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Kommentar: Dieses Wahlrecht ist trotz allem demokratisch

Kommentar

Warum dieses Wahlrecht trotz allem demokratisch ist

Michael Stifter
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    Bei der Bundestagswahl wurde die Zweitstimme dieses Mal wichtiger.
    Bei der Bundestagswahl wurde die Zweitstimme dieses Mal wichtiger. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Alle haben es kommen sehen, aber wenn es dann tatsächlich passiert, ist es doch noch mal etwas anderes: 23 Kandidatinnen und Kandidaten, die ihren Wahlkreis direkt gewonnen haben, schaffen es trotzdem nicht in den Bundestag. Einige Wahlkreise werden im Parlament gar nicht mehr mit Abgeordneten vertreten sein. Ist das gerecht? Wird hier sehenden Auges der Wählerwille untergraben?

    Die Debatte um das neue Wahlrecht ist emotional nachvollziehbar. Die Ampel hätte es nicht gegen den Willen der Opposition erzwingen dürfen. Es war zu Recht über Jahrzehnte guter Brauch, dass solche weitreichenden Änderungen nicht mit wechselnden Mehrheiten im Alleingang durchgezogen werden.

    Dass die Union die Regeln nun gleich wieder zurückreformieren will, ist aber ein arg selbstbezogener Reflex und wird das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Politik nicht gerade stärken. Denn zur Wahrheit gehört eben, dass es eine klare Mehrheit in der Bevölkerung dafür gab, den aufgeblähten Bundestag endlich zu verkleinern. Und einen schmerzlosen Weg, mehr als 100 Sitze zu streichen, gibt es nicht. Abgesehen davon hat das Bundesverfassungsgericht das umstrittene Ampel-Wahlrecht zumindest in diesem Punkt für zulässig erklärt.

    Die Kandidaten mit den schwächsten Ergebnissen gehen leer aus

    Im Übrigen wird die Frage, ob und welche gewonnenen Direktmandate verfallen, ja durchaus demokratisch und transparent beantwortet. Erstens sind es die Kandidaten mit den schwächsten persönlichen Erststimmenergebnissen, die leer ausgehen. Und zweitens: Hätte beispielsweise die CSU in Bayern ihr eigenes Ziel von mehr als 40 Prozent erreicht, dann wären wohl auch alle Direktkandidaten durchgekommen.

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    13 Kommentare
    Florian Helmecke

    Eine sehr einseitge Sichtweise. Es gibt auch noch die Sicht des Wählers. Wenn ich weiß, dass ich meine Erststimme in einem Wahlkreis abgebe der relativ knapp ist, dann gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der gewählte Direktkandidat nicht in das Parlament einziehen wird. D.h. meine Erststimme ist mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit wertlos. Das ist in anderen Wahlkreisen nicht der Fall. Das ist ein Demokratiedefizit.

    Walter Koenig

    Nein, Herr Stifter, das ist eben NICHT emotional nachvollziehbar. Denn es war lange vor der Wahl bekannt, dass nur die Zweitstimmen entscheiden, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag hat. Denn auch wenn ein Herr Ullrich 31% Erststimmen erhält, so ist das kein überzeugender Gewinn. Denn im Umkehrschluss wollen 69% der Wähler jemand anderen. Nur zur Erinnerung: Bei der Wahl gab es in Augsburg 11 Direktkandidaten, die Parteien von sechs Direktkandidaten haben es nicht mal landesweit geschaft, in den Bundestag gewählt zu werden. Von daher ist die Festlegung auf die Zweitstimme richtig, und damit wird auch ein aufblähen des Bundestags vermieden. Die Erststimme gehört in die Tonne, denn sie ist überflüssig.

    Martin Dünzl

    ...aus Sicht eines Steuerzahlenden war es längst überfällig, den inzwischen sehr aufgeblasenen Bundestag wieder auf ein "normales" Maß zu reduzieren! Dafür hätte auch die CSU jahr(zehnt)elang Zeit gehabt! Von mir aus könnte der Bundestag gerne noch weiter verkleinert werden, dessen Qualität nicht automatisch mit der Anzahl der Abgeordnet:innen steigt!

    Maja Steiner

    Ah ja. Die Ampel ist wieder schuld. Nicht etwa die CDU und vor allem CSU, die sich einer Wahlrechtsreform stets verweigerten. Wie hätte denn ein Konsens aussehen sollen, mit dem der BT entscheidend hätte verkleinert werden können? Bitte Vorschläge. Fakt ist eben, dass das Bundesverfassungsgericht einmal entschieden hat, dass für den Proporz im BT die Zweitstimmen maßgeblich sind, weshalb ab dieser Entscheidung ein Ausgleich der Überhangmandate stattfinden musste, was den BT entsprechend aufblähte. Man kann den Kreis eben nicht quadrieren und 630 Abgeordnete ist immer noch groß genug.

    Burghard Deichmann

    Die CSU war in den letzten 10 Jahren immer der Bremser für eine Reform. Zum eigenen Nutzen. Was wollen die jetzt wieder ändern , mit dem Spitzenpersonal. Nur Skandale, keine Leistung für die Bürger.

    Klara Rasper

    Hatte die Union nicht genug Zeit fuer eine Wahlrechtsreform ? Blockieren und Aussitzen waren damals angesagt. Und jetzt ? Gibt's einen konstruktiven Vorschalg, der der CSU genehm waere UND die Groesse des Bundestags nicht wieder aufblaeht ? Was ist ueberhaupt das Problem ? Jeder hat eine Zweitstimme, die zaehlt. Die Erststimme kann einen Kandidaten beguenstigen, muss aber nicht die Garantie fuer einen BT-Platz sein. Bisher hat die CSU-Attitude den Steuerzahler genug Geld gekostet.

    Wolfgang Boeldt

    1. Eine Wahl ist immner dann demokratisch verankert, wenn sie frei ist und alle die Möglichkeit zur Stimmabgabe haben. 2. Die Direktmandatsklausel ist ja im wesentlichen ein Entgegenkommen an kleinere Parteien - trotzdem halte ich sioe für so unnötig wie einen Kropf. Bei der Wahl zum Bundestag sollen die Gewählten dsas Wohl der BRD im Auge haben und nicht ihr Kaff (was eh nicht klappt). Ich wüsste z.B. nicht was Dr. Ullrich für Augsburg eingebracht und erreicht hat. Fleißig soll er ja gewesen sein, sagt man.

    Johann Storr

    Das Herr Ulrich sich ärgert ist nachvollziehbar. Auch dass kein Augsburger der CSU im Bundestag ist, ist schade. Aber die Intention der Wahlrechtsreform ist richtig. Vielleicht sollte das Gesetz dahin geändert werden, dass die Verteilung nach dem Listenplatz erfolgt. Dann hätten die Parteien mehr Einfluss darauf, wer in den Bundestag kommt.

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    Thomas Faßnacht

    Sehr geehrter Herr Storr, ich muss ihrem Vorschlag (Verteilung nach dem Listenplatz) widersprechen: Es wäre meiner Ansicht nach fatal wenn die Parteien *noch* mehr Einfluss darauf hätten wer in den Bundestag kommt, denn das würde doch nur ein "Nach dem Mund des Parteivorstands reden" begünstigen.

    Walter Koenig

    Herr Faßnacht, was glauben Sie denn, wie man in einer Partei zur Direktkandidatur Kommt?

    Thomas Faßnacht

    Herr König, daher schreibe ich ja auch *begünstigt*. Aber dank Erststimme kommen ggf. auch Personen zum Zuge die nicht so *bequem* für den Parteivorstand sind aber schlichtweg Stimmen bringen, Leute die man nicht wegen ihrer Partei sondern trotz ihrer Partei wählt.

    Reinhard Gerle

    Man kann über die Wahlrechtsreform denken, was man will. Jedenfalls ist sie demokratisch und vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet. Schlimm ist es allerdings, wenn dies das gefühlt erste (!) Thema ist, das von der neuen Regierungspartei nach der Wahl öffentlich thematisiert wird und nicht die Themen, die die Bürger bewegen und die Wahl entschieden haben. Dies ist in schwierigen Zeiten ein falsches Signal. Fehlt nur noch, dass man von der Zustimmung der SPD, hier an der Änderung mitzuwirken, die wichtige große Koalition abhängig machen möchte und dies öffentlich kommuniziert.

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    Maria Reichenauer

    Stimmt, Herr Gerle, das ist mir auch sehr sauer aufgestoßen. es gibt noch keinen Bundestag, keine Koalition, viele Sorgen in der Bevölkerung – das einzige, was man aber gleich hört, ist das Gejammer über das Wahlrecht, dessen Reform die C-Parteien verschlafen und auf den St. Nimmerleinstag verschoben sehen wollten – aus Eigennutz, weil sie und vor allem die CSU am meisten davon profitiert haben. Dabei ist die Erststimme ja eigentlich nur ein Zuckerl für besonders beliebte Kandidaten oder für kleine Parteien, jemand in den Bundestag zu bringen. Mir würde es vollkommen reichen, meine Stimme einer Partei zu geben. Diese Erststimmen nun als "verlorene Stimmen" zu titulieren ist völlig überzogen. Der Bundestag MUSS kleiner werden – alle Parteien sollten dazu beitragen, denn dieses aufgeblasene Parlament kostet Unsummen und bringt keinen Nutzen.

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