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Krieg in Nahost: Vier Gründe, die den so gefährlich machen

Naher Osten

Vier Gründe, die den Krieg im Nahen Osten so gefährlich machen

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    Menschen im Iran protestieren gegen die Angriffe aus Israel.
    Menschen im Iran protestieren gegen die Angriffe aus Israel. Foto: Fatemeh Bahrami, Anadolu/AFP
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    Ungewisse Machtverhältnisse

    Die Tonlage in Tel Aviv ist scharf. „Ein Diktator wie Chamenei, der an der Spitze eines Staates wie Iran steht und sich die Zerstörung des Staates Israel auf die Fahne geschrieben hat, dieses schreckliche Ziel der Zerstörung Israels, kann nicht weiter existieren“, sagt Israels Verteidigungsminister Israel Katz. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu würde der jahrzehntelangen Bedrohung durch den aggressiven Mullah-Staat am liebsten ein endgültiges Ende setzen und spielt zumindest mit dem Gedanken eines so genannten „Regime-Change“, also dem aktiven Hinarbeiten auf den Sturz der Regierung. Doch was bringt ein mögliches Ende von Ajatollah Ali Chamenei? Die Gefahr, dass auf einen erzwungenen politischen Umbruch statt Stabilität großes Chaos folgen würde, ist im Fall des Iran immens. Die Hoffnung, dass auf das militante Regime eine auch nur im Ansatz liberale und demokratische Regierung folgen würde, ist bestenfalls vage. Zwar ist die Mehrheit der Bevölkerung unzufrieden mit der Regierung, doch es gibt keinen Oppositionskandidaten, der sich als realistische Alternative anbietet. Die iranische Gesellschaft ist gespalten in verschiedene Ethnien, ein Mann oder eine Partei, hinter der sich die Mehrheit versammelt, ist derzeit nicht auszumachen. Zwar bringt sich etwa der Sohn des letzten Schahs, Reza Pahlavi, aus seinem amerikanischen Exil bereits in Stellung, doch die autoritäre Herrschaft seines Vaters ist vielen Iranerinnen und Iranern in schlechter Erinnerung. Auch ein Blick in die jüngste Geschichte zeigt, dass der Sturz von Regierungen durch ausländische Mächte oft zu neuen Krisen führt – Libyen, Afghanistan, Irak etwa bleiben instabile Länder. Mehr noch: Aus der Asche des Irak erwuchs der „Islamische Staat“ (IS), der die Welt mit seinem Terror überzog. Dasselbe könnte im Iran drohen.

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    Instabilität in der Region

    „Für die arabischen Golf-Staaten ist die jetzige Situation ein Horrorszenario“, sagt Sebastian Sons, Experte für die Golf-Region bei der Bonner Denkfabrik Carpo. Die Araber hätten in den vergangenen Jahren einen „Kurs der strategischen Neutralität“ verfolgt. Während einige von ihnen Friedensverträge mit Israel schlossen, begann auch eine arabisch-iranische Aussöhnung. Dies diente dem Ziel von Staaten wie Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), ihre Region wirtschaftlich zu öffnen und zu einem internationalen Investitionsstandort zu machen. Dazu brauchten sie regionale Stabilität – und die ist jetzt dahin. Einige arabische Länder könnte der Krieg existenziell gefährden. So hat Israel iranische Erdgasanlagen im so genannten Pars-Feld im Persischen Golf angegriffen, das sich Iran und Katar teilen. Im Irak rüsten mächtige pro-iranische Milizen zum Angriff auf US-Stützpunkte. Ägypten ist auf die Einnahmen aus der Handelsschifffahrt durch den Suez-Kanal angewiesen, die stark zurückgehen oder ganz ausbleiben könnten, wenn sich der Krieg ausweitet. Syrien unter seiner neuen Regierung ist schon jetzt von dem Konflikt betroffen, weil Israel auf syrischem Boden angreift, um eine potenzielle Bedrohung durch islamistische Gruppen zu verhindern. Zudem befürchten die Araber, dass eine Intervention der USA iranische Vergeltungsangriffe auf US-Stützpunkte in Staaten wie Katar oder Bahrain auslösen könnte.

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    Rückschlag für die europäische Wirtschaft

    Der Krieg im Nahen Osten droht zur Gefahr für die europäische und deutsche Wirtschaft zu werden, die nach Jahren der Krise langsam wieder in Tritt kommt. Unter anderem auf die Inflation kann der Konflikt durchschlagen, warnte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel kürzlich. „Sollte es zu einem langanhaltenden, gravierenden Konflikt kommen, könnten beispielsweise die Ölpreise erheblich steigen.“ Die wirtschaftlichen Perspektiven könnten sich dann spürbar verändern, sagte Nagel, „in Bezug auf die Konjunktur ebenso wie auf die Preise.“ Vor allem die Sorge um eine Ölkrise ist groß. Der Iran verfügt über die zweitgrößten Erdgas- und die drittgrößten Erdölvorkommen der Welt. Teheran hat zudem immer wieder damit gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren, eine wichtige Öltransportroute an der Südspitze des Landes. Stark steigende Ölpreise würden die Inflation in Deutschland anfachen, die Verbraucher spürbar Kaufkraft gekostet hat. Fallende Energiepreise waren ein maßgeblicher Grund dafür, dass sich die Teuerung normalisiert hat und im Mai bei einer Rate von 2,1 Prozent lag.

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    Atomares Wettrüsten

    Während der Krieg zwischen Israel und Iran in die zweite Woche geht, ringt die internationale Gemeinschaft weiter um das iranische Atomprogramm. Deutschland, Frankreich und Großbritannien verhandeln seit Jahren mit dem Land im sogenannten E3-Format. Die Hoffnung, dass Teheran von seinen nuklearen Plänen abrückt, war groß. Doch viele Experten gehen davon aus, dass der Iran seine Pläne nun erst recht mit Hochdruck vorantreiben wird – so hat er ein Druckmittel in der Hand. Zwar schafft es Israel mit seinen Bomben, die Atompläne erst einmal zu verzögern, doch stoppen lassen wird sich der Iran wohl nicht. „Selbst wenn Fordo außer Betrieb ist, wird das Nuklearprogramm überleben. Die sensibelsten Teile werden bereits versteckt“, sagt Israels Ex-Premier Ehud Barak dem Spiegel. Fordo ist eine unterirdische Einrichtung zur Urananreicherung. Sollte Teheran tatsächlich in den Besitz von Atomwaffen gelangen, könnte das zu einem nuklearen Wettrüsten im Nahen Osten führen, weitere Staaten könnten nach eigenen Kernwaffen streben. Davor warnte zuletzt das Friedensforschungsinstitut Sipri. Dabei ist die weltweite Zahl der Atomwaffen in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesunken – zu Spitzenzeiten des Kalten Krieges lag sie mehr als fünfmal so hoch wie heute. „Die Ära der Verringerung der weltweiten Atomwaffenzahl, die seit dem Ende des Kalten Krieges andauerte, geht zu Ende“, stellt der Sipri-Experte Hans Kristensen fest. „Stattdessen beobachten wir einen klaren Trend hin zu wachsenden Atomwaffenarsenalen, verschärfter nuklearer Rhetorik und der Aufkündigung von Rüstungskontrollabkommen.“ (mit dpa)

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    3 Kommentare
    Aurel von Naso

    Eine „Distinguishing Policy“ ist wichtig und diese erfordert Dialog. Wenn man nur die eine Seite eines Blattes sieht und die andere Seite des Blattes missachtet, wird man nicht allen religiösen Überlieferungen und historischen Ereignissen gerecht. Ein Diskurskonzept wird nicht aufgezeigt; dementgegen steht auch die zionistische Ausdehnungs- Politik Israels, welche die Siedlungspolitik im Westjordanland forciert, ebenso wie das Festhalten am Status des annektierten Ostjerusalems und der strategisch wichtigen Golanhöhen. Die Politik in dem von Israel 1968 besetzten Gazastreifen zeigt, wer wie Israel die anderen diskriminiert, im Schach hält und bekämpft, der schafft keinen multilateralen Konsens für Frieden erntet Terror und setzt kein Land in der muslimischen Welt, wie Iran -Schach Matt, sondern schürt weitere Eskalation.

    Willi Dietrich

    Marianne Böhm, Ihr Kommentar ist gutgläubig bis naiv. Der Leitartikel von Thomas Seibert und Margit Hufnagel dagegen ist realistisch und informativ.

    Marianne Böhm

    Netanjahu würde am liebsten die Iranischen Regierung eliminieren.. einige davon sind ja schon getötet worden.. und ob das iranische Volk damit Einverstanden sein wird, glaube ich nicht. Ansonsten wird sie das selbe Schicksal wie die Palästinenser treffen. Der Nahe Osten wird ein leicht explodierendes menschliches Pulverfass bleiben und keiner darf da eine Sonderstellung einnehmen und damit auch noch zündeln.! Inzwischen ist es bei uns auch so.. den einen nimmt die Rechte und gibt sie den anderen, aus Sozialen, Mitmenschlichen usw. Gründen.. und dort nutzt man es aus, weil keiner damit umgehen kann, weil man es nicht kennt.. Wer hat eine Atombombe.. beide Israel und der Iran.. so etwas in den Händen, deren Gesinnung auf puren Hass und Töten aus ist sehr gefährlich. Wer hat sich so etwas wie Atombomben ausgedacht.. der Teufel persönlich und egal wer eine hat gehört bestraft. Wieviel Welten kann man damit zerstören und wer wird der erste sein der Mensch und Natur damit auslöscht..

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