Die Problematik um den Eiskanal, die traditionsreiche Augsburger Kanu-Olympiastrecke von 1972, ist zwar im Bayerischen Landtag angekommen, die Dringlichkeit, sich klar zur Sportstätte zu bekennen und aktiv nach Lösungen zu suchen, wird dort bisher aber nicht gesehen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um den Augsburger Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer hatte im Sportausschuss des Landtages einen Antrag eingereicht, in dem die Staatsregierung aufgefordert wurde, sich mit dem Eiskanal und den dortigen Trainingsbedingungen bei zunehmenden Niedrigwasserlagen zu befassen. Außerdem sollte Auskunft gegeben werden über mögliche bauliche Weiterentwicklungen im Hinblick auf eine bayerische Olympiabewerbung. Der Antrag wurde ebenso wie ein Antrag der SPD zum gleichen Thema abgelehnt.
Seit Monaten beschäftigt die Zukunft des Eiskanals besonders die Augsburger Bevölkerung. Seit Kanuslalom-Bundestrainer Klaus Pohlen angesichts der Wasserknappheit im April davon sprach, dass die traditionsreiche Sportstätte womöglich nicht zukunftsfähig sei und gegebenenfalls zugemacht werden müsse, ist das Thema aber auch überregional in den Blickpunkt gerückt. Pohlens Äußerungen hatten für Entrüstung und Irritation gesorgt – bei den Sportlerinnen und Sportlern im Leistungs- wie im Breitensport ebenso wie in der Politik. Die Stadt Augsburg um Oberbürgermeisterin Eva Weber hatte umgehend eine Pressemeldung verschickt, in der sich die Stadt klar zur Sportstätte bekennt. Der Eiskanal werde weiter beste Wettkampf- und Trainingsbedingungen bieten, hieß es dort.
Austragung der Kanuslalom-WM 2022 war wegen Trockenheit gefährdet
Allerdings gab es gerade im trockenen April einige Wochen, in denen die Aktiven um das Wasser im Kanal bangen mussten. Denn wenn die Messpegel in der Stadt zu tief fallen, darf die Olympiastrecke nicht aus dem Lech geflutet werden. Deshalb stand die nationale Qualifikation im Kanuslalom und im Kajak Cross auf der Kippe. Die Organisatoren hatten sich schon Alternativstrecken über den alten oberen Abschnitt des Olympiakanals und die Jugendstrecke überlegt, dann war in letzter Minute doch die Genehmigung gekommen, den Eiskanal fluten zu dürfen. Keine optimalen Voraussetzungen allerdings für die Sportlerinnen und Sportler, die im Vorfeld keine Trainingsmöglichkeiten auf der Wettkampfstrecke hatten. Noch unangenehmer könnte die Lage bei hochklassigen internationalen Wettkämpfen werden, etwa beim Weltcupfinale vom 5. bis 7. September in Augsburg. Schon bei der Kanuslalom-Weltmeisterschaft 2022 am Eiskanal konnten nach ungewöhnlich langer Trockenheit nur bauliche Eingriffe in der Jugendstrecke die Durchführung der Wettkämpfe sichern.
Anträge zum Eiskanal von den bayerischen Grünen und der SPD
Deshalb ist offensichtlich, dass im Hinblick auf den Klimawandel am Eiskanal neue Wege gesucht werden müssen, um die Zukunft der Sportstätte zu sichern. Das forderte in München die Grünen-Fraktion mit ihrem Antrag. „Insbesondere im Hinblick auf die Interessenbekundung Münchens und Bayerns um eine Austragung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele und angesichts der kostspieligen Sanierungen vor wenigen Jahren darf die Zukunft des Augsburger Eiskanals nicht länger infrage gestellt werden. Bund, Land und Stadt sind aufgerufen, sich zum Standort zu bekennen und langfristig beste Trainings- und Wettkampfbedingungen für die Athletinnen und Athleten zu ermöglichen – auch bei Niedrigwasser“, hieß es dort. Die SPD-Fraktion hatte mit ihrem Antrag das Thema auch aufgegriffen und dabei besonders nach baulichen Maßnahmen gefragt.
Grünen-Politiker Max Deisenhofer fordert klares Bekenntnis zum Eiskanal
Im bayerischen Sportausschuss wurde hingegen kein Grund zur Diskussion gesehen. Die Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler lehnten die Anträge ab. Die Begründung: Für das Projekt seien bisher keine Förderanträge eingereicht worden. Für Max Deisenhofer ist das jedoch nicht entscheidend. Vornehmlich geht es ihm und seiner Fraktion darum, dass die Bayerische Staatsregierung ein klares und öffentliches Bekenntnis für die Sportstätte ablege. Schließlich sollen bei einem Zuschlag in den Jahren 2036 oder später in Augsburg olympische Kanuwettkämpfe stattfinden. „Für den Sport in Bayern und in Augsburg müssen wir diese Anlage erhalten. Wir haben mit unserem Antrag eine Brücke gebaut und man hätte im Landtag schon über das Thema diskutieren können“, so Deisenhofer. Er hofft, dass durch die Oppositionsanträge aufseiten der Regierungsfraktionen zumindest nun die Dringlichkeit für das Thema bewusst gemacht wurde. „Ich hätte auch nichts dagegen, wenn Innenminister Herrmann und Oberbürgermeisterin Weber sich demnächst mal dazu treffen würden“, sagt der Grünen-Politiker mit einem Augenzwinkern.
Die Augsburger FDP reagierte auf die Ablehnung der Anträge im bayerischen Sportausschuss mit Sorge. Die Weigerung der Regierungsfraktionen, sich klar für einen Erhalt des Eiskanals durch den Freistaat auszusprechen, sei aus Sicht der FDP ein deutliches Warnzeichen. „Augsburg braucht Planungssicherheit hinsichtlich einer finanziellen Unterstützung des Freistaats“, betont Ralf Neugschwendner, Kreisvorsitzender der FDP Augsburg. Wer sich ernsthaft mit einer Olympiabewerbung für München und Bayern befasse, dürfe eine weltweit anerkannte Sportstätte wie den Eiskanal nicht aufs Spiel setzen.
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