Während sich die politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse weltweit verschieben, gibt sich Porsche-Chef Oliver Blume betont trotzig. Bei der Bilanzpressekonferenz des Sportwagenbauers ruft er am Mittwoch in Stuttgart beschwörend in Bezug auf den Autobauer aus: „There is no substitute!“ Auf Deutsch: „Es gibt nichts Vergleichbares!“ Das werde für den Sportwagenbauer so bleiben, egal, wie sich die Welt um ihn verändere, schickt der Manager hinterher, als wolle er sich selbst anfeuern, all die Porsche-Probleme zu lösen. Dabei leidet das lange von Erfolg zu Erfolg geraste Unternehmen unter fünf großen Problemen. Bei der Beschreibung der Baustellen war Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, behilflich. Und diese Themen machen den Stuttgartern zu schaffen:
Der Sportwagenbauer setzt in China weniger Autos ab.
Das vergangene Jahr war ernüchternd für die Porsche-Verkäufer in China, denn es konnten nur noch 56.887 Autos an Kunden ausgeliefert werden. Das entspricht einem Rückgang von 28 Prozent gegenüber 2023. Auch Luxus-Anbieter wie die Deutschen leiden unter den Auswirkungen der Immobilienkrise in dem Land. Menschen haben sich dort verkalkuliert. Selbst vermögende Chinesinnen und Chinesen treten auf die Ausgabenbremse. So mancher verkneift sich den Kauf eines Porsches und greift zu heimischen Elektroflitzern wie dem Xiaomi SU7, der laut ADAC mit 28.000 bis 40.000 Euro in China nicht einmal halb so viel wie ein vergleichbares Porsche-Modell kostet.
Ausgerechnet ein Smartphone-Hersteller macht mit seiner China-Rakete, die wie eine Kreuzung eines Porsche Taycan und eines Tesla Model S aussieht, den Stuttgartern Konkurrenz. Der Xiaomi SU7 wird in einer ADAC-Analyse gar als „Porsche-Killer“ tituliert. Firmen-Lenker Blume führt die Schwierigkeiten des Unternehmens in dem asiatischen Land auf „strukturelle Marktveränderungen“ zurück. Dabei rechnete sich Porsche aus, in China kräftig, gerade mit E-Autos zu wachsen. Der Manager lässt aber durchblicken, mit langfristigen Folgen des stärkeren Wettbewerbs in China auf den dortigen Porsche-Absatz zu rechnen. Wegen der heftigen Rückschläge in dem Land musste wohl auch Vertriebsvorstand Detlev von Platen gehen.
Porsche-Finanzchef Lutz Meschke nahm ebenfalls seinen Hut, wenn auch aus anderen Gründen. In Stuttgarter Kreisen wird gemunkelt, der sehr selbstbewusste Mann habe versucht, Blume den Porsche-Chefsessel streitig zu machen. Den Machtkampf hat der Herausforderer verloren. Auf alle Fälle muss die Firma versuchen, in China zumindest ihre jetzigen Absatzzahlen zu verteidigen. Dabei könnte die Strategie von Blume helfen, noch intensiver als bisher auf Kundenwünsche einzugehen und jedem seinen Sportwagen nach Maß zu verkaufen, also Träume gegen entsprechenden Aufpreis zu erfüllen. Für den Unternehmens-Chef geht „Wert vor Volumen“. Wenn etwa chinesische Käufer im Schnitt mehr für ihren Porsche ausgeben, würden leichte Absatzrückgänge nicht so schmerzen.
Porsche muss vor Trump zittern.
Falls Donald Trump seine Zoll-Drohungen gegen Autobauer der Europäischen Union umsetzt, hat Porsche ein Mega-Problem. Denn 2024 verkaufte das Unternehmen 86.541 Autos in Nordamerika als größte Vertriebsregion. Das kam einem Plus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr gleich. Der US-Präsident hatte, was die Auto-Zölle betrifft, gegrollt: „Es werden 25 Prozent sein, allgemein gesprochen, und zwar für Autos und alle anderen Dinge.“ Seine bizarre Erklärung lautet: „Die EU ist gegründet worden, um die USA über den Tisch zu ziehen.“ Das kommt einer Art Kriegserklärung an europäische Autobauer wie Porsche gleich. Bratzel, der einer der führenden europäischen Auto-Experten ist, sagt unserer Redaktion dazu: „Porsche kann, um mögliche Zölle zu umgehen, in den USA keinen eigenen Standort eröffnen. Dazu sind die Stückzahlen zu gering.“ Deswegen müsste der Fahrzeughersteller mögliche Zölle auf die aus Europa in die USA importierten Autos draufschlagen, was wegen höherer Preise US-Kunden vom Kauf eines Porsches abhalten könnte. Das Unternehmen hätte neben einem China- auch ein US-Problem.
Verzögerte Einführung der E-Mobilität setzt Porsche zu.
Ursprünglich hatte sich Porsche zum Ziel gesetzt, im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent vollelektrische Sportwagen auszuliefern. Blume sagt jetzt: „Das ist nicht mehr realistisch.“ Der Hochlauf an E-Autos passe nicht zur Marktentwicklung. Porsche muss sich in Ländern wie Deutschland anpassen und einstweilen mehr Verbrenner und Hybride anbieten. Dabei werde die Firma das Modell Macan nach Auslaufen der gleichnamigen Verbrenner-Modelle weltweit ausschließlich vollelektrisch verkaufen. Blume macht deutlich: „Bei Bedarf passen wir die Produkt-Strategie flexibel an.“ Was heißt das? Der Sportwagenhersteller denkt im SUV-Segment über eine eigenständige Modellreihe mit Verbrennungs- und Hybrid-Antrieb nach. Kurzum: Porsche steuert um, weil sich die E-Mobilität in wichtigen Märkten wie Deutschland langsamer durchsetzt. Das kostet Geld.
Porsche hat auf hohem Niveau ein Margen-Problem.
Von einem Premium- und Luxus-Autohersteller erwarten Finanzanalysten Umsatzrenditen von 20 Prozent und mehr. Das haben sich die Stuttgarter vorgenommen, gönnen sich aber wegen der beschriebenen negativen Faktoren mehr Zeit, um das Ziel langfristig zu erreichen. Denn für das vergangene Jahr lag die Kennziffer bei 14,1 Prozent, was für Blume „zu wenig“ ist, waren es 2023 doch standesgemäße 18 Prozent. Wie sehr Porsche zu kämpfen hat, verdeutlicht der Ausblick des neuen Finanzvorstands Jochen Breckner. Er rechnet für das Geschäftsjahr 2025 mit einer operativen Umsatzrendite von nur zehn bis zwölf Prozent, also mit Magerkost. Für Bratzel sind die fetten Zeiten für die deutschen Premium-Hersteller vorbei. Dieses Jahr und die nächsten beiden Jahre würden für den VW-Konzern, zu dem Porsche gehört, schwierig werden. Das lässt sich schon an der Bilanz des Sportwagenbauers für 2024 ablesen: Das Ergebnis nach Steuern brach von rund 5,16 (2023) auf etwa 3,60 Milliarden Euro im vergangenen Jahr ein. Dennoch will das Unternehmen unverändert eine Dividende von 2,30 Euro je Stamm- und 2,31 Euro je Vorzugsaktie zahlen.
Selbst Porsche hat ein Kosten-Problem.
Wenn ein lange stark wachsendes Unternehmen wie Porsche auf die Kostenbremse tritt, zeigt das, wie sehr die Probleme in China und der verzögerte Hochlauf der E-Mobilität heimischen Autoherstellern zusetzen. Das Unternehmen will bis 2029 rund 1900 Arbeitsplätze in Deutschland streichen. Porsche besetzt Stellen, die frei werden, nicht mehr nach und setzt darauf, dass Mitarbeiter freiwillig gehen und sich auf Altersteilzeit und in Einzelfällen auf Aufhebungsverträge mit Abfindungen einlassen. Es kommt nicht zu betriebsbedingten Kündigungen. Weitere 2000 Jobs sollen wegfallen, wenn befristete Arbeitsverträge auslaufen. Blume deutet an, dass Management und Betriebsrat im zweiten Halbjahr über ein zusätzliches Strukturpaket reden wollen, um die Firma mittel- und langfristig noch effizienter aufzustellen. Der Autobauer spart kräftig. Die Schlaraffenland-Zeiten sind für Porsche vorbei.

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