Wahlrechtsreform passiert Bundesrat – CSU kündigt Verfassungsklage an
Die Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages kann in Kraft treten. Der Bundesrat hat das Vorhaben passieren lassen. Markus Söder kündigte eine Klage an.
Der Bundesrat hat die umstrittene Wahlrechtsreform passieren lassen. In der Länderkammer gab es am Freitag in Berlin keine Mehrheit für den Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit kann das im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Vorhaben zwar in Kraft treten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte aber eine Klage des Freistaats vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dagegen an.
Das Vorhaben sei politisch falsch, verfassungswidrig und spalte Deutschland. "Ganze Regionen werden benachteiligt und ausgegrenzt", sagte Söder im Bundesrat. Kritik kam auch von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Er nannte das Gesetz "schlecht" und "falsch". Es schade der parlamentarischen und generell der Demokratie.
Der Bundestag soll mit der Reform verkleinert werden
Mit der Reform soll die Zahl der Abgeordneten im momentan auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag auf 630 begrenzt werden. Erreicht werden soll das durch die Abschaffung der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate und der sogenannten Grundmandatsklausel.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Erststimmen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Um das Kräfteverhältnis der Parteien nach Zweitstimmen wiederherzustellen, wurden diese Überhänge bisher mit Ausgleichsmandaten aufgefüllt. Das hat den Bundestag immer größer gemacht.
Linke und CSU profitierten bei vergangenen Wahlen von der Grundmandatsklausel
Kommt es künftig dazu, dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, soll laut Wahlrechtsreform bei den Direktkandidaten von hinten weggekürzt werden: Diejenigen mit dem schwächsten Ergebnis bekommen keinen Sitz im Bundestag mehr, damit entfiele anschließend das Auffüllen mit Ausgleichsmandaten, um das Kräfteverhältnis wieder herzustellen.
Abgeschafft werden soll außerdem die sogenannte Grundmandatsklausel. Die ermöglicht es bisher Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzuziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde landen, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Die CSU kam 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern. CSU und CDU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft.
Der Bundestag hatte die Reform Mitte März mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen unter scharfem Protest von Union und Linken beschlossen. (dpa)
Die Diskussion ist geschlossen.
Mach doch Maggus - ist ja nicht so, als ob die CSU nicht lang genug Zeit gehabt hätte, den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts zur Reform des Wahlrechts selbst umzusetzen...aber dagegen sein ist ja auch viel leichter, als selber mal was umsetzen!
Die CSU ist für Sie wohl immer schuld oder selbst schuld.
Tatsächlich ist es aber schon so, dass meist ausreichende Begründungen für die Änderungen beim Bundeswahlgesetz fehlen. Den dumm gehaltenen Bürger können dann über das Warum nur spekulieren. – Beispiel: Warum muss die bisherige Normgröße von 598 Abgeordneten jetzt auf 630 erhöht werden?
Nur sollte man auch dabei die Fakten nicht ganz außer Acht lassen:
1. Für die Änderung des Bundeswahlgesetzes ist eine Voraussetzung, hierfür die Mehrheit im Bundestag zu erzielen. Seit der Deutschen Einheit liegt der Sitzanteil der CSU im Bundestag weit unter 10 Prozent. (2013 hatte die CSU zwar ein sehr gutes Ergebnis, aber auch nur 56 von 631 Sitzen.)
2. Das Bundesverfassungsgericht sah eine kritische Grenze bei mehr als 15 „ausgleichslosen“ Überhangmandaten.
Zu 2. stellt sich die Frage, warum in der Vergangenheit die CSU bei diesem Richterspruch dem Ausgleich von „proporzwidrigen“ Überhangmandaten unterhalb dieser kritischen Grenze zustimmen konnte. In Kenntnis der ÖDP-Meinung zur aktuellen Neufassung des Bundeswahlgesetzes vermute ich, es wird wohl auch damals den Parteien in erster Linie darum gegangen sein, dass es für die Berufspolitiker möglichst viele Posten gibt. Und dass die Politik beim Interessensausgleich sehr kreativ sein kann, wurde ja schon bei der Maut offenkundig, als der linke MP aus Thüringen dafür sorgte, dass die Sache vom Bundesrat nicht verzögert wurde.
(Quellen: https://www.oedp.de/aktuelles/pressemitteilungen/newsdetails/news/geplantes-bundeswahlgesetz-ist-verfassungswidrig
BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012 - 2 BvF 3/11 -, Rn. 142-144, http://www.bverfg.de/e/fs20120725_2bvf000311.html)