Die Gemengelage war schwierig. Nicht, weil der FC Augsburg das Heimspiel gegen Bayer Leverkusen durch einen Treffer in der Nachspielzeit 0:1 verloren hatte. Vielmehr führten andere Faktoren dazu, dass die Situation eskalierte und ein justiziables Nachspiel hatte. Fans aus der Ultrabewegung des Fußball-Bundesligisten hatten sich im Januar 2024 eine gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei geliefert. Während die einen bedrängten, schubsten, mit Fäusten schlugen und mit Füßen traten, wehrten sich die anderen unter anderem mit Schlagstöcken. Mehrere Verfahren sind seitdem anhängig, diesmal mussten sich eine 26-Jährige und ein 20-Jähriger vor Gericht verantworten.
Nach dem Spiel hatte ein Fan versucht, erneut ins Stadion zu gelangen. Was mancher nicht weiß: Wer die Arena verlässt, hat trotz Ticket kein Recht auf Rückkehr. Der Fan verschaffte sich Zutritt, indem er einen Ordner beiseite stieß. Polizisten hielten den Mann daraufhin fest, legten ihm Handfesseln an und führten ihn zur Gefangenensammelstelle auf dem Gelände, um seine Identität festzustellen. Die Szene ereignete sich in der Nähe der sogenannten „Fancorner“. Dort, hinter der Ulrich-Biesinger-Tribüne, befindet sich unter anderem ein Container, in dem die aktive Fanszene Fahnen und Choreographien aufbewahrt.
Fananwältin Martina Sulzberger berichtet von Abkommen zwischen Fans und Polizei
Martina Sulzberger, die Verteidigerin der 26-Jährigen und engagierte Fananwältin, gab Einblicke in die Ultraszene, um Richterin Kathrin Schmid Hintergründe zu erklären. Sulzberger war an besagtem Tag selbst vor Ort und versuchte zu schlichten. Jahrelang hätte es ein stilles Abkommen zwischen der Polizei und den Ultras gegeben, so Sulzberger. Der Bereich rund um die Fancorner sei „polizeifrei“ gewesen. „Wenn die Polizei da ist, wird diskutiert, warum sie da ist. Weil sie eigentlich nicht da sein soll“, so beschrieb es Sulzberger. Nach Vorfällen im Jahr 2023 änderte die Einsatzleitung ihre Vorgehensweise und verstärkte ihre Präsenz. Der harte Fankern verstand dies als Provokation. Seitdem mehren sich die Konfrontationen. Sulzberger betonte, die Polizei hätte mit dem gefesselten Fan, der ebenfalls der Ultraszene angehörte, nicht den Weg nahe der Fancorner nehmen müssen. Der sachbearbeitende Polizist, der als Zeuge aussagte, entgegnete: „Wir müssen hier heute nicht über Polizeitaktik diskutieren.“
Die Reaktion der Ultras ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten. Schnell hatten knapp 40 Gesinnungsgenossen die numerisch unterlegenen Polizisten und deren Gefangenen eingekesselt. Der Mob bedrängte und bedrohte die Beamten. An vorderster Front agierten die Beschuldigten. Einen Faustschlag der 26-Jährigen wehrte ein Polizist ab, später schlugen und traten die Angeklagten in Richtung der Polizeibeamten. Die Geschädigten erlitten keine Verletzungen, klagten aber über Schmerzen. Unter anderem war ein Beamter am Oberschenkel getroffen worden.
Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt
Dass die beiden Angeklagten keine Schläger oder Hooligans sind, wurde im Gerichtsverfahren klar. Die beiden Studierenden zeigten sich geständig. „Ich möchte mich entschuldigen“, sagte die Frau. „Ich kann mir nicht erklären, warum ich das getan habe. Es tut mir leid, das ist nicht meine Art, mit Konflikten umzugehen.“ Die 26-Jährige, die Mitglied der Ultragruppierung „Legio Augusta“ ist, wollte dies nicht als Rechtfertigung verstanden wissen, gab aber Einblicke in ihre Gefühlswelt. Wenige Tage vor dem Spiel war der ehemalige Fanbeauftragte Alexander Edin gestorben. Die Ultras hatten eine kleine Gedenkstätte eingerichtet, mit einem Bild und Kerzen. Womöglich fühlten sie sich in ihrer Trauer gestört.
Nicht in die Legio integriert, aber Teil der Ultraszene ist der Angeklagte. Auch er zeigte sich reuig und verwies auf die besondere Gefühlslage. „Ich war in diesem Moment emotional fehlgeleitet“, betonte er. „Ich möchte mich entschuldigen und schäme mich dafür. Ich habe kurz nach der Tat realisiert, dass das ein großer Fehler war.“ Einer, der nicht folgenlos blieb. Richterin Schmid verurteilte die Angeklagten wegen Landfriedensbruch, versuchter gefährlicher Körperverletzung und tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Die 26-Jährige, wegen unerlaubten Graffitis gering vorbestraft, erhielt nach Erwachsenenstrafrecht eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung; der 20-jährige erhielt nach Jugendstrafrecht eine Strafe in Höhe von 80 Arbeitsstunden in einem Sozialprojekt und fünf Beratungsgesprächen im Fanprojekt. Zusätzlich erhielten beide Verurteilten ein sechsmonatiges Stadionverbot. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
"Fancorner" = rechtsfreie Zone? Was bilden sich die Ultras eigentlich ein?
Welche Zugeständnisse werden hier eigentlich an die sogenannten Fans gemacht? Warum wird nicht hart gegen Störer und Straftäter vorgegangen? Warum nicht?
Bei solchen "Zugeständnissen" und deren Folgen braucht man sich nicht wundern, wenn dann andernorts Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehr und andere Helfer genötigt und angegriffen werden. Hier sind hartes Durchgreifen, wie empfindliche und nachhaltige strafen dringend nötig. Einen volljährigen (20) bei einem Angriff auf Polizeibeamte nach Jugendstrafrecht zu verurteilen, ist ein Witz und in meinen Augen eine Beleidigung/Missachtung für die im Einsatz befindlichen Beamten.
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