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Oimara und sein Hit „Wackelkontakt“: Das Partyphänomen des Jahres 2025?

Hit des Jahres

Wird der Wackler zum Dauerbrenner? Der Oimara gibt ein Konzert in Augsburg

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    Der Mann mit dem Hit des Jahres 2025? Der Oimara tritt in der Kantine in Augsburg auf.
    Der Mann mit dem Hit des Jahres 2025? Der Oimara tritt in der Kantine in Augsburg auf. Foto: Anna Kondratenko

    Ist das etwa ein ... Wackelkontakt? Die Scheinwerfer blinken. Sie flackern im Takt durch den Club und der Sänger auf der Bühne singt im Lichtgewitter: „Wackel, wackel, wackel, wackel, wackel, wackel, Wackelkontakt!“ So heißt sein Hit, der in diesen Tagen durch Charts, Bierzelte und Kneipen schwappt. Der Sänger nennt sich Oimara und beschreibt im Song sein Lebensgefühl: Manchmal fühlt er sich wie eine alte Lampe aus den 70ern. Klingt abstrakt? Klingt seltsam? Das Lied klingt gerade in Millionen Ohren.

    Das Jahr 2025 ist gerade vier Monate alt. Der Faschings-Kater ist verdampft, die Ballermann-Saison erst frisch eröffnet, das Oktoberfest noch fern – aber vielleicht hat die Partyszene schon jetzt ihren Hit des Jahres gefunden. „Wackelkontakt“: Sechs Wochen auf Platz eins der deutschen Singlecharts, an der Spitze auch in Österreich und der Schweiz, im Netz fast 70 Millionen Streams auf Spotify. Der Oimara, Typ bayerischer Bengel, staunt selbst: „Es ist komplett eskaliert“, sagte er im Promitalk „Ringlstetter“, im Bayerischen Rundfunk. „Mit sowas rechnest du nicht.“

    Ist der „Wackelkontakt“ ein Hit wie „Mambo No. 5“ und „Macarena“?

    Manchmal genügt schon ein einziger Ohrwurm, um sich auf Dauer ins Popkultur-Gedächtnis zu bohren. Lou Bega hatte seinen „Mambo No. 5“, Fools Garden ihren „Lemon tree“, dann war Stille um sie. Jetzt ist es auch wieder leise um DJ Robin und Schürze – die geistigen Väter von „Layla“, dem „Puffmama“-Schocker von 2022. Und wer kennt außer „Macarena“ einen zweiten Song von Los del Rio?

    Die Hit-Geschichte des Oimara begann aber nicht in der Großraumdisco, sondern in der Natur der Alpen. Eigentlich heißt er Benedikt Hafner, geboren 1992 am Tegernsee. Seine Eltern betreiben eine Alm, in den Bergen wächst er auf. Der Vater liebt Blues, der Sohn singt und spielt früh Gitarre für die Gäste. Seine Kochlehre im Hotel auf Mallorca schmeißt „Beni“ Hafner bald hin und träumt als Songwriter vom großen Bierzelthit. Wenn es also einen Dresscode für seine Konzerte gibt, dann Tracht.

    Dauerbrenner „Wackelkontakt“: Oimara tritt in der Augsburger Kantine auf

    Lange Schlange vor dem Club Kantine in Augsburg. Menschen in Lederhosen und Übergangsjacken, mit Bierflaschen in der Hand für den langen Weg bis zum Türsteher, und am Ende der hundert Meter stehen: drei junge Frauen im Dirndl. Gute Freundinnen. „Den Oimara hören wir seit 2024, den kannten wir sogar schon vor ‚Wackelkontakt‘“, sagt die eine, und die andere: „Wir haben ihn quasi entdeckt.“ Lautes Prusten. „Der Oimara singt deutsche Texte, das hört man heute gar nicht so oft. Und dann mischt er das auch noch mit Bayerisch. Das lässt sich leicht mitsingen.“ Dass der Oimara nur ein One-Hit-Wonder bleiben wird, schließen die Frauen aus: „Nein! Jetzt hat er doch schon den nächsten Hit, das ‚Zebrastreifenpferd‘.“

    Im Club drängen sich die Körper, aus der Masse ragt ein Tirolerhut. Der Oimara selbst ist keine spektakuläre Erscheinung, er trägt Shirt über Lederhose und frisch blondiertes Haar. Gestern noch Bierkönig auf Malle, heute Augsburg, er plaudert mit dem Publikum über den Wahnsinn des Erfolgs: „Geht‘s eich guad?“, fragt er. „Mia a“, sagt er und man kann sich gut vorstellen, dass er auch so nett mit den Kühnen auf der Alm spricht. Ein kleines Spektakel dagegen: sein „Wackelkontakt“-Songtext. Da vergleicht sich das lyrische Ich mit einer Leuchte. „Wär‘ ich ein Möbelstück, dann wär‘ ich eine Lampe aus den Siebzigern.“ Darauf folgt die Erklärung aus dem Elektrofachhandel: „I glüh gern vor, i geh gern aus, mir haut‘s die Sicherungen naus.“ Er sauge ganze Atomkraftwerke leer, mit 8000 Ampere. An dieser Stelle ein Gedankenexperiment: Würde ein Gymnasiast in einem Deutsch-Schulaufsatz – Thema: Metaphern in Lyrik – so einen Text dichten, wäre die Lehrerin gezwungen, die Bestnote zu geben. Ausgefeilte, lückenlose Metaphorik zwischen Elektrobedarf und Exzess.

    Der Oimara präsentiert neue Lieder in der Augsburger Kantine

    Das hebt sich ab vom lyrischen Niveau sonstiger Partyhymnen („Ich hab 'ne Zwiebel auf‘m Kopf, ich bin ein Döner“, „Ich hab‘ drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär“). Dem Oimara kam die Textidee auch nicht im Bierrausch, sondern als er mit seiner Freundin im Möbelhaus shoppte. Feuilletonisten der Frankfurter Allgemeinen betreiben jetzt poetologische Analyse: Sie entdecken im Text eine Referenz an Wolfgang Petry („Helle, helle, helle is‘ er ned“ statt „Hölle, Hölle, Hölle“), dann eine Ahnung von „Highway to hell“ nach AC/DC. Die Songzeilen springen dabei zwischen Bayerisch und Standarddeutsch, tauglich für Bierhallen im gesamten Sprachgebiet. Sechs Minuten lang zappelt der Club in Augsburg zum Song, wackeln alle Partygäste. Die Stimmung geht vom Vorglühen in die Dampfsauna-Phase über.

    Doch der Oimara will mehr, er präsentiert auf Tour eine EP, also ein kleines Album. Ihn begleitet eine Band samt Posaune und Trompete. Mal klingt dieser Mix nach Bierzelt, dann wie eine Kapelle vom Balkan, die den Techno für sich entdeckt. So wild wechselt auch das Textniveau: Der Oimara singt vom Suff unter Männern, bis alle nackt und verkatert am nächsten Tag erwachen. Brachial, genital, Ballermann-Potenzial. Dann spielt er aber auch mit System- und Kulturkritik: „Die Kunst an der Kunst ist, die Kunst zu vergessen und dem Mainstream nachzulaufen.“ Das Zeug zum Festzelt-Schlager hat „Das Zebrastreifenpferd“, denn: Was war zuerst da? Zebra oder Zebrastreifen? Die Suche nach Henne-Ei-Prinzip endet beim „Zebrastreifenpferdestreifenpferdestreifenpferd“. Gaga, Dada, aber familienfreundlich.

    Steht dem Songwriter Oimara eine lange Party-Karriere bevor?

    Eine Frau in der ersten Reihe trägt schon die Zebra-Mütze, als Zeichen für ihre Oimara-Liebe. Wie weit wird der Schwung den Sänger tragen? Der Hype? Die Vermarktung? Das Lied ist in der Faschingssaison explodiert, schwappt über Mallorca vielleicht noch bis zur Wiesn – „und dann wird’s zur Weihnachtsnummer“, sagt Oimara im BR-Talk und grinst. Es wäre ein seltener Erfolg in einer Zeit, in der Hits schnell verglühen, in der Tiktok-Hektik und im Youtube-Überangebot. Ein Wackelkontakt ist eigentlich ein Fehler im Stromkreis. Entsteht aus diesem Wackler eine Dauerbrenner-Karriere?

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