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Foto: Angelika Warmuth, dpa
Foto: Angelika Warmuth, dpa

Schauspieler agieren während der Fotoprobe zu «Julius Caesar» von William Shakespeare auf der Bühne. Premiere des Stücks unter der Regie von Chr. Stückl ist am 1. Juli 2023 im Passionstheater.

Oberammergau
30.06.2023

Machtkampf und Tyrannenmord: "Caesar" kommt

Nach den Passionsspielen ist in Oberammergau wieder ein historischer Stoff auf der riesigen Freilichtbühne zu sehen: Shakespeares "Julius Caesar". Für Regisseur Christian Stückl passt das Stück sehr gut in die Zeit.

Machtmissbrauch, Verschwörung - und am Ende Chaos: William Shakespeares "Julius Caesar" kommt ab Samstag auf die Bühne des Passionstheaters im oberbayerischen Oberammergau. Regisseur Christian Stückl hat sich einmal mehr an einen Jahrtausende alten Stoff gewagt, der zugleich brandaktuell ist - wie vor einem Jahr das Passionsspiel um die letzten Tage im Leben Jesu.

Stückl fasst in unruhigen politischen Zeiten ein heißes Thema an: Kann Tyrannenmord eine Lösung sein? Bei Shakespeare endete der Versuch von Brutus und den Verbündeten in Krieg und Zerstörung - und bringt am Ende erneut einen Alleinherrscher hervor, Kaiser Augustus.

Auf knallroter Bühne (Stefan Hageneier) setzt Stückl diesen Shakespeare mit Laienschauspielern aus dem 5500-Seelen-Dorf in Szene. Es werde wieder ein "Sandalenstück", hatte er vor Monaten angekündigt. Doch statt leichten Schuhwerks wie im alten Rom oder im Jerusalem zur Zeit Jesu trägt Cäsar neuzeitlich geschnürte Lederschuhe, Anzug und Krawatte.

Es geht um Macht und Verrat, um die Aneignung der Staatsgewalt und den Kampf um das politische System. Die römische Republik ist am Ende, als Caesar zum Diktator wird. Das Stück um die Ermordung des Herrschers 44 vor Christus und um das Schicksal des Brutus als Anführer der Verschwörer habe hohe Aktualität, sagt Stückl. "Ich finde schon, dass dieses Stück gut in unsere Zeit hineinpasst." Er habe sich auch gegen die Sandalen entschieden, um das Werk "eher ins Heute zu ziehen". Vielfach stehe die Demokratie infrage, Despoten griffen nach der Macht. "Cäsar steht nur als einer für alle."

Die Anpassung des Shakespeare-Textes auf Grundlage einer Schlegel-Tieck-Übersetzung sei nicht einfach gewesen, sagt Stückl. "Ich hab mich hingehockt, rumgebastelt, bis er einigermaßen sprechbar ist." Der musikalische Leiter Markus Zwink komponierte die Musik.

Wie bei der Passion gibt es eindrückliche Massenszenen. 220 Oberammergauer wirken mit. Mancher habe nach dem Passionsjahr in diesem Sommer keine Zeit gehabt, sagte Stückl. "Das hat die Türen für andere geöffnet." Mancher, der zuvor in der Passion keine Text oder nur ein paar Sätze zu sagen hatte, debütiert nun in einer Hauptrolle.

Cäsar ist mit Andreas Richter mit einem erfahrenen Darsteller besetzt, er war etwa 2010 als Jesus zu sehen. Martin Schuster als Brutus war im vergangenen Jahr der Judas. Frauen-Sprechrollen sind rar, es gibt nur die Ehefrauen von Cäsar und Brutus.

Schon früher hat Stückl Shakespeare in den Passionsspielort geholt, 2012 mit "Antonius und Cleopatra" und 2014 mit dem "Sommernachtstraum". Immer wieder greift der Regisseur zu monumentalen historischen und biblischen Stoffen, beispielsweise 2011 mit "Joseph und seine Brüder" von Thomas Mann. "Ich glaube schon, dass das Haus eine bestimmte Größe verlangt." Die 42 Meter breite Bühne will gefüllt sein. Alljährlich gastiert hier aber auch das Erfolgsstück "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben" aus dem Münchner Volkstheater. "Letzhin haben wir uns gedacht: Nächstes Jahr machen wir einen Western", witzelt Stückl.

Acht Mal wollen die Oberammergauer den "Caesar" aufführen. Rund die Hälfte der rund 16.000 Karten ist bereits verkauft.

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