Anfang Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Entfesselt vom Deutschen Reich, hatte er binnen sechs Jahren weltweit rund 60 Millionen Menschenleben gefordert. Die Redaktion des Augsburger Landboten und der Schwabmünchner Allgemeinen planen zum Kriegsende vor 80 Jahren eine besondere Aktion: Sie suchen Zeitzeugen, die ihre Erinnerungen teilen wollen.
Wie war der Einmarsch der Amerikaner im Augsburger Land? Was ist in den Wochen vor und nach dem Kriegsende alles passiert? Wie war es, als die Männer nach der Kriegsgefangenschaft wieder zu Hause ankamen? Welche Entbehrungen gab es? Wie funktionierte das Zusammenleben mit den Heimatvertriebenen, die nach dem Kriegsende plötzlich in den Dörfern standen? Was waren damals die Sorgen und Ängste? Was waren die Wegmarken hin zu Frieden und Neubeginn?
Erinnerungen für die Nachwelt festhalten
Es gibt viele Fragen, die sich die jüngeren Generationen stellen, um mehr über diese dramatischen Monate zu erfahren. Und hoffentlich kommen noch mehr Antworten. Wer seine Erinnerungen für die Nachwelt festhalten will, kann den Redaktionen eine E-Mail oder auch einen Brief schicken. Wer will, erhält auch Besuch von der Redaktion: Mitarbeiter des Augsburger Landboten und der Schwabmünchner Allgemeinen kommen vorbei und halten persönliche Eindrücke und Erinnerungen fest. Vielleicht hat der eine oder andere Zeitzeuge auch noch Bilder aus der Zeit. Alle Erinnerungen werden festgehalten und sollen nach Möglichkeit veröffentlicht werden.
Wie wichtig die Aufzeichnung von Zeitzeugen sind, weiß Bezirksheimatpfleger Christoph Lang. „Die Aussagen tragen zum Beispiel dazu bei, Opfern eine Stimme zu geben.“ Sie bieten subjektive Eindrücke und können mahnen, wenn die Erinnerungen an den Krieg verblassen. Diese persönliche Perspektive, die freilich hinterfragt werden müsse, sei ein Teil der Geschichte: Und Geschichte sei nur eine Interpretation dessen, was passiert ist.
Was im Augsburger Land alles passiert ist
Zur Geschichte gehört, dass es im Winter 1944/1945 zum letzten größeren, verzweifelten Versuch der Wehrmacht kam, den Vormarsch der Alliierten im Westen doch noch zu stoppen. Davon dürfte im Landkreis Augsburg wenig bekannt gewesen sein, denn freie Medien und damit auch eine freie Berichterstattung gab es damals nicht. So blieb für viele Menschen im Verborgenen blieb, dass im Scheppacher Forst zwischen Zusmarshausen, Burgau und Jettingen-Scheppach eine „Wunderwaffe“ gebaut wurde. Im Waldwerk Kuno entstand beispielsweise der Düsenjäger Me262. Im Waldwerk Blechschmiede bei Horgau sollten Tragflächen für das Flugzeug entstehen. In Gablingen gab es ein KZ-Außenlager, im Wald bei Welden wurde unter größter Geheimhaltung ein Sprengstoffvorprodukt hergestellt. Im südlichen Landkreis kam es immer wieder zu Bombenangriffen auf dem Flugplatz Lechfeld. Ein Angriff wurde zum dunkelsten Tag der Geschichte von Schwabmünchen. Beim Angriff vom 4. März 1945 verloren 61 Menschen ihr Leben, mehr als 100 Häuser wurden zerstört.
Der persönliche Blick auf die Ereignisse
Der persönliche Blick auf die Ereignisse sieht anders aus. Der Schwabmünchner Elmar Pfandzelter, der jüngst gestorben ist, berichtete immer wieder über seine Kriegserlebnisse. Nach Kriegsende wurde er von britischen Soldaten in Gefangenschaft genommen, an die Amerikaner übergeben und per Zug nach Rüdesheim am Rhein verbracht. Es waren die berüchtigten Rheinwiesenlager, in denen rund 80 000 Gefangene tagelang ohne Nahrung der Witterung ausgeliefert waren. Von dort ging es per Zug in ein Arbeitslager an die Nordküste Frankreichs. Pfandzelter erlebte die Gefangenschaft als weitaus schlimmer als die Kriegszeit. Dem ständigen Hunger, der Hoffnungslosigkeit und dem Hass ausgesetzt zu sein, sei traumatisch gewesen. Heinz Barisch aus Bobingen erinnerte sich an die bangen Stunden, als die Russen in seiner oberschlesischen Heimat ankamen. Als die ersten Bomben fielen. „Ich zitterte vor Todesangst am ganzen Körper und betete zu Gott um seine Hilfe. Es war das bisher größte Angstgefühl meiner Kindheit, ausgelöst durch den Zustand der Hilflosigkeit. Als ich begriff, was gerade geschehen war, lief ich voller Angst eiligst nach Hause.“
- Wer seine Erinnerungen teilen will: Per E-Mail können Berichte und Bilder an redaktion.landbote@augsburger-allgemeine.de oder redaktion@schwabmuenchner-allgemeine.de geschickt werden. Briefe gehen per Post an Augsburger Landbote, Bahnhofstraße 8, 86368 Gersthofen und Schwabmünchner Allgemeine, Kaufbeurer Straße 3, 86830 Schwabmünchen. Wer sich einen persönlichen Besuch wünscht (etwa 30 Minuten), kann sich in den Redaktionen telefonisch unter den Nummern 0821/29821-40 oder 08232/9677-10 melden.
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