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Leo XIV.: Papst der Kontinuität, kein Umstürzler

Kommentar

Reformer oder Bewahrer? Leo XIV. ist kein neuer Franziskus

Daniel Wirsching
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    Der neu gewählte Papst Leo XIV. am Freitag während eines Gottesdienstes mit dem Kardinalskollegium in der Sixtinischen Kapelle.
    Der neu gewählte Papst Leo XIV. am Freitag während eines Gottesdienstes mit dem Kardinalskollegium in der Sixtinischen Kapelle. Foto: Uncredited/Vatican Media/AP/dpa

    Mit der Entscheidung für Robert Francis Prevost ist den Papst-Wählern etwas Unerwartetes gelungen: Sie haben ein Oberhaupt gefunden, das vieles fast idealtypisch mitbringt, das in den kommenden Jahren besonders gefragt sein wird. Kirchenintern wie -extern.

    In Prevost, der sich andeutungsreich Leo XIV. nennt, haben sie zwar keinen Charismatiker wie Franziskus zum Stellvertreter Christi auserkoren. Aber einen Kirchenmann, der in seiner Biografie und seiner Person teils als gegensätzlich Betrachtetes miteinander verbindet: Orden und Amtskirche. Seelsorge und Managementerfahrung. Die „Ränder“ (Franziskus) der Welt und deren Zentren. Nord- und Südamerika. Nicht zuletzt katholisch-konservative und reformorientierte Positionen.

    Die Botschaft des neuen Papstes: Mit der katholischen Kirche ist (wieder) zu rechnen

    Sie haben – wer hätte darauf wetten wollen? – tatsächlich einen Mann des Ausgleichs gewählt. Einen Papst, der bei seinem ersten Auftritt die Herzen der Menschen zu berühren verstand und eine klare programmatische Botschaft zu senden vermochte – die, genau 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, nicht besser in die Zeit passen hätte können: „Der Friede sei mit euch allen!“

    Leo XIV., das legt Prevost mit seiner Bezugnahme auf Leo XIII. nahe, sieht sich als „politischer“ Papst – als einer, der sich vielleicht nicht laut, gleichwohl deutlich und, wenn nötig, mutig ins Weltgeschehen einbringt. Er dürfte das so selbstbewusst tun, wie es sein flammendes Plädoyer aus seiner ersten Predigt am Freitag erahnen lässt. Darin kritisierte er, dass der christliche Glaube in nicht wenigen Fällen als etwas Absurdes und „als etwas für schwache und wenig intelligente Menschen“ angesehen werde. Umso mehr solle ihn jeder Einzelne bezeugen. Mit der katholischen Kirche, das war die Botschaft, ist (wieder) zu rechnen. Und diese Kirche wird künftig weitaus globaler gedacht werden müssen. Ihr Fokus verschiebt sich mit Leo XIV. stärker hin zu Lateinamerika, Asien und Afrika. Jenen Weltgegenden, in denen der Katholizismus auch wächst.

    Bleibt die große Frage nach Kirchenreformen. Der neue Papst hat nun bereits mehrfach seinen Vorgänger erwähnt und ihm Respekt gezollt. Er wird dessen – zumeist begonnene – Reformen nicht ungeschehen machen, was ein Leichtes wäre. Er, der promovierte Kirchenrechtler, wird sie hoffentlich in verbindliche Formen überführen. Zu erwarten ist, dass mit Leo XIV. in einigen Bereichen eine Kontinuität besteht zum Pontifikat von Franziskus. „Wir wollen eine synodale Kirche sein, eine Kirche auf dem Weg, eine Kirche, die immer den Frieden sucht, die immer die Barmherzigkeit sucht, die immer besonders denjenigen nahe sein will, die leiden“, waren die ersten Worte von Leo XIV. – es war gewissermaßen O-Ton Franziskus.

    Katholikinnen und Katholiken in Deutschland werden sich noch an ihm abarbeiten

    Und doch ist er kein zweiter Franziskus, schon gar kein Umstürzler. Gerade Katholikinnen und Katholiken in Deutschland, die zunehmend frustriert nach spürbaren Reformen rufen, werden sich noch an ihm abarbeiten. Immerhin: Prevost kennt ihre Anliegen, Diskussionen und wichtige deutsche Kirchenvertreter bestens.

    Dass er als Leo XIV. der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder dem Ende des Zölibats schnell den Weg ebnen wird? Dass er (päpstliche, klerikale) Macht abgibt? Unwahrscheinlich bis kaum denkbar. Wie ernst es ihm mit der Reform der Kirche wirklich ist und was er überhaupt als Reform begreift, könnte sich an seinem Umgang mit Missbrauchsfällen zeigen. Auf diesen sollte man in den kommenden Monaten sehr genau achten.

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    1 Kommentar
    Albert Groß

    Die profanen Reformer/Kritiker könnten doch am eigenen Rechtsstaat Nützlicheres gegen den sexuellen Missbrauch erreichen, wenn sie z. B. die Beweislastumkehr fordern würden; das wäre ein Aufatmen für die Opfer ! Solange das aber nicht geschieht, ist das für die schwachen und weniger intelligenten Täter weiter ein Freibrief !

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