
Julia Klöckner will gegen Billigfleisch kämpfen - doch es geht nicht voran


Experten haben berechnet, wieviel mehr der Durchschnittsverbraucher bezahlen müsste, damit es den Tieren besser geht. Nun folgt eine Machbarkeitsstudie.
Die Landwirtschaftsministerin hat das Thema an sich gezogen. Julia Klöckner (CDU) will dafür sorgen, Billigfleisch aus den Supermärkten zu verbannen. Hähnchenfleisch für zwei Euro das Kilo soll es nicht mehr geben. Im vergangenen halben Jahr hat sie dafür ihre Kraft eingesetzt und steht jetzt am Ende der Sommerpause ohne greifbare Ergebnisse da.
Klöckner will vor der Wahl die Sondersteuer auf Fleisch durchbringen
Ein Sondertreffen mit den Agrarministern der Bundesländer endete am Donnerstag mit dem Beschluss, dass erst einmal eine Machbarkeitsstudie über die Tierwohlabgabe erstellt werden soll. Mit den Einnahmen aus der Abgabe soll der Umbau der Ställe finanziert werden, damit Schweine, Kühe und Geflügel mehr Platz haben. „Bei der nächsten Frühjahrs-Agrarministerkonferenz werde ich die Ergebnisse (der Studie) vorstellen“, erklärte Klöckner. Sie will damit einen europarechtlich sicheren Weg aufgezeigt bekommen. Denn das EU-Recht verbietet es, dass Landwirte hierzulande besser gestellt werden als ihre Wettbewerber aus anderen europäischen Ländern.
Im Frühjahr kommenden Jahres steckt Deutschland mitten im Bundestagswahlkampf. In dieser Zeit haben es ambitionierte politische Projekte schwer, weil die Kampagnen die volle Kraft der Politiker aufzehren. Die Ministerin kündigte dennoch an, vor der Wahl die Sondersteuer auf Fleisch durch den Bundestag zu bringen. „Tierwohl wiegt mehr als wirtschaftliche Interessen“, sagte die 47-Jährige.
Als Erfolg konnte Klöckner verbuchen, dass sich die Länder einstimmig hinter die Abgabe stellen. Eine Expertenkommission unter Leitung des früheren Landwirtschaftsministers Jochen Borchert hatte vorgeschlagen, im Handel pro Kilogramm Fleisch und Wurst 40 Cent aufzuschlagen, den Liter Milch um zwei Cent teurer zu machen und das Kilo Butter und Käse jeweils um 15 Cent. Der Durchschnittsverbraucher müsste rund 35 Euro pro Jahr mehr bezahlen, damit es den Tieren besser geht.
Greenpeace kritisiert Ergebnis der Ministerrunde: "Das geht viel zu langsam"
Der Umbau der Ställe kostet viele Milliarden. In verschiedenen Stufen sollen pro Jahr zwischen 1,2 und 3,6 Milliarden mobilisiert werden. Den Bauern zur Verfügung gestellt hat die Große Koalition aus dem Haushalt bislang 300 Millionen.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die Ausbeute der Ministerrunde als mager. „Das ist ein Armutszeugnis. Sie machen jetzt die Studie zur Borchert-Studie. Das geht viel zu langsam“, beklagte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Er lobte aber, dass sich die Länder klar zum Tierschutz bekannt hätten.
Weiterhin in der Prüfschleife befindet sich neben der Tierwohlabgabe auch Klöckners Vorschlag, Werbung mit niedrigen Lebensmittelpreisen zu verbieten. Zwischen Landwirtschafts- und Justizministerium werden dazu juristische Einschätzungen ausgetauscht. „Das ist juristisch nicht ganz einfach“, räumte die CDU-Frau ein. Ebenfalls offen ist auch, wie das Verbot, Lebensmittel unter dem Einstandspreis an die Kunden zu verkaufen, verschärft werden kann. In der Praxis wird es umgangen, Klöckner will das ändern.
Tönnies will bis Mitte September die ersten 1000 Werkvertragsarbeiter fest einstellen
Vor zwei Monaten hatte die Masseninfektion in einem Schlachthof des Fleischbarons Clemens Tönnies eine bundesweite Debatte ausgelöst, unter welchen Bedingungen hierzulande gehalten und geschlachtet werden. Nicht nur die Massentierhaltung stand am Pranger, sondern auch die Arbeitsbedingungen der Schlachter. Sie kommen häufig aus Osteuropa und werden in Unterkünften nahe der Schlachthöfe in engen Wohnungen zusammengesteckt.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat nach dem Skandal ein Gesetz auf den Weg gebracht, das in der Branche den Einsatz von Arbeitskräfte von Subunternehmen verbietet. Tönnies hatte daraufhin angekündigt, bis Mitte September die ersten 1000 Werkvertragsarbeiter fest einzustellen. Am Donnerstag ist das Unternehmen diesem Ziel einen Schritt näher gekommen: Das Kartellamt hat ihm die Übernahme der Lazar GmbH aus Crailsheim genehmigt, einer Firma mit Werkvertragsarbeitern. (mit dpa)
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