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Sondierungsgespräche: Union und SPD machen Weg für Milliardenkredite frei

Sondierungsgespräche

Union und SPD machen Weg für Milliardenkredite frei

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    Nach drei Sondierungsterminen steht eine Einigung in Finanzfragen. Damit ist ein wichtiger Schritt in den Sondierungsgesprächen für eine schwarz-rote Koalition getan. 
    Nach drei Sondierungsterminen steht eine Einigung in Finanzfragen. Damit ist ein wichtiger Schritt in den Sondierungsgesprächen für eine schwarz-rote Koalition getan.  Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Union und SPD wollen künftig milliardenschwere Kredite in Verteidigung und Infrastruktur möglich machen. Damit ist ein wichtiger Schritt in den Sondierungsgesprächen für eine schwarz-rote Koalition getan. „Es überschlagen sich die politischen Ereignisse in der Welt“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag-Abend. Man müsse schnell zu Lösungen kommen, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas zu stärken. Dafür seien Investitionen nötig. „Die dulden spätestens nach den jüngsten Entscheidungen der amerikanischen Regierung keinen Aufschub mehr“, sagte Merz. Für die Verteidigung müsse gelten: „Whatever it takes“.

    Konkret wird das so aussehen: Für Investitionen in die Verteidigung soll die Schuldenbremse gelockert werden. Bisher ist im Grundgesetz geregelt, dass die Aufnahme von Schulden pro Jahr im Normalfall nicht die Grenze von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung überschreiten darf. 

    Schuldenbremse soll auch für die Länder gelockert werden

    Gleichzeitig sollen auch Investitionen in die Infrastruktur ermöglicht werden. Dafür wollen Union und SPD ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro schaffen, das für zehn Jahre gilt. Anders als die Ausnahme von der Schuldenbremse ist ein Sondervermögen sowohl zeitlich als auch im Volumen begrenzt. Auf Investitionen in die Infrastruktur hatte vor allem die SPD gepocht.

    Darüber hinaus verkündeten Union und SPD am Abend noch einen dritten Schritt: Die Schuldenbremse soll auch für die Bundesländer gelockert werden. Auf Länderebene würde dann die gleiche Regelung wie im Bund gelten, also die Schwelle von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. 

    Union und SPD können diese Vorhaben allerdings nicht alleine umsetzen. Der Grund: Dafür muss das Grundgesetz geändert werden. Die Fraktionen benötigen also eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Und da wird es kompliziert. Denn im neu gewählten Bundestag, der sich Ende März konstituiert, haben AfD und Linke eine Sperrminorität. Sie könnten die Beschlüsse also blockieren. Deshalb wollen Union und SPD die Beschlüsse schon in der kommenden Woche zur Abstimmung stellen. Allerdings bräuchten sie auch da die Stimmen von Grünen oder der FDP.

    Es ist noch nicht lange her, da sperrte sich die Union gegen eine Reform der Schuldenbremse

    FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte zu den Plänen von Union und SPD: „Wenn es um die Stärkung der Bundeswehr geht, ist die FDP zweifelsfrei weiterhin ein verlässlicher Partner.“ In einem Statement gegenüber der Augsburger Allgemeinen übte er aber auch Kritik: „Friedrich Merz fängt aber so an, wie Angela Merkel aufgehört hat, und macht rot-grüne Träume wahr: Statt notwendiger Reformen soll mit Geld für nahezu alles die Schuldenbremse de facto abgeschafft werden. Damit bricht die Union auch ein zentrales Wahlversprechen zulasten der jungen Generation.“

    Die Grünen hatten zuvor bereits Kritik an einem solchen Vorhaben geäußert. „Merz hat sich an die Macht gelogen“, schrieb Partei-Chefin Franziska Brantner am Dienstag auf der Plattform X. Die Union hatte in den Wochen und Monaten vor der Wahl neue Schulden strikt abgelehnt, während Grüne und SPD schon länger für eine Reform der Schuldenbremse plädierten. „Die CDU steht zur Schuldenbremse, ohne Wenn und Aber“, sagte beispielsweise CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann noch im November. Nun räumte Friedrich Merz am Dienstag-Abend ein, dass die Infrastruktur verbessert werden müsse, damit Deutschland auf einen Wachstumskurs zurückkomme. „Die notwendigen Mittel dazu können nicht allein aus den laufenden Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden finanziert werden“, sagte Merz am Dienstagabend.

    Kritik am Vorgehen der Union äußerte vor der Ankündigung von Parteichef Merz auch die Linke. Parteichefin Ines Schwerdtner sagte bei einer Pressekonferenz, man werde prüfen, ob eine Klage vor dem Verfassungsgericht möglich ist, „weil das ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte wäre.“ Allein wegen der Höhe des Betrags sei eine Prüfung angebracht. Schon am Wochenende hatte die Partei angekündigt: „Die Linke wird einer Aufhebung der Schuldenbremse im Bundestag zustimmen, Taschenspielertricks wie Sondervermögen finden wir falsch.“ Vor allem Investitionen in die Rüstung lehnte die Partei in der Vergangenheit ab.

    Fraglich ist aber, ob eine Klage Erfolg hätte. „In der Bundesrepublik Deutschland ist eine Grundgesetzänderung durch den Alt-Bundestag politisch nicht erprobt“, schreibt der Verfassungsrechtler Gregor Laudage in einem Beitrag für den Verfassungsblog. Er kommt zum Schluss: Es entspreche zwar nicht den demokratischen Gepflogenheiten, nach der Wahl noch weitreichende Entscheidungen zu treffen. „Verfassungsrechtlich ist das allerdings nicht zu beanstanden“, erklärte er. Außerdem ist nicht ausgemacht, dass es überhaupt zu einer Prüfung kommt. Um ein entsprechendes Verfahren anzustoßen, müssten mindestens ein Viertel der Abgeordneten zustimmen. Dafür bräuchten Linke und Grüne die AfD als Mehrheitsbeschaffer. Das erscheint unwahrscheinlich.

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    8 Kommentare
    Helmut Eimiller

    „Merz hat sich an die Macht gelogen“, treffender als Franziska Brantner kann man es wirklich nicht formulieren. Aber mindestens genauso stört mich das nach oben unbegrenzte Risiko bei den Verteidigungsausgaben. („Die Verteidigungsausgaben sollten ab einer Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung von der Schuldenbremse ausgenommen werden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz nach Sondierungen mit der SPD.“ – Keine Versicherung würde ein nach oben unbegrenztes Risiko eingehen, aber die Verhandlungsführer Merz und Klingbeil scheinen in diesen Dingen total unbedarft zu sein, vermutlich fehlt hier sogar der gesamten Sondierungsrunde das Erfahrungswissen).

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    Peter Zimmermann

    Wenn die beiden Parteien mit solch großen Summen in so kurzer Zeit jonglieren sagt mir das eher etwas über die derzeitige Weltlage aus. Der Gong war offenbar lauter als er in der unbedarften Bevölkerung bisher angekommen ist. Wie sich die Dinge entwickeln und ob man richtig handelt wird man als Otto-Normal erst später erfahren., oder besser gesagt vor vollendete Tatsachen gestellt, genaugenommen auch unsere Politik. An diese Produktion von Tatsachen sind derzeit mehr die 3 Großmächte beteiligt wie wir hier in Europa, wir können nur, und hoffentlich richtig, reagieren. Krisen haben zudem eine Eigenart es lässt sich kaum vorhersehen wie sie sich am Ende wirklich entwickeln.

    Helmut Eimiller

    Ich habe wirklich an den „Politikwechsel“ (Wahlversprechen der Union) geglaubt. Wenn ich nämlich der Meinung wäre, ein mächtiger Staat sollte mit mächtigen Budgets all unsere Probleme lösen, dann hätte ich die Partei des noch amtierenden Wirtschaftsministers gewählt. Auch in der SPD herrscht da eine ähnliche Grundeinstellung vor. („Die Staatsgläubigkeit nimmt bedenkliche Formen an“, schrieb das Handelsblatt bereits 2021 und im Mai 2024 berichtete die Welt über „Die erstaunliche Staatsgläubigkeit deutscher Konzernchefs“). Gestern bei „maischberger“ ging es um deutsche Führung und Robin Alexander stand in seiner Abwägung den Vorhaben mit Sondervermögen und Abänderung der Schuldenbremse positiv gegenüber. Für mich haben jedoch seine negativen Punkte mehr Gewicht („wird Inflation auslösen, wird Deutschland als Anker der Eurozone gefährden“). Abgeschaltet habe ich dann aber, als Anna Lehmann von der taz sagte, „zu 90 % hat sich die SPD durchgesetzt“.

    Kunhilde Weinl

    Mir scheint die Rezessionsgefahr ist größer als bisher gedacht. Die neuen Vermögenshaushalte stellen ein gigantisches Konjunkturprogramm dar. Investitionen in die Infrastruktur finde ich richtig. Langfristig wird es jedoch für den einfachen Sparer teuer. Steigende Schulden bedeuten steigende Inflation. Eine Aussage die Friedrich Merz schon 2022 sagte.

    Michael Müller

    Wir haben just in diesem Moment, 00:07 Uhr am 05. März 2025 sage und schreibe 2.529 Milliarden Euro Schulden! Das ist kein Schreibfehler. Es sind tatsächlich 2.529.395.000.000,- Euro. Und jede einzelne Sekunde, werden es über 2.700,-EUR mehr. Wenn wir noch mehr Schulden aufnehmen, gibt es nichts mehr was wir verteidigen könnten. Quelle: https://steuerzahler.de/aktion-position/staatsverschuldung/staatsverschuldung/?L=0

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    Helmut Eimiller

    „Die Zahlen zur deutschen Staatsverschuldung sind zunehmend unvollständig, weil sie die auf Deutschland entfallenden Verpflichtungen für wachsende EU-Schulden ausblenden.“ (vgl. ZEW policy brief Nr. 24-05 // 2024; Intransparente EU-Verschuldung: Deutschlands Anteil liegt bei 262 Milliarden Euro) Bei einer gesamtschuldnerischen Haftung besteht m. E. für Deutschland zudem die Gefahr, für die gesamten EU-Schulden einstehen zu müssen (wohl über 1 Bio. Euro). Und dann gibt es noch das Streitthema, ob der Target-Saldo von ebenfalls über 1 Bio. Euro in der Bilanz der Bundesbank werthaltig ist.

    Klaus Axmacher

    Erstaunlich ist die Geschwindigkeit mit der Donald Trump seine Wahlversprechen umsetzt. Noch erstaunlicher aber ist die Geschwindigkeit mit der Friedrich Merz seine Wahlversprechungen bricht.

    Marianne Böhm

    Man kann es nennen wie man will.. Deutschland wie Europa steht mit dem Rücken zur Wand.. da wird es keine andere Alternative geben um den tiefen Fall der EU, Deutschlands aufzuhalten, als Geld in die Hand zu nehmen. Nachdem sich die Situation radikal verändert hat.. mit Trumps Ankündigungen und seinen tatsächlichen Umsetzen, denn er tut was er verspricht. In Europa des Kaisers neue Kleider in der modernen Auflage.. mit Trump als das Schneiderlein.! Deutschland muss wieder zurück zu Made in Germany.. und zu Politikern die wissen was sie tun. Für Selenskyj ist Amerika immer noch die bessere Wahl, der sichere Partner als die europäischen Schwätzer. EU muss aufpassen und darf sich mit Amerika wegen der Ukraine nicht zerstreiten, Trump weiß wie man mit Selenskyj umgehen muss, der hat in ihm seinen Meister gefunden. In einen halben Jahr ist Frieden in der Ukraine, mit den Bedingungen der USA. Und die Europäer bezahlen die Zeche, vor allen darf die Ukraine vorerst nicht in EU, Nato..

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