Ein Schwergewicht in der Diätbranche gerät ins Straucheln. Ob Mutter, Nachbar oder sonstige Bekannte: Irgendwie hat jeder schon einmal mitgemacht. Weight Watchers war einst die Anlaufstelle schlechthin für Menschen, die abnehmen wollten. Gründerin Jean Nidetch sagte selbst von sich, dass sie einmal eine „fette Hausfrau“ gewesen sei, bevor sie den Ernährungsplan ihrer Klinik kopierte und ihre übergewichtigen Freundinnen zu sich nach Hause einlud. Lange Zeit war das Konzept erfolgreich, Millionen Menschen nahmen gemeinsam ab. Nun hat das amerikanische Unternehmen Insolvenz angemeldet. Wie konnte es dazu kommen?
Gegründet wurde Weight Watchers 1963 in New York. Das Prinzip ist einfach: Statt Kalorien werden Punkte gezählt. Weight Watchers berechnet basierend auf den Inhaltsstoffen für jedes Nahrungsmittel einen Score. Je ungesünder ein Essen, desto mehr Punkte. Die Teilnehmer dürfen, basierend auf Alter, Gewicht, Geschlecht und Körpergröße, täglich eine individuell berechnete Punktmenge zu sich nehmen. Die Wirksamkeit des Prinzips wurde in mehreren Studien belegt. Ein weiterer wichtiger Faktor des Erfolgs war das gemeinsame Abnehmen in der Gruppe. Regelmäßige Treffen mit anderen Weight Watchers sind fester Teil des Konzepts.
Allein in Deutschland waren mehr als 300.000 Menschen bei Weight Watchers angemeldet
Keine Crash-Diät also, dafür Gewichtsverlust durch gemeinsame, langfristige Ernährungsumstellung. 1978 kaufte die Heinz Company, die vor allem für ihren Ketchup bekannt ist, das Unternehmen, bevor es 1999 an eine Investmentfirma aus Luxemburg veräußert wurde. Lange konnten große Erfolge gefeiert werden. Ernsthafte Konkurrenz gab es keine auf dem Diät-Markt. Zu Hochzeiten waren alleine in der Bundesrepublik mehr als 300.000 Menschen angemeldet. Mit den Jahren und spätestens mit dem Aufkommen von Fitness-Influencerinnen und Influencern sowie kostenlosen Diät-Apps galt Punktezählen jedoch als altbacken. Weight Watchers wurde zur Tupperparty des Abnehmens.
Im vergangenen Jahr verließ Oprah Winfrey den Aufsichtsrat von Weight Watchers
2018 folgte schließlich die strukturelle Neuausrichtung samt Umbenennung. Fortan trat das Unternehmen unter dem Namen WW International auf. Nicht mehr allein die Gewichtsabnahme steht seither im Fokus, sondern auch die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden. Statt festgelegtem Gewichtsziel darf nun jeder selbst entscheiden, wie viel er oder sie abnehmen will.

Das wohl bekannteste Gesicht des Abnehmprogramms war die Talkshow-Moderatorin und Schauspielerin Oprah Winfrey. Neun Jahre lang saß sie im Aufsichtsrat des börsennotierten Unternehmens und besaß selbst Anteile in Millionenhöhe. Auch wenn sie lange den Erfolg des Programms pries – eigenen Angaben zufolge hatte sie durch Weight Watchers etwa 20 Kilogramm abgenommen –, ging sie schließlich den modernen, einfachen Weg. Bereits 2021 war bekannt geworden, dass Winfrey Abnehmmittel zu sich nahm. Warum sich an ein strenges Punktesystem halten und Kalorien zählen, wenn man nicht mehr muss?
Seit Jahren sind Abnehmspritzen wie Ozempic oder Wegovy im Trend
Seit einigen Jahren sind Abnehmspritzen wie Ozempic oder Wegovy im Trend. Beide basieren auf dem Wirkstoff Semaglutid, der ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt wurde. Dadurch stellt sich ein Sättigungsgefühl ein, zudem wird die Magenentleerung verlangsamt. Mehr als 15 Kilogramm Gewichtsverlust pro Jahr verspricht Ozempic. Nur eine Spritze pro Woche sei dafür nötig. Viele Prominente werben dafür. Der Hype war zwischenzeitlich so groß, dass es weltweit zu Lieferengpässen kam.
Vertrieben werden die Spritzen vom dänischen Hersteller Novo Nordisk. In Deutschland sind sie nicht frei erhältlich, können jedoch von einem Arzt bei starkem Übergewicht verschrieben werden. Mit knapp 80 Euro pro Spritze schlagen sie deutlich teurer zu Buche als die monatlichen Mitgliedsbeiträge bei Weight Watchers. Dem Erfolg tut der Preis jedoch keinen Abbruch.
An der New Yorker Börse sackte der Aktienkurs um mehr als die Hälfte ab
Nun hat Weight Watchers, welches seit 2007 an der New Yorker Börse notiert ist, Insolvenz angemeldet. Der Aktienkurs sackte nach der Ankündigung um mehr als die Hälfte auf 34 US-Cent ab. Jetzt soll eine Investorengruppe den Konzern übernehmen und innerhalb der nächsten 45 Tage umstrukturieren. Mehr als eine Milliarde Schulden sollen dabei abgeschrieben werden. Für die weltweit immer noch mehr als drei Millionen Mitglieder soll der Schritt in die Insolvenz jedoch keinerlei Folgen haben. Wie sich das Unternehmen in Zukunft aufstellen will, ist jedoch noch unklar.
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