Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Airbus Helicopters-Chef Thomé im Interview: „Tragen in Donauwörth zur Verteidigung und Abschreckung bei“

Airbus Helicopters

„Wir tragen in Donauwörth zur Verteidigung und Abschreckung bei“

    • |
    • |
    • |
    Bei Airbus Helicopters schaut man genau auf die Aufrüstungsvorhaben in Europa.
    Bei Airbus Helicopters schaut man genau auf die Aufrüstungsvorhaben in Europa. Foto: Wolfgang Widemann (Archivbild)

    Herr Thomé, die deutsche Wirtschaft befindet sich im dritten Jahr in der Krise. Wie geht es Airbus Helicopters und dem großen Donauwörther Standort?

    Stefan Thomé: Der Donauwörther Standort wird kräftig ausgebaut. Bei Airbus Helicopters brummt es. Überall stehen Baukräne, Stapler fahren über das Werksgelände. Wir bauen neue Hallen.

    Sie müssen ein glücklicher Deutschland-Chef des deutsch-französischen Hubschrauber-Bauers sein?

    Thomé: Wir stellen hier in Donauwörth keine gewöhnlichen Produkte her, sondern Helikopter, die gerade als Rettungs-Hubschrauber, ob bei Anbietern wie dem ADAC, der DRF-Luftrettung oder Bergrettern, Menschenleben retten. Dazu könnte ich eine Anekdote erzählen.

    Nur zu.

    Thomé: Der Zeitplan unserer drei Kinder ist im jugendlichen Alter in der Ära von Tiktok, Instagram & Co. bestens gefüllt. Meine Frau und ich haben unlängst an einem Sonntagabend Fernsehen geschaut, wie das Menschen in unserem Alter so tun. Ich bin schließlich 53 Jahre alt. So wählten wir in der ARD-Mediathek eine Folge aus der Serie „In größter Not. Bergretter im Einsatz“ aus.

    In der Serie sind immer wieder Hubschrauber von Airbus Helicopters zu sehen.

    Thomé: Was mich natürlich fasziniert. Diese Serie ist so fesselnd, dass sich ein Kind nach dem anderen zu meiner Frau und mir vor den Fernseher gesellt hat, wie es sonst nicht ihre Gewohnheit ist. Das Bergrettungs-Thema hat uns vor dem Fernseher vereint. Es war fast wie ein Wunder, die Kinder freiwillig von Tiktok und dergleichen wegzubekommen. Das zeigte mir, wie faszinierend unsere Arbeit hier bei Airbus Helicopters ist. Um zur Frage zurückzukommen: Ja, ich bin ein glücklicher Mensch.

    Dazu trägt sicher bei, dass Airbus Helicopters zur Überraschung vieler im März angekündigt hat, einen neuen zivilen Hubschrauber vom Typ H140 in Donauwörth zu bauen, der vor allem für Rettungsdienste, also auch für Bergwacht-Einheiten, gedacht ist. Die Nachfrage ist hoch.

    Thomé: Die Nachfrage ist sehr hoch. So etwas haben wir noch nie erlebt. Wir waren überwältigt von der begeisterten Reaktion der Kunden. Die Konkurrenz war entsetzt. Obwohl wir den Helikopter noch weiterentwickeln und ab 2028 ausliefern, haben wir schon 74 Kauf-Zusagen, darunter befinden sich neben dem ADAC und der österreichischen Luftrettung ÖAMTC auch amerikanische Luftretter. Es macht mich natürlich auch glücklich, dass unsere Strategie aufgegangen ist, diesen Hubschrauber, der einmal wesentlich in Donauwörth gebaut wird, nach den Bedürfnissen der Kunden auszulegen. Wir haben den Kunden lange intensiv zugehört und auf dieser Basis den neuen Helikopter entworfen.

    Was haben Kunden dazu gesagt?

    Thomé: Viele Kunden reagierten verblüfft, dass wir genau das gemacht haben, was sie angeregt hatten: Sie finden die von ihnen gewünschte größere wie auch durchgängig gestaltete Kabine wieder und freuen sich, dass wir ihren Wunsch, die Geräusch-Belastung zu senken, erfüllt haben.

    Airbus Helicopters wird demnach in Donauwörth noch mehr Hubschrauber produzieren.

    Thomé: Ja, wir werden mehr Hubschrauber in Donauwörth herstellen, zumal auch das größere Modell H145, unser Bestseller aus Donauwörth, weiter stark nachgefragt wird, ob von Polizeistaffeln, Rettungsdiensten oder militärischen Kunden.

    Warum boomt das Hubschrauber-Geschäft, während die deutsche Autoindustrie überwiegend in die Krise gefahren ist?

    Thomé: Für den Hubschrauber-Boom gibt es vor allem drei Gründe: Erstens haben wir eine schon vor der Corona-Pandemie bestehende Krise überwunden: Damals bestellten Firmen aus der Öl- und Gasindustrie, die mit Hubschraubern Personal und Material auf Förderplattformen auf das offene Meer fliegen, deutlich weniger Helikopter. Den für uns wichtigen Unternehmen geht es wieder besser. Sie bestellen wieder kräftig bei uns.

    Und warum geht es der Helikopter-Industrie besser als europäischen Autoherstellern?

    Thomé: Anders als die Autoindustrie stecken wir als Branche nicht in einer umwälzenden Transformation, also der Elektrifizierung. Die Leistungen der Batterien reichen bei weitem noch nicht aus, um im Hubschrauber-Bereich auf Elektro-Antrieb umzustellen. Und anders als die Autoindustrie haben wir deshalb keine chinesische Elektro-Konkurrenz. Und wir profitieren zweitens generell davon, dass die Wirtschaft in vielen Teilen der Welt wächst und Helikopter gefragt sind.

    Was ist der dritte Grund für den Hubschrauber-Boom?

    Thomé: Der dritte Grund liegt im starken Wachstum im militärischen Bereich, seit Russland die Ukraine überfallen hat. Wir sehen also eine hohe Nachfrage im zivilen wie im militärischen Markt, wobei sich unser Umsatz in etwa je zur Hälfte auf beide Bereiche verteilt.

    Airbus Helicopters hat bereits von der Bundesregierung den festen Großauftrag für 62 militärische Mehrzweck-Hubschrauber vom Typ H145 M bekommen. 20 weitere könnten hinzukommen. Rechnen Sie mit einer Nachbestellung der in Donauwörth produzierten Maschinen?

    Thomé: Airbus Helicopters steht bereit, auch 20 weitere Maschinen zeitnah zu liefern.

    Die neue Bundesregierung will massiv aufrüsten.

    Thomé: Dazu möchte ich etwas Grundsätzliches anmerken: Wenn wir in Deutschland überlegen, wie stark wir aufrüsten sollen, müssen wir Russland als Anhaltspunkt für diese Diskussionen nehmen, ob wir unsere Verteidigungsausgaben von rund zwei auf dreieinhalb oder gar fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Russland hat auf Kriegswirtschaft umgestellt und baut erhebliche militärische Potenziale auf.

    Was folgt daraus für Deutschland und Europa?

    Thomé: Wir müssen gegen Russland im europäischen Verbund und innerhalb der Nato dagegenhalten, um insgesamt verteidigungstüchtig zu werden. Die Zeit eilt. Solche Überlegungen kommen in der Diskussion zu kurz. Wir tragen mit unseren in Donauwörth gefertigten Hubschraubern jedenfalls zur Verteidigungsfähigkeit und zur Abschreckung bei, gerade mit dem Kampfhubschrauber Tiger oder dem NH90 Sea Tiger, der für die U-Boot-Jagd ausgelegt ist.

    Deutschland hat 31 Maschinen des Typs NH90 Sea Tiger bestellt.

    Thomé: Wir liefern ab der zweiten Hälfte dieses Jahres den Sea Tiger an die deutsche Marine aus. Der NH90 Sea Tiger ist der weltweit führende Hubschrauber, um U-Boote zu jagen. Davon wird die Bundeswehr gerade in der Ostsee profitieren.

    Wie funktioniert die Jagd auf U-Boote mit dem NH90 Sea Tiger?

    Thomé: Mit dem NH90 Sea Tiger können Sonar-Bojen ins Wasser abgeworfen werden. So kann die Unterwasserwelt überwacht und Ziele können mit Torpedos bekämpft werden. Die Torpedos werden vom NH90 Sea Tiger etwa auf U-Boote abgeschossen. Viele Länder interessieren sich für die Anschaffung dieses Hubschraubers wie auch für unseren militärischen Mehrzweck-Helikopter H145M.

    Da muss nur noch die Bundesregierung mitspielen. In der Ampel-Koalition hatten die Grünen oft gemauert, wenn es um Ausfuhr-Erlaubnisse für Rüstungsgüter ging.

    Thomé: Regelungen im Koalitionsvertrag und Äußerungen von Vertretern der neuen Koalition stimmen uns zuversichtlich, dass wir leichter als zu Zeiten der Ampel-Regierung Ausfuhr-Genehmigungen für unsere militärischen Hubschrauber bekommen. Wir sehen hier einen Politikwechsel. In der Vergangenheit haben wir unter einer zu strikten Ausfuhrkontrolle für militärische Hubschrauber gelitten.

    Gefragt sind derzeit aber vor allem Drohnen. Wie will Airbus Helicopters von der stark wachsenden Nachfrage nach militärischen Drohnen profitieren? Können sie Kampfhubschrauber wie den Tiger aus Donauwörther Produktion ersetzen?

    Thomé: Ich sehe Drohnen nicht als Bedrohung für militärische Hubschrauber, sondern als Ergänzung. Deshalb befähigen wir all unsere Hubschrauber, mit Drohnen jeder Art und jedes Herstellers kooperieren zu können. Wir haben außerdem unsere eigenen Drohnen im Angebot: Flexrotor und VSR700. Drohnen werden Hubschrauber nicht ersetzen.

    Wirklich?

    Thomé: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Drohne, also ein unbemanntes Flugobjekt, komplizierte Bergrettungs-Einsätze fliegt, bei denen mehrere Bergretter in einem unbekannten Gebiet im Gebirge abgesetzt werden. Was Kampfhubschrauber betrifft, ist es denkbar, dass Raketen und eben nicht Drohnen Kampfhubschrauber zum Teil ersetzen. Aber das ist eine reine Spekulation.

    Keine Spekulation ist, dass Sie daran arbeiten, gängige Hubschrauber unbemannt betreiben zu können. Wie weit ist Airbus Helicopters hier?

    Thomé: Auf dem Feld der unbemannten Hubschrauber arbeiten wir in Amerika mit dem United States Marine Corps zusammen. Hier nehmen wir in den USA an einem Wettbewerb teil. Wir versetzen unsere Helikopter vom Typ H145 in die Lage, Güter für die Soldaten ohne Piloten zu transportieren. Die Entwicklungsarbeiten dafür finden auch in Donauwörth statt. Wenn wir den Auftrag in den USA gewinnen sollten, werden die Hubschrauber in Donauwörth vor- und in den USA endmontiert.

    Bauen Sie in Donauwörth eine Drohnen-Produktion auf?

    Thomé: Wir werden in Donauwörth keine Fertigung für kleine Drohnen aufbauen. Hier sind wir mit unseren Hubschraubern mehr als ausgelastet. Donauwörth wird kein Drohnen-Werk. Das Werk bleibt ein Hubschrauber-Standort, zumal die neue Variante des H145 nach meiner Definition ein unbemannter Helikopter und keine Drohne ist.

    Bauen Sie die Beschäftigung in Donauwörth weiter aus?

    Thomé: Derzeit beschäftigen wir in Donauwörth 7875 Frauen und Männer. Wir stellen weiter ein.

    Wann sind es 8000 Beschäftigte?

    Thomé: Bald. Wir wachsen weiter und sind auf der Suche nach qualifizierten Beschäftigten.

    Zur Person: Stefan Thomé, 53, ist Geschäftsführer von Airbus Helicopters in Deutschland. Der Luftfahrtmanager verantwortet zudem im Vorstand des europäischen Hubschrauberherstellers den Bereich Programme.

    Stefan Thomé ist Deutschland-Chef des deutsch-französischen Hubschrauber-Herstelles Airbus Helicopters.
    Stefan Thomé ist Deutschland-Chef des deutsch-französischen Hubschrauber-Herstelles Airbus Helicopters. Foto: Cara-Irina Wagner
    Diskutieren Sie mit
    1 Kommentar
    Franz Wagner

    Tiktok ist bei uns geblockt. Youtube Shorts auch. Diese Art Unterhaltung verblödet! Da kommt dann die "lange" Aufmerksamkeitsspanne Jugendlicher her. Alles was du ihnen nicht in 6 Sekunden erklären kannst verstehen sie nicht...

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden