Mitte März läuft sich auch im milden Irland der Frühling erst langsam warm, und doch ist es so grün wie nie: Zum sprießenden Rasen in den Parks und ersten zartgrünen Blättern an den Sträuchern kommen auf den Straßen der Hauptstadt Dublin grüne Klamotten, grüne Brillen, Menschen mit grünen Haaren oder grünen Hüten. So manches Haus ist grün angestrahlt oder mit grünen Fahnen geschmückt und auch die Souvenirstände an den Straßenecken und viele Läden haben ihr Sortiment fast vollständig auf Grün umgestellt. Ob Geschirrtuch oder Kaffeebecher, Ohrring oder Haarshampoo: alles grün. Der St. Patrick's Day steht bevor und damit auch die riesige Parade durch die Innenstadt und Irlands größte Party mit Hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt.
Schon vor dem Feiertag für den Nationalheiligen vibriert die Luft in der Stadt. Tribünen entlang der Straßen werden aufgebaut und der Verkehr umgelenkt. Anderswo wären Autofahrer und Fußgänger vielleicht genervt von den Hindernissen, in Dublin sind sie einfach Vorboten des großen Tages und können die Vorfreude nicht stoppen.

In den Pubs der Stadt feiert sich das internationale Partyvolk schon mal warm. Nicht nur im berühmten Viertel „Temple Bar“ wird es schon am späten Nachmittag eng vor und in den Kneipen.
Gäste aus Amerika erfüllen sich mit dem Besuch in Dublin einen Wunschtraum
Viele Amerikaner sind da und auch einige Kanadier haben die weite Anreise auf sich genommen. Peter ist zum Beispiel aus New York, wo ja der St. Patrick‘s Day auch mit einer riesigen Parade gefeiert wird. Den Tag quasi „am Originalschauplatz“ zu erleben, ist für ihn wie für viele andere ein Traum, den er sich jetzt erfüllen will.
„Zuhause gehe ich nie auf die St.-Patricks-Parade“, sagt er. „Die ist ja nur noch für Touristen.“ Nun aber ist er selbst einer, steht mit einem Pint Guinness in der Hand in einem überfüllten Irish Pub und schwärmt davon, wie authentisch sich all das anfühlt.
Und irgendwie hat er recht, denn die enge Kneipe ist innen wie außen dekorativ verrottet, vergilbte Bilder, Postkarten und Zeitungsartikel schmücken die Wände. Das Publikum ist zwischen 18 und 80 Jahren alt und die Männer hinterm dunklen Holztresen sehen aus, als hätte man sie eigens für diesen Job gecastet. Sie sind cool, zapfen mit größter Routine und haben trotz Stress und Überfüllung immer noch einen Scherz parat. Als dann spontan in einer Ecke auch noch ein paar Menschen anfangen zu singen und zu musizieren, ist das einerseits die volle Ladung Klischee und andererseits – nun ja – ziemlich authentisch eben.

Der St. Patrick‘s Day selbst beginnt für Zuschauer und Teilnehmer der Parade früh. Die einen wollen sich rechtzeitig einen guten Platz am Straßenrand sichern, die anderen schlüpfen in teils aufwändige Kostüme und bringen die großen Festwagen in Position. Zum dominanten Grün auf den Straßen kommen Weiß und Orange hinzu, denn überall sind plötzlich auch irische Nationalflaggen zu sehen. Schon bevor sich die Parade in Bewegung setzt, ist die Stimmung an den Straßen bestens. Es wird gejubelt, gelacht und gesungen.
Der Bürgermeister von Dublin führt die Parade zum St.-Patrick’s-Day an
In einer prächtig vergoldeten Kutsche führt der Bürgermeister von Dublin die Parade an, die am Vormittag beginnt. Mit goldenem Bischofsstab ist auch St. Patrick selbst ganz vorne mit dabei. Der Nationalheilige war es, der vor über 1500 Jahren das Christentum nach Irland gebracht hat. Mithilfe eines dreiblättrigen Kleeblattes soll er den Iren damals die Heilige Dreifaltigkeit erklärt haben und das hat offenbar nachhaltige Wirkung gezeigt. Das Kleeblatt ist noch immer allgegenwärtig in Irland und kleine Sträuße aus Klee zieren am St. Patrick‘s Day das Revers vieler Offizieller. Immer wieder zu sehen sind auch die Schlangen, die der Heilige Patrick der Legende nach aus Irland vertrieben haben soll. Biologen sind zwar der Meinung, dass es auf der Insel nie wirklich Schlangen gegeben hat, aber die Legende ist ja trotzdem schön.

Die kunterbunte Parade zieht weiter durch die Dubliner Innenstadt und der Jubel im Publikum wird immer lauter, wenn die Musikgruppen und Themenwagen aus den einzelnen Dubliner Stadtteilen ihren großen Auftritt haben und sich auch Feuerwehren, Charity-Vereine und das Rote Kreuz präsentieren. Zwar führt der Zug vorbei an den großen Sehenswürdigkeiten und prächtigen Gebäuden der irischen Hauptstadt, aber wer braucht schon riesige Säulenportale oder Stadtpaläste, wenn doch Tausende kostümierte und musizierende Menschen zusammen eine ganz besondere Attraktion sind.

Gierige Möwen, die Passanten das Essen stehlen, werden bei der großen Parade zum Thema und riesige Meereskreaturen, die aus Metallschrott zusammengeschweißt wurden, machen auf die Verschmutzung der Ozeane aufmerksam. Von der tanzenden Straßenlaterne bis zum grün-lilafarbenen Marsmännchen mit Flügeln und Fühlern ist alles geboten. Urzeitmonster und Sambatänzerinnen wechseln sich mit einer riesigen „WOW“-Sprechblase und glitzernden Gewitterwolken ab.
Teilnehmer und Besucher feuern sich bei der Parade gegenseitig an
Mit Sprechchören und Gesängen feuern sich Teilnehmer und Gäste gegenseitig an. Jubel und Applaus sind so laut, dass die Musik der vielen amerikanischen Marching Bands manchmal fast untergeht. Auffallend viele Highschools aus den USA marschieren mit großen Delegationen bei der Parade mit. Angeführt von zuckersüß lächelnden Cheerleaderinnen und Fahnenschwingern im Paillettenkostüm ziehen die Blasmusikgruppen aus verschiedenen US-Bundesstaaten an den Schaulustigen vorbei und selbst die großen Sousaphone wippen im Takt.

Für die Iren ist „Paddie‘s Day“ offenbar vor allem Familiensache. Viele Kinder und Jugendliche laufen bei der Parade mit und auch im Publikum sind überall Familien mit begeisterten Kindern zu sehen. Schon die Kleinsten winken mit kleinen Fähnchen aus dem Babybuggy und die größeren Mädels und Jungs strahlen wie unterm Weihnachtsbaum. Daneben stehen ziemlich entspannt die Eltern oder Großeltern und freuen sich fast genauso sehr wie der Nachwuchs. Denn auch wenn es eng und voll ist am Rande der Parade, so geht es doch freundlich und locker zu. Gute Laune statt Gedrängel. Auffällig sind viele im Publikum, ausfällig wird fast niemand.

Das könnte auch daran liegen, dass bei der St. Patrick‘s Parade Alkoholverbot auch fürs Publikum herrscht. Wer die Parade anschauen will, bleibt trocken. Gefeiert wird erst hinterher in den Pubs. Dort fließt das Guinness dann in Strömen, und hier und da wippt auch noch ein Sousaphon, allerdings nicht mehr unbedingt im Takt.
Während die Gäste aus Übersee die Erfüllung ihres Traums begießen, sind die irischen Familien dann meist längst schon wieder auf dem Heimweg. Und so kehrt der Alltag nach der Parade erstaunlich schnell wieder in Dublin ein. Schon am späten Nachmittag sind die Geschäfte in der Fußgängerzone wieder geöffnet und wären da nicht das grüne Konfetti, liegengelassene grüne Hüte und Brillen, könnte man denken, es wäre ein Tag wie jeder andere auf der grünen Insel, die manchmal eben auch knallgrün ist.
Unser Autor recherchierte auf Einladung von Tourism Ireland
Kurz informiert
Anreise: Von den Flughäfen in München und Memmingen bieten verschiedene Airlines Flüge nach Dublin an.
Wohnen: Rund um den St.-Patrick‘s-Day wird es voll in Dublin und die Hotelpreise ziehen deutlich an. Obwohl die Auswahl an Unterkünften groß ist, empfiehlt es sich, rechtzeitig zu buchen.
Informieren: Auf der Homepage www.ireland.com gibt es viel Wissenswertes über Irland. Speziell um den St.-Patrick‘s-Day geht es auf der Seite https://stpatricksfestival.ie dort können auch Tickets für die verschiedenen Zuschauertribünen in der Stadt gebucht werden. Doch die große Parade lässt sich auch ohne Eintrittskarte erleben. Wer einen guten Platz erwischen will, sollte allerdings rechtzeitig vor Ort sein.
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