Marinko Jurendic hatte sich ganz ans Ende verzogen. Der Sportdirektor saß auf dem kleinen Podest im Pressekonferenzraum, auf dem die TV-Kameras stehen. Jurendic hatte ein Blatt Papier in der Hand, auf dem die Statistiken seines FC Augsburg zu lesen waren. 1:3 hatten die Augsburger gegen Holstein Kiel verloren, statistisch aber lagen die Gastgeber in allen Bereichen vorne. Jurendic faltete den Zettel ordentlich zusammen und schüttelte den Kopf. Eigentlich hätte die Partie nicht mit einer Niederlage enden dürfen. Tat sie aber.
Es war ein enttäuschender Sonntagnachmittag für den FCA. Nach der 1:5-Hinspielniederlage kurz vor Weihnachten in Kiel war Wiedergutmachung angesagt – es wurde nichts daraus. Obwohl die Augsburger ordentlich spielten. Trainer Jess Thorup hatte sich für eine offensive Herangehensweise entschieden, was zu einem dominanten Auftreten führte. Aber auch zu Nachlässigkeiten in der Defensive.
Die Balance passte erneut nicht. Konzentriert sich der FCA auf seine Abwehrarbeit, sind zwar wenig ansehnliche Spiele die Folge, aber immerhin bleiben meist Punkte. Spielt er offensiv, leistet er sich zu viele schwache Momente in der Defensive. Selbst gegen keinesfalls übermächtige Gegner wie den Abstiegskandidaten Kiel.
Der FCA will bestmöglich die Saison beenden
Die vergangenen beiden Bundesliga-Spiele haben die Augsburger verloren. In Leverkusen und gegen Kiel. Zwei Partien stehen in dieser Saison noch an. Die Gefahr scheint groß, dass der FCA erneut eine Runde mit einer Reihe von Niederlagen beendet. Wie vor einem Jahr, als die abschließenden fünf Begegnungen allesamt verloren gingen. Nun sei es wichtig, „gute Leistungen abzuliefern, um bestmöglich aus dieser Saison herauszukommen und mit einem guten Gefühl in die neue Saison hineinzugehen“, sagte Thorup am Sonntagabend.
Die restlichen Aufgaben sehen Partien in Stuttgart (Sonntag, 19.30 Uhr) und gegen Union Berlin vor. Beide Gegner können ihre Bundesliga-Saison als weitgehend erledigt ansehen. Berlin hat den Ligaverbleib längst sicher, Stuttgart wird sich vornehmlich um die Gestaltung des Pokalfinales gegen Arminia Bielefeld kümmern. „Vermutlich sind das jetzt zwei Spiele, die etwas anders gelagert sind als gegen Kiel“, sagte Jurendic. Holstein war zum Siegen verdammt gewesen, um weiter auf den Klassenerhalt hoffen zu dürfen. Stuttgart und Union werden entspannter in die Partien gehen. Aber ob das dem FCA hilft?
In den vergangenen Jahren hat sich bei den Augsburgern immer gezeigt, dass sie nach Erreichen des Klassenerhalts von einem Spannungsabfall heimgesucht werden. Das geschah nicht erst unter Thorup in der vergangenen Saison. „Wir müssen schauen, dass jeder Spieler die Spannung und Schärfe bis zum Schluss aufs Feld bringt“, sagte Jurendic. In der vergangenen Runde seien viele Verletzungen dabei hinderlich gewesen. Diesmal aber sind die Augsburger personell beinahe sorgenfrei. „Wir haben unsere Lehren aus der vergangenen Saison gezogen und die Belastungssteuerung verändert“, sagte der Sportdirektor.
FCA wird zum Lieblingsgegner von Kiel
43 Punkte haben die Augsburger bislang gesammelt, momentan reicht das für Platz elf. Die zaghaften europäischen Träume sind beendet. Weil sich Kiel ein weiteres Mal als zu hohe Hürde darstellte. 2:8 Tore, null Punkte heißt die Augsburger Bilanz gegen den Aufsteiger, der insgesamt erst sechs Siege geholt hat. Enttäuschend. Auch für Trainer Thorup, dessen Stimmungslage nach Niederlagen immer gut zu erkennen ist. „Ich gehe davon aus, dass wir der Lieblingsgegner von Kiel sind“, sagte der Däne mit leiser Stimme und fügte an: „Ich wollte beim Blick auf die Statistiken gerne damit anfangen, dass wir ein gutes Spiel gemacht haben. Aber das kann ich nicht. Wir haben verloren, und das tut echt weh.“
Das 1:5 zum Ende des vergangenen Jahres hatte zu einem Umdenken geführt, das die Basis für die ordentliche Rückrunde war. Und jetzt? Braucht es wieder intensive Gespräche? Immer wieder ist Kritik an der Spielweise zu vernehmen. Für die ist Thorup zuständig. Oder es wird fehlende Qualität bemängelt, gerade im Offensivbereich. Für die Gestaltung des Kaders zeichnet sich der Sportdirektor verantwortlich. „Wenn du zu Hause drei Tore kassierst, ist das schlicht nicht gut genug. Wir müssen Stabilität und Kontinuität in jedem Spiel aufs Feld bringen“, forderte Jurendic.
In den beiden ausstehenden Partien können sich die Spieler noch einmal beweisen. Die Planungen für den Kader haben längst begonnen. Bedarf könnte es in der Offensive geben. „Natürlich würde jeder Mannschaft ein Knipser guttun, der 15 bis 20 Tore schießt“, sagte Jurendic am Sonntagabend. Ein solcher Angreifer mit Torgarantie aber ist teuer. „Da muss man investieren“, meinte der Schweizer.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden