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Wirtschaftsexperten kritisieren das Schuldenpaket von Union und SPD

Koalitionsverhandlungen

Wirtschaftsexperten kritisieren das Schuldenpaket von Union und SPD

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    Die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes würde gewaltige Sprünge machen, wenn das von Union und SPD beschlossene Kreditpaket tatsächlich käme.
    Die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes würde gewaltige Sprünge machen, wenn das von Union und SPD beschlossene Kreditpaket tatsächlich käme. Foto: Imago Images

    Das von CDU/CSU und SPD geplante Schuldenprogramm stößt auf schwere Bedenken namhafter Wirtschaftsfachleute. Der Chef des Münchner Ifo-Institutes, Clemens Fuest, sein Vorgänger Hans-Werner Sinn und der Außenhandelsexperte Gabriel Felbermayr warnten vor erheblichen Nebenwirkungen des hunderte Milliarden Euro schweren Finanzpakets auf Pump. Es bestehe die Gefahr, „dass die Schulden zwei Dinge auslösen: Preisdruck und höhere Zinsen“, sagte Felbermayr am Dienstag in Berlin auf einem Podium des Verbands der Familienunternehmer. „Die deutsche Schuldenbremse war ein Stabilitätsanker für die ganze Eurozone“, erklärte der Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung mit Blick auf die gestiegenen Zinskosten der Euro-Länder, seit Union und SPD ihren Milliarden-Deal verkündet haben. 

    An gleicher Stelle mahnte Sinn, dass die durch die enormen Kredite entstehende Inflation vor allem die kleinen Leute und Sparer treffen werde. Und Fuest betonte: „Nur Schulden bringen es nicht.“ Der amtierende Ifo-Präsident dürfte sich fühlen wie der Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr kontrollieren zu vermag. Fuest gehörte einer Gruppe von Ökonomen an, die zu Beginn der Sondierungen von CDU/CSU und SPD beiden Seiten empfahlen, deutlich mehr Schulden zu machen. Die Wirtschaftsprofessoren schlugen zwei weitere Sondervermögen für Militär und Infrastruktur (Straßen, Schienen, Brücken) vor.

    Pläne von Union und SPD: Kein Limit für die Aufrüstung

    In den schwarz-roten Gesprächen blieb davon nur der Sondertopf für die Infrastruktur übrig. Für die Aufrüstung der Bundeswehr soll es hingegen kein finanzielles Limit nach oben geben. Wenn das so kommt, ergibt sich für die nächste Bundesregierung die Möglichkeit, bisher für die Streitkräfte reservierte Gelder für Wahlversprechen einzusetzen, wie zum Beispiel eine höhere Pendlerpauschale, die Ausweitung der Mütterrente oder die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie. Denn das für die Truppe benötigte Geld soll am Finanzmarkt geliehen werden. „Wir haben betont, das darf nicht zu einem Verschiebebahnhof führen. Das ist leider geschehen“, beklagte Fuest.

    Möglicherweise zieht der Geldregen aber an Union und Sozialdemokraten vorbei. Um die Kredite aufnehmen zu können, muss die Schuldenbremse des Grundgesetzes gelockert werden. Dafür wird die Unterstützung der Grünen benötigt. „Wer eine Zustimmung möchte, muss jetzt verhandeln“, forderte Parteichef Felix Banaszak im Gespräch mit dem Fernsehsender N-TV. Der Einigungsdruck liege bei Sozialdemokraten und Konservativen. Die Grünen verlangen unter anderem mehr Geld für den Klimaschutz und die Abwehr von Cyberangriffen.

    Hoch ist der Druck vor allem, weil wenig Raum für Verhandlungen zur Verfügung steht. Die Verfassungsänderung soll noch der alte Bundestag beschließen, weil im frisch gewählten Parlament die erstarkten Fraktionen von AfD und Linken genau das verhindern könnten. Dafür haben Union und SPD noch die laufende und die nächste Woche Zeit. AfD und Linke wollen mit Eilklagen vor dem Bundesverfassungsgericht erreichen, dass das Ende Februar gewählte Parlament früher zusammentritt. Damit wäre der Plan der beiden Parteivorsitzenden von CDU und SPD, Friedrich Merz und Lars Klingbeil, hinfällig.

    Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio hat unterdessen dem Argument von AfD und Linken widersprochen, wonach eine derart weitreichende Verfassungsänderung nicht vom abgewählten Bundestag verabschiedet werden dürfe. „Ich würde sagen, das kann der alte Bundestag tun“, meinte der frühere Verfassungsrichter. Darüber bestehe Einigkeit in der juristischen Literatur. Di Fabio rechnet nicht damit, dass das Verfassungsgericht den Beschwerden stattgeben wird.

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    5 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Vor einigen Tagen klang das noch ganz anders - oder waren die Information hier in der AZ nicht ganz korrekt. Auch ich vertrat und vertrete immer noch die Meinung, daß dieses gesamte Schuldenpaket sich eher zu einem finanziellen Desaster als zu einer Erfolgsgeschichte entwickeln wird. Hängt natürlich letztendlich von der noch nicht bekannten exakten Ausgestaltung ab. Aber "whatever it takes" ist keine Finanzplanung.

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    Helmut Eimiller

    Dieses "whatever it takes" soll meines Erachtens nur die Konzeptlosigkeit kaschieren. (Und wenn nun ein uferloses Schuldenmachen die Lösung ist, dann muss sich die Union schon den Vorwurf gefallen lassen, wieso hat man das zu Ampelzeiten verteufelt und Deutschland damit Zeit geraubt.)

    Wolfgang Boeldt

    Konzeptlosigkeit - damit haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen.

    Johann Storr

    „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ passt hier nicht, sondern für Schwarz Rot liegt die Lüge der Union inne. Für die erforderlichen Milliarden sind Trump und Putin verantwortlich. Aber dass Milliarden für Infrastruktur fehlen, war schon vor der Wahl offensichtlich. Die Gefahr der Inflation usw. kann schon bestehen, aber soll man die Brücken usw. einstürzen lassen und dann später neu bauen? Das kostet der nachfolgenden Generation wesentlich mehr Geld. Auch wenn zukünftig weniger Geld für Flüchtlingen ausgegeben werden sollte, reicht das eingesparte Geld bei weitem nicht für den erforderlich Bedarf. Zudem sollen ja zukünftig auch Rentner mit einer geringen Rente (Mütterrente) mehr unterstützt werden und vieles andere mehr, um die Zufriedenheit zu verbessern, damit wir nicht wie vor 100 Jahren eine Faschistenregierung bekommen.

    Wolfgang Schwank

    Na ja, zumindest bei Rheinmetall knallen die Sektkorken. Die Aktie erreicht heute ungeahnte Höhen, die Dividende wird ebenfalls erhöht. Aufrüstung, Kriegsertücktigung - all das wird immer mehr zum Maßstab der Politik. Die Rüstungsindustrie freut's, an jedem Toten, ob in der Ukraine, in Gaza, im Jemen oder sonstwo, wird kräftig verdient.

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