Vor dem zweiten Prozesstag hatte das Landgericht München I Alfons Schuhbeck und seinen Verteidigern eine Hausaufgabe gegeben: Schuhbeck soll erläutern, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet und wer die Coronahilfen „fremdüberwiesen“ hat, die der heute 76-Jährige unrechtmäßig bezogen und auf seine Unternehmen nach Gusto verteilt haben soll.
Der frühere Sternekoch, der wie schon zum Prozessauftakt im dunkelblauen Anzug erscheint, möchte selbst dazu Stellung nehmen. Er könnte sich auf wenige Sätze beschränken, doch er nutzt die Gelegenheit für einen Streifzug durch sein Leben.

Die Darstellung seiner persönlichen Verhältnisse aus dem Steuerhinterziehungs-Prozess im Jahr 2022 sei immer noch korrekt, sagt Schuhbeck – bis auf einige gravierende Ausnahmen: „Meine Kinder unterstütze ich heute nicht mehr finanziell, gesund bin ich auch nicht mehr, meinem Beruf kann ich auch nicht mehr nachgehen.“
Alfons Schuhbeck, der sich bei hunderten TV-Auftritten und als Gastgeber in seinen Restaurants einen Ruf als ausgezeichneter Menschenfischer erarbeitet hat, weiß immer noch, wie man die Leute auf seine Seite zieht – auch wenn von seiner äußeren Strahlkraft nicht mehr viel übrig ist: Er taucht ein in seine Jugend als Gitarrist einer Hobbyband, berichtet er von seiner Ausbildung zum Fernmeldetechniker in Augsburg. Er erinnert sich an seine Begegnung mit dem Restaurantbesitzer Sebastian Schuhbeck in Waging am See, der ihn adoptierte und den Weg zu seiner Kochkarriere ebnete. Er spricht von seinen Wanderjahren in verschiedene Küchen Europas.

Alfons Schuhbeck lebt von einer Rente knapp über 1000 Euro monatlich
Schuhbeck nimmt die Zuschauer im Gerichtssaal mit nach Paris, wo er einst seine Kochkenntnisse vertiefte: „Ich habe mit meinem alten Auto auf den Champs-Élysées geparkt, das war damals noch möglich“, erinnert er sich. Dann habe er die Lokale entlang der Prachtstraße „abgeklappert“. Eins nahm ihn auf. Er schildert seine Zeit beim „Jahrhundertkoch“ Eckart Witzigmann, seine Rückkehr nach Waging und seine Anfänge am Münchner Platzl. Und er erläutert, wie er sich schließlich mit allem „übernommen“ habe.
Warum er all das so ausführlich erzählt? „Um zu zeigen, wie ich meinen Aufstieg erarbeitet habe.“ Heute lebe er von einer monatlichen Rente in Höhe von 1138,76 Euro. Seine Krankenversicherung zahle sein Bruder, die Miete für seine Münchner Wohnung – stattliche 4800 Euro warm – sei im Rückstand. Er bekomme zwar finanzielle Unterstützung von Freunden. „Aber sie reicht nicht.“ Jetzt müsse er „seine persönlichen Verhältnisse neu ordnen“.

Schuhbeck erlebt gerade seine schlimmste Zeit: Er leidet an Krebs, verbüßt eine Haftstrafe über drei Jahre und zwei Monate wegen Steuerhinterziehung. Gerade ist die Haft wegen seiner medizinischen Behandlung ausgesetzt.
Und jetzt steht er auch noch wegen neuer Vorwürfe vor Gericht. Diesmal wird dem 76-Jährigen unter anderem Subventionsbetrug in 19 Fällen, Insolvenzverschleppung in neun Fällen, dazu Betrug in vier und versuchter Betrug in fünf Fällen vorgeworfen. Für neun seiner Betriebe soll Schuhbeck die notwendigen Insolvenzanträge nicht oder nicht rechtzeitig gestellt haben. Der Ex-Großunternehmer soll außerdem unrechtmäßig staatliche Coronahilfen eingestrichen und noch dazu zweckentfremdet haben.
Eine Wirtschaftsfachkraft der Staatsanwaltschaft tritt am Dienstag als Zeugin auf und schildert, wie sie für elf Unternehmen „im Schuhbeck-Imperium“ eine sogenannte Liquiditätsanalyse betrieben und die Kontobewegungen der vergangenen Jahre verglichen hatte. Oft mit dem Ergebnis, dass Gläubigerforderungen deutlich höher waren als die liquiden Mittel am Ende eines Monats. Sie berichtet auch, wie an einem Tag im Jahr 2020 eine Finanzlücke bei der „Schuhbecks Gewürze GmbH“ buchstäblich von heute auf morgen beglichen wurde - just an dem Tag, als auf dem Konto eines anderen Schuhbeck-Unternehmens eine Coronahilfe in Höhe von 30.000 Euro eingegangen war.
Der angeklagte Koch bestreitet, die Gelder jeweils selbst illegal hin und her überwiesen zu haben, bringt immer wieder einen bereits verstorbenen Steuerberater ins Spiel - ohne ihn jedoch konkret zu beschuldigen. Allerdings räumt er ein, dass er sein Einverständnis zu den Überweisungen gab.
Schuhbeck legte im Prozess ein Geständnis ab
Zum Prozessauftakt am vergangenen Mittwoch hatte er bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt. Darin erklärte er, weshalb er Insolvenzen nicht gemeldet und Coronahilfen zweckentfremdet hatte: „Ich habe meine Gesellschaften immer als einen Betrieb gesehen und die Gelder dort eingesetzt, wo sie am dringendsten gebraucht wurden.“
Der Prozess geht an diesem Mittwoch weiter. Ein Urteil ist am 14. Juli zu erwarten.

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