
Das Tauziehen um die Huber-Häuser in Dießen geht weiter

Plus Die "Huber-Häuer" in Dießen gelten für viele als Schandfleck. Jetzt geht es im Rechtsstreit zwischen der Marktgemeinde Dießen und den Erben eines Verlegers weiter.

Eine Grundstücksangelegenheit mit einer jahrzehntelangen Vorgeschichte ist in der Sitzung des Dießener Gemeinderats am Montagabend kurz angesprochen worden. Dabei geht es um die Gebäude und das Grundstück der ehemaligen Druckerei und Verlagsanstalt Huber in der Johannisstraße. Dazu gibt es in einem Rechtsstreit zwischen der Marktgemeinde und den Erben des Verlegers Herbert Fleissner ein Landgerichtsurteil.
Die Immobilie war vor Jahrzehnten von der seit 1948 bestehenden Erbengemeinschaft Huber an den seinerzeitigen Geschäftsführer Hans Zaller und dessen Ehefrau Charlotte verkauft worden. Die Firma Huber wurde an den Münchener Verleger Herbert Fleissner verkauft. Daneben trafen die Zallers und Fleissner in den frühen 1970er-Jahren eine Vereinbarung. Darin sagte das Ehepaar zu, seinen Grundbesitz in Dießen Fleissner zum Kauf anzubieten, mit der Maßgabe, dass dieser das Angebot innerhalb von drei Monaten nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners annehmen kann.
Der 25. Oktober 2013 war ein entscheidendes Datum
Hans Zaller verstarb am 8. Juli 2002, 2004 ging der inzwischen nach Oberschleißheim verlagerte Betrieb in Insolvenz, Zallers Witwe starb am 25. Oktober 2013 im Alter von 95 Jahren. Damit war es für Fleissner nun möglich, das Kaufangebot der Zallers anzunehmen. Allerdings: Vom Ableben der Zaller-Witwe erfuhr Fleissner laut den Gerichtsakten erst im Januar 2014. Dass er das Verkaufsangebot annehmen wolle, erklärte er nach Angaben des Landgerichts im März 2014 gegenüber der Marktgemeinde Dießen und forderte diese auf, einen Kaufvertrag mit ihm abzuschließen. Die Gemeinde war deswegen Ansprechpartnerin Fleissners, weil sie von den Eheleuten Zaller zwischenzeitlich mit einer weiteren Person zur Erbin bestimmt worden war.

An einem Verkauf an Fleissner zeigte die Gemeinde freilich kein Interesse. Die Kaufbedingungen wären nämlich für sie alles andere als attraktiv gewesen. Das Kaufrecht Fleissners beinhaltete einen Erwerb nicht zum aktuellen Verkehrswert, sondern zum Einheitswert. Dieser liegt in einem niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich. Der Verkehrswert des 2450 Quadratmeter großen Grundstücks dürfte hingegen angesichts der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Immobilienpreise im Millionenbereich liegen.
Beim Neujahrsempfang wurde die Erbschaft öffentlich
Drei Jahre nach Charlotte Zaller – im November 2016 – starb auch Herbert Fleissner. Daraufhin machten seine Erben sein Kaufrecht geltend und wollten es vor dem Landgericht Augsburg einklagen. Dort fiel, wie jetzt auf Nachfrage des Landsberger Tagblatts bestätigt wurde, bereits im August 2020 ein Urteil – und zwar zugunsten der Marktgemeinde Dießen. Die Klage wurde abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung durch das Gericht damit, dass die Annahme des Kaufangebots nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist erklärt worden sei.
Dem Hinweis der Klägerseite, dass man ja erst im Januar 2014 vom Tod der Zaller-Witwe erfahren habe, maß das Gericht keine Bedeutung bei. Die Vereinbarungen zwischen den Zallers und Fleissner nähmen nicht auf den Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Todes Bezug, sondern auf den Zeitpunkt des Todes. Auch die Erben der Zallers hätten keine Verpflichtung gehabt, Fleissner über das Versterben von Charlotte Zaller zu informieren. Tatsächlich wurde die Erbschaft der Marktgemeinde Dießen erst im Januar 2014 öffentlich: Der damalige Bürgermeister Herbert Kirsch berichtete beim Neujahrsempfang im Traidtcasten, dass die Marktgemeinde das 2450 Quadratmeter große Grundstück mitten im Zentrum Dießens geerbt habe.
Der frühere Bürgermeister Herbert Kirsch fragt nach
Die Liegenschaft besteht aus einem ortsbildprägenden, aber inzwischen mangelhaften Gebäudeensemble in der Johannisstraße mit einem repräsentativen rosafarbenen Gründerzeit-Stadthaus, einem Verlags- und Druckereigebäude und einem dazwischen liegenden kleinen Wohnhaus. Weitere Druckereibauten befinden sich in zweiter Reihe. Seit dem Erbfall hat sich dort nicht viel verändert, da nicht geklärt war, ob die Marktgemeinde weiterhin Eigentümerin sein wird, oder ob sie dem Kaufverlangen der Fleissners beziehungsweise seiner Erben nachkommen muss.
In der jüngsten Gemeinderatssitzung war es nun der frühere Bürgermeister Herbert Kirsch, der nach dem Stand der Dinge fragte und dabei auch das Urteil vom August erwähnte. Recht viel mehr wurde öffentlich darüber nicht gesprochen. Verwaltungschef Karl Heinz Springer erklärte, es handle sich um eine Vertragsangelegenheit, die nichtöffentlich zu behandeln sei.
Zwar gibt es ein Urteil des Landgerichts, rechtlich endgültig geklärt ist der Streitfall aber noch nicht. Denn die unterlegene Klägerseite hat Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt, erwähnte Kirsch weiter: „Das ist für die Bürgerschaft wichtig, dass die Gegenseite Berufung eingelegt hat“, sagte er, „denn sonst schaut es so aus, als ob wir nichts weiterbringen.“
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