent. Ähnlich hoch war der Anteil auch bei der Gewaltkriminalität und konkret bei Messerangriffen. Das Bundeskriminalamt (BKA) betont jedoch, man könne die Zahl der nicht deutschen Tatverdächtigen nicht ohne weiteres ins Verhältnis zur Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer setzen. So tauchten in der Statistik auch Touristen auf, Durchreisende oder Grenzpendler. Außerdem werden Straftaten, die mutmaßlich von Ausländern begangen werden, häufiger zur Anzeige gebracht. Ausländer bringen dagegen deutlich seltener Straftaten, die gegen sie verübt werden, zur Anzeige.

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