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Klingbeil bei den G7: Wie schlägt sich der Finanzminister?

Finanzminister

Wie schlägt sich Klingbeil auf internationaler Bühne?

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    Klingbeil bewegt sich sicher, die Krawatte sitzt, er parliert locker auf Englisch mit seinen Amtskollegen. 
    Klingbeil bewegt sich sicher, die Krawatte sitzt, er parliert locker auf Englisch mit seinen Amtskollegen.  Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Zum Familienfoto strahlen alle Teilnehmer mit der Sonne um die Wette. Es ist früh am Morgen in Banff, einem Touristenort in den kanadischen Rocky Mountains. Die Finanzminister der G7-Staaten nehmen Aufstellung für die Kameras. Mittendrin Lars Klingbeil. Der SPD-Politiker wirkt nicht so, als ob das hier sein erster Auftritt als deutscher Finanzminister auf internationalem Parkett wäre. Klingbeil bewegt sich sicher, die Krawatte sitzt, er parliert locker auf Englisch mit seinen Amtskollegen. Zwei Wochen erst ist er im Amt und was ihm vor allem fehlt, ist Zeit. Zwei Haushalte muss er im eigenen Land aufstellen, im Ausland wachsen die Probleme. Es ist eine Herkulesaufgabe, die der 47-Jährige zu stemmen hat.

    Neun Stunden Flug und 8000 Kilometer hat Klingbeil bei der Landung in Kanada hinter sich, es ist sein erster Transatlantiktrip als Bundesfinanzminister und Vizekanzler. Zwei Dutzend Journalistinnen und Journalisten schauen ihm dabei zu. „Es ist gut, die Finanzministerinnen und Finanzminister der G7 jetzt umgehend persönlich zu treffen“, erklärt Klingbeil und ergänzt: „Angesichts der globalen Umbrüche ist es wichtiger denn je, dass wir die internationale Zusammenarbeit stärken.“

    Lars Klingbeil trifft in Banff unter anderem auf den amerikanischen Finanzminister Scott Bessent

    Im politischen Berlin hatten die Beobachter erwartet, dass der Niedersachse Außenminister wird. Auch Verteidigungsminister war eine Option. Aber Finanzminister? Klingbeil hat Abitur gemacht, danach Zivildienst, anschließend studierte er Politische Wissenschaft, Soziologie und Geschichte in Hannover. Bis 2004 war er Stipendiat der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung und 2005 zog er in den Bundestag ein. Mit Zahlen hatte das alles wenig bis gar nichts zu tun. Klingbeil will, das wird bei seinem ersten Auftritt auf internationalem Parkett deutlich, aber gar nicht den Eindruck erwecken, dass er über Nacht zum routinierten, mit allen Wassern gewaschenen Finanzminister geworden ist. Es gibt noch viele Akten zu studieren. Auf dem Flug nach Calgary bekommt er eine „Druckbetankung“ in Sachen G7, wie es einer seiner Leute scherzhaft formuliert.

    Es scheint funktioniert zu haben, darauf lassen zumindest die Äußerungen aus Teilnehmerkreisen schließen. Klingbeil trifft in Banff unter anderem auf den amerikanischen Finanzminister Scott Bessent – der 62-Jährige arbeitete sich aus einfachen Verhältnissen nach oben, ist Absolvent der Eliteuniversität Yale und machte ein Milliarden-Vermögen, zuletzt als Hedgefonds-Manager. Das scheint eher der Stoff zu sein, aus dem Finanzminister gemacht werden.

    Der Südstaatler steht bedingungslos hinter der Finanz- und Wirtschaftspolitik seines Chefs Donald Trump. Klingbeil muss also im Gespräch mit Bessent nicht nur eine deutsche Haltung zu Trumps protektionistischen Handelszöllen, sondern auch zur Unterstützung der Ukraine formulieren, ohne die Amerikaner zu düpieren. Im Vier-Augen-Gespräch fährt er die Sowohl-als-auch-Strategie: Klingbeil habe, verlautet aus Delegationskreisen, vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen einerseits die Bedeutung enger transatlantischer Beziehungen betont. Gleichzeitig unterstrich der Sozialdemokrat, dass die Handelsstreitigkeiten zum Wohle aller schnellstmöglich beigelegt werden sollten, da hierdurch Unternehmen und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks bedroht würden.

    Bessent lädt Klingbeil nach Washington ein

    Später sagt Klingbeil mit Blick auf den Handelsstreit noch, dass er „den amerikanischen Kollegen als sehr konstruktiv und lösungsorientiert wahrgenommen habe“. Das sei ein gutes Zeichen, „weil ja durchaus nicht immer klar war in den letzten Wochen, ob die Amerikaner zu einer Lösung kommen wollen“. Er habe positive Signale wahrgenommen, „und ich glaube, daran können wir ansetzen“. Das Gespräch dauert länger als geplant, Bessent lädt Klingbeil nach Washington ein – in der Welt der Politik sind das ebenfalls gute Zeichen.

    Zumal sich der Deutsche in Banff nach allen Seiten absichern muss. Einzelne G7-Staaten versuchen, eigene Deals mit den USA einzufädeln. Gastgeber Kanada gehört nach Angaben aus Teilnehmerkreisen dazu. Deutschland setzt derweil auf ein geschlossenes Auftreten zumindest mit der Europäischen Union. „Deutschland und Europa strecken den USA weiterhin die Hand aus und wollen eine gemeinsame Lösung. Zugleich sind wir als größter Binnenmarkt der Welt entschlossen, unsere Interessen zu vertreten“, sagt Klingbeil.

    Es ist die erste große Reise von Finanzminister Lars Klingbeil.
    Es ist die erste große Reise von Finanzminister Lars Klingbeil. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Das Kalkül: Der ökonomische Druck durch den schlechten Dollarkurs und die schwächelnde Wirtschaft der Vereinigten Staaten bewegen Trump dazu, seinen harten Kurs gegenüber den Europäern aufzugeben. Ob das klappt, ist fraglich. Bessent vertritt die Parole seines Chefs, und die lautet: Wer nicht nach unseren Regeln handelt, der ist dran.

    Klingbeil versucht, aus dem Wenigen eine positive Botschaft zu formulieren

    Der Blick auf die Ukraine ist ähnlich düster. Im Oktober letzten Jahres bewilligten die G7-Staaten ein Kreditpaket im Volumen von 50 Milliarden Dollar für das Land. Das Paket wurde noch schnell vor der US-Präsidentschaftswahl verabschiedet, man befürchtete, dass Trump einen härteren Kurs gegen Kiew steuern würde. Es kam genau so: Die G7 werden in absehbarer Zeit etwas Ähnliches wohl nicht auf die Beine stellen. Die Unterstützung wird sich auf schärfere Sanktionen beschränken, diese Aufgabe müssen die Europäer allein stemmen, wie Trump deutlich gemacht hat.  

    Der ukrainische Finanzminister Serhii Marchenko ist in Banff dabei, er dürfte sich mehr erhofft haben. Klingbeil versucht, aus dem Wenigen eine positive Botschaft zu formulieren. „Es ist deutlich geworden, dass im G7-Format die Unterstützung auch unverändert weitergehen wird und dass die Ukraine sich auf eine große Solidarität, auf eine große Unterstützung von den G7-Staaten verlassen kann“, sagt der Minister am Abend nach dem Treffen. Schließlich sei auch das „ein wichtiges Zeichen der Solidarität und des Miteinanders“.

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    2 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Irgendwie habe ich meine Zweifel bei Klingbeil als Finanzminister. Hat er doch keine finanzpolitische Vorbildung. Man kann nur hoffen, daß die erste Ebene (Staatssekretäre) und die zweite Ebene (vermutlich Hauptabteilungsleister) unter ihm ausgeweisene Fachleute sind und er selbst sich nicht als fachlich beratungsresistent erweist.

    Willi Dietrich

    Mit Klingbeil hat die SPD m.A.n. auf den Falschen gesetzt, da sich nach den neuesten Umfragen von Insa abzeichnet, dass die Union leicht steigt und die SPD leicht verliert. D.h. dass die SPD statt Klingbeil besser den beliebten Pistorius als Gegen- part zu Merz hätte nehmen sollen ebenso wie es auch besser gewesen wäre, Pistorius anstatt Scholz als Kanzlerkandidat aufzustellen.

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