Sechs um 6: "Ratzinger hat bei Missbrauch nicht hinsehen wollen"
Mit dem Chefredakteurs-Newsletter starten Sie informiert in den Tag. Heute geht es um den Auftritt von Ministerin Baerbock in der Ukraine, die Entschuldigung des "deutschen Papstes" und die Geheimnisse des Pumuckl.
Annalena Baerbock und Heiko Maas haben zwei Gemeinsamkeiten. Erstens: Beide dürfen den Titel des Außenministers tragen – die eine mit einem -in dahinter, der andere mit einem Ex- davor. Zweitens: Beide wissen um die Bedeutung von Bildern, wenn es um das Transportieren von wichtigen Botschaften geht. Damit hören die Gemeinsamkeiten allerdings auch schon auf. Während von Maas eigentlich nur schicke Fotos in Erinnerung geblieben sind, hinterlegt Baerbock die ausdrucksstarken Bilder von ihr etwa aus der Ukraine mit gehaltvollen Botschaften. Sie hat im Ukraine-Konflikt die wohltuend klare Stimme, die Kanzler Olaf Scholz (noch?) fehlt. Damit schwingt sie sich auf zur Hoffnungsträgerin vieler in Europa, die sich eine aktivere Rolle Deutschlands wünschen.
Zum Artikel: Wieso Annalena Baerbock die große Gewinnerin in der Ministerriege ist
Er bleibt dabei: Von Missbrauch während seiner Zeit als Erzbischof in München und Freising will der emeritierte Papst Benedikt XVI. nichts mitbekommen haben. Das hat er noch einmal in einem Brief bekräftigt – und damit den Untersuchungsergebnissen widersprochen, die eine Münchner Kanzlei veröffentlicht hat. So weit, so bekannt. In seinem Brief lässt aber eine Stelle zumindest aufhorchen: Der "deutsche Papst" bittet die Opfer von Missbrauch um Verzeihung. Für unseren Autor Julius Müller-Meininigen ist das wenig glaubhaft. So lange die katholische Kirche nicht die Perspektive der Betroffenen einnehme, komme sie nicht vom Fleck, kommentiert er. Es sei doch klar, "dass auch Joseph Ratzinger wie die meisten kirchlichen Würdenträger damals nicht hingesehen hat und für ihn das Wohl der Täter weit über dem der Betroffenen stand". Aus Ratzingers Brief spreche "die alte Kirche, die sich weiter individuell und kollektiv vor ihrer Verantwortung drückt".
Zum Artikel: Papst Benedikt und die Kirche lernen - aber langsam
Die Zahl der täglichen Neuinfektionen hat ihr Plateau in Deutschland noch nicht erreicht. Noch immer vermeldet das RKI eine Rekordinzidenz nach der nächsten. Es gab Zeiten, da schreckte das die breite Öffentlichkeit auf. Diese Zeiten seien vorbei. Die Pandemie habe eine neue Phase erreicht, beobachtet Margit Hufnagel. Inzwischen gerate die Möglichkeit, Deutschland politisch durch die Krise zu navigieren, zunehmend an ihre Grenzen. Das liege zum einen an der unübersichtlichen Lage, zum anderen am Regel-Wirrwarr – was Gefahr und Chance bedeute. Einerseits machten sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Regeln, das könne zum Sprengsatz für die Gesellschaft werden. Andererseits sei damit auch ein sinnvoller Effekt eingetreten: "Menschen übernehmen Eigenverantwortung und verlassen sich nicht mehr (nur) auf die Politik."
Zum Artikel: Team Eigenverantwortung: Die Pandemie tritt in eine neue Phase
Götz Werner hatte nicht unbedingt den idealen Start in seine berufliche Karriere. Als er 28 Jahre alt war, flatterte die erste Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in seinen Briefkasten – unterschrieben nicht von irgendwem, sondern von seinem eigenen Vater. Der hatte genug von den Ideen seines Sprösslings, aus dem familieneigenen Geschäft schicke Selbstbedienungsläden zu machen. Rückblickend werden viele Menschen in Deutschland dem Vater von Götz Werner für diese fehlende Weitsicht dankbar sein. Denn nach der Kündigung startete der Junior durch – und gründete den heutigen Drogerieriesen dm. Götz Werner ist nun mit 78 Jahren gestorben. Sarah Schierack hat ein Porträt über einen verfasst, der deutsche Geschichte geschrieben hat.
Zum Artikel: Unternehmer mit sozialer Ader: Nachruf auf dm-Gründer Götz Werner
Bei seinem Amtsantritt als Bundespräsident hat Frank-Walter Steinmeier den Deutschen vor allem eines verordnet: Mut. Dieser sei nötig, um Zukunft zu gestalten. Fünf Jahre ist das her. Fünf Jahre, in denen sich Deutschland ein geteiltes Bild von dem deutschen Staatsoberhaupt gebildet hat. Der oder dem einen war er zu still in Zeiten von fortschreitender Spaltung der Gesellschaft. Der oder dem anderen trat er zu forsch auf, wenn er etwa gegen radikale Kräfte seine Stimme erhob. Auf dem Fußballplatz nannten sie ihn "Prickel", Gerhard Schröder machte ihn zu seiner rechten Hand: Jetzt steuert der 66-Jährige auf eine zweite Amtszeit zu. Bernhard Junginger über einen Mann, der sich vom blassen Funktionär zum Gewissen der Nation gemausert hat.
Zum Artikel: Vom blassen Funktionär zum Gewissen der Nation: Steinmeier vor Wiederwahl
Auch wenn man es ihm nicht ansehen kann: Der Pumuckl treibt schon seit 60 Jahren Schabernack. Generationen verbinden mit dem Kobold mit dem roten Schopf vor allem eines: unbeschwertes Lachen. Auch mein Kollege Michael Böhm ist Pumuckl-Fan – und, wie sich in einer Redaktionskonferenz herausgestellt hat, auch ausgewiesener Pumuckl-Experte. Damit auch Sie mitreden können, wenn es beim Familienfrühstück oder am Stammtisch mal wieder um den Kobold mit dem roten Schopf geht, hat Ihnen Böhm zehn Fakten aufgeschrieben, die Sie garantiert noch nicht über den Pumuckl wussten.
Zum Artikel: Pumuckl-Premiere vor 60 Jahren: Wie alt ist der Kult-Kobold wirklich?
Die Diskussion ist geschlossen.
Julius Müller Meininger:"Dabei ist längst klar, dass auch Joseph Ratzinger wie die meisten kirchlichen Würdenträger damals nicht hingesehen hat und für ihn das Wohl der Täter weit über dem der Betroffenen stand.°
Wie will Herr Meininger den letzten Teil seiner dahingeworfenen Behauptung untermauern ?
Fritz Kraus
Sehr geehrter Herr Kraus,
Herr Ratzinger hat schon als Präfekt der Glaubenskongregation von den weltweiten Missbrauchsfällen
der Katholischen Kirche gewusst.
Hans Küng hat Herrn Ratzinger schon 2010 vorgeworfen, dass dieser die Täter gedeckt habe und alles getan
habe, dass nichts an die Öffentlichkeit gerät.
Es war für Herrn Ratzinger immer wichtiger, kritische Geiste wie Herrn Küng oder Bischöfe aus Südamerika , die sich auf die Seite
der Armen und gegen Militärdiktaturen gestellt haben, aus der Kirche zu entfernen.
Machterhalt war immer wichtiger als Mitgefühl für unschuldige Opfer.
Wie Herr Ratzinger mit dieser Schuld leben kann, ist mir ein Rätsel.