Die Reaktion der umstehenden Spieler sprach Bände: Wer sehen konnte, in welchem Winkel der Knöchel von Jamal Musiala vom Rest des Beines abstand, verbarg sein Gesicht hinter den Händen. Passiert war es kurz vor der Halbzeit des Viertelfinalspiels des FC Bayern gegen Paris St. Germain, das die Münchner am Ende 0:2 verlieren sollten. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte hatte der Ex-Frankfurter Willian Pacho beim Stand von 0:0 zuerst gegen Musiala geblockt. Der Bayern-Profi setzte nach, sprintete zum Ball – und traf auf PSG-Keeper Gianluigi Donnarumma. Der Italiener räumte zwar den Ball, aber eben auch Musiala ab. Zugleich war der Schlussmann des Champions-League-Siegers auch einer der Ersten, die das Ausmaß der Verletzung von Musiala gesehen haben dürften. Das Bild, wie sich der 1,97 Meter große Donnarumma die riesigen Handschuhe vor das Gesicht hält, zeigten jedem Zuschauer, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Verletzung handeln dürfte.
Musiala wurde lange am Spielfeldrand behandelt und noch während der Partie in ein Krankenhaus gebracht. Am Sonntag gab es für den FC Bayern traurige Gewissheit. Wie der Klub mitteilte, brach sich Musiala das Wadenbein, zudem lautet die Diagnose auf Verrenkung des Sprunggelenks. Von einer langen Pause ist die Rede. Dass der Nationalspieler in diesem Kalenderjahr nochmals Fußball spielen würde – daran dürften selbst die größten Optimisten auch ohne eine medizinische Expertise keine großen Hoffnungen verschwendet haben. Musiala wurde bereits von Orlando nach München geflogen, wo er zeitnah operiert werden soll.
Sportvorstand Max Eberl über Musiala-Verletzung: „Ein Schock“
Beim FC Bayern machten sich nach dem Ausscheiden im Viertelfinale der Klub-WM Frust und Ärger breit. „Ein Schock“ sei die Verletzung, sagte Sportvorstand Max Eberl. „Jeder weiß, wie immens wichtig Jamal für unser Spiel ist und was für eine zentrale Rolle er für unser Team hat.“ Der Zorn traf in erster Linie Donnarumma, der mit seinem überharten Einsteigen die Verletzung verursacht hatte. Sportvorstand Max Eberl sagte angesichts des fast zwei Meter großen Schlussmannes: „Wenn ich mit 100 Kilo im Sprint auf den Unterschenkel draufspringe, ist die Gefahr groß, dass was passiert.“ Absicht wolle er dem Italiener nicht unterstellen, sehr wohl aber eine gewisse Rücksichtslosigkeit: „Das war schon in einer Intensität, die ein Risiko beinhaltet.“
Donnarummas Gegenüber im Münchner Tor, Manuel Neuer kritisierte ebenfalls die Risikofreudigkeit dieser Aktion und stellte ihm zudem noch schlechte Stilnoten aus: „Ich bin zu ihm hingegangen und habe gesagt: ‘Willst du nicht mal hingehen? Jamal liegt da, wird sehr wahrscheinlich im Krankenhaus bleiben.‘ Aus Respekt gehört sich das.“ Letztlich sei Donnarumma dem Vorschlag gefolgt. „Ob man ihm das abnimmt, muss jeder selbst entscheiden“, so Neuer. Eine Nachricht ließ der Italiener nach Spielende über Instagram folgen. Auf dem sozialen Netzwerk schrieb er: „Alle meine Gebete und guten Wünsche sind bei dir, Jamal Musiala.“
Ob das die Bayern beschwichtigen dürfte, ist fraglich. Denn mit Musiala wird einer der wichtigsten Profis im Bayern-Kader monatelang fehlen. Dass der Schock über die Verletzung schon in der Pause eine Rolle gespielt habe, bekräftigte Thomas Müller bei DAZN: „Du versuchst die Gedanken aufs Spiel zu lenken, hast aber gerade auch in der Halbzeit die Momente, wo du dich schwertust, bei der Sache zu bleiben. Es ist ja nicht so, dass wir wie Roboter nebeneinander leben, sondern wir haben auch persönliche Beziehungen. Wir wünschen Jamal eine gute Besserung.“
Zweimal trafen die Bayern – und standen dabei jeweils im Abseits
Rein sportlich fehlte für die Bayern lange Zeit nicht viel. Gegen Paris waren sie meist auf Augenhöhe und profitierten von einem glänzend aufgelegten Neuer, der immer wieder die Chancen der Pariser Offensive entschärfte. Zweimal glaubten die Bayern sogar kurzzeitig daran, die Führung erzielt zu haben. Dayot Upamecano hatte kurz vor der Verletzung den Ball per Kopf ins PSG-Tor gewuchtet (45.+2), stand dabei aber ebenso klar im Abseits wie Harry Kane (87.), dessen vermeintlicher Ausgleichstreffer annulliert wurde. Letztlich besorgten Desiré Doué (78.) und Ousmane Dembélé (90.+6) die Treffer für PSG, das am Mittwoch nun auf Real Madrid treffen wird.
Für Eberl steigt nach dem Musiala-Schock nochmals der Druck, Neuzugänge für die ohnehin ausgedünnte Offensive zu holen. Problem dabei: Dass die Bayern nun noch händeringender als zuvor schon auf der Suche nach neuen Akteuren sind, ist in der Branche bekannt – und lässt die Preise für etwaige Neuzugänge nochmals steigen.
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