Robert De Niro gilt nicht nur als exzellenter Schauspieler, sondern auch als kluger politischer Kopf. Der 81-Jährige ist der bessere Amerikaner als Donald Trump, weil er im Gegensatz zum US-Präsidenten die Dinge zu Ende denkt und die Vernunft nicht wie eine Stehlampe vorsätzlich dauerhaft ausgeschaltet hat. Als De Niro in Cannes die Goldene Ehren-Palme verliehen bekam, teilte er gegenüber Trump aus: „In meinem Land kämpfen wir mit aller Macht um die Demokratie, die wir einst für selbstverständlich hielten.“ Kunst umarme die Vielfalt. Deshalb sei die Kunst eine Bedrohung. De Niro spricht Klartext: „Deshalb sind wir eine Bedrohung für Autokraten und Faschisten.“ Dass er damit auf den US-Präsidenten anspielte, steht außer Frage. Für ihn ist der Mann schlicht ein „Philister“, ein kleinbürgerlich-engstirniger Mensch, eben ein Spießbürger.
Trump arbeitet an der Verspießbürgerung der USA
Trump arbeitet mit Volldampf an der Verspießbürgerung der USA, eines Landes, das als Sehnsuchtsland der Freiheit galt und Generationen an Einwanderern anzog, die den Wohlstand Amerikas mehrten. Derzeit befinden sich die USA „in den Händen einer korrupten, inkompetenten und verräterischen Regierung“, wie der Musiker Bruce Springsteen („Burn in the U.S.A) nicht müde wird zu betonen. Trump teilt zwar kräftig aus, verträgt aber als Chef-Mimose keine Kritik. Menschen wie Springsteen werden von ihm als „unausstehlicher Trottel“ geschmäht. Einen solchen schwer zu handhabenden Zeitgenossen wie Trump versuchen deutsche Konzern-Chefs mit starkem US-Geschäft zu gefallen, allen voran SAP-Boss Christian Klein. Er spricht von einem „konstruktiven Austausch“ mit dem US-Präsidenten, der zuhöre und Feedback gebe.

Die Frage ist nur: Welches Feedback gibt Trump? Zunächst erwartet er, dass seine Doktrin von Firmen-Lenkern ohne Murren umgesetzt wird. Der US-Präsient liebt Menschen, die machen, was er sagt. Der SAP-Chef tut, wonach sich der US-Präsident sehnt. Zum Glück ist ihm das Handelsblatt auf die Schliche gekommen und hat eine interne E-Mail öffentlich gemacht, aus der hervorgeht, dass der deutsche Software-Riese das Ziel nicht weiterverfolgen will, in der Belegschaft einen Frauenanteil von 40 Prozent zu erreichen. Bei der Berechnung für Bonuszahlungen an Vorstände ist damit nicht mehr das Ziel mitentscheidend, ob bestimmte Vorgaben zur Geschlechter-Vielfalt erfüllt werden.
Die Gleichberechtigung lässt sich nicht zurückdrehen
Klein lässt sich auf Trump ein. Das gefällt dem Amerikaner sicher, schließlich ist „Diversity“, also Vielfalt, für den US-Präsidenten ein Satan unserer Zeit. Er selbst jagt diesen Teufel und erlässt entsprechende, in den USA erst einmal rechtlich bindende Anordnungen. Damit bringt er Manager wie Klein, deren Unternehmen auch von US-Staatsaufträgen abhängig sind, in eine missliche Situation: Sollen sie Widerstand leisten, sich wegducken oder einlenken? Wegducken ist zunächst sicher eine kluge Strategie. Trump ist an so vielen Fronten unterwegs, dass er nicht alle Vielfalts-Regelungen deutscher Konzerne überblicken kann. Insofern hat der SAP-Chef einen Fehler begangen, vorzupreschen und damit in Deutschland Kritik auf sich zu ziehen. Auch wenn Trump auf ein Comeback alter, weißer Männer hinarbeitet, in der Frauen nur ein lächelndes Beiwerk sind, lässt sich Gleichberechtigung und damit die Förderung von Frauen nicht mehr zurückdrehen. Konzerne fördern Vielfalt, weil die Welt vielfältig ist und es ihnen wirtschaftlich nutzt.
Trump ist von vorgestern und stürzt Manager wie Klein in ein Dilemma: Verweigern die Unternehmer ihm, was er penetrant will, befürchten sie, Aufträge in den USA zu verlieren. Geben Männer wie Klein Trump nach, büßen sie in weltoffeneren Ländern wie Deutschland gerade unter Bewerberinnen an Attraktivität ein. Die Konzern-Verantwortlichen müssen sich zwischen Moneten und Moral entscheiden, obwohl auch Moral, also etwa Geschlechter-Vielfalt, als Verkaufs-Argument Moneten einspielen kann. Was nicht funktioniert, ist eine Politik, die Moral von den politischen Vorlieben bestimmter Herrscher abhängig macht. Eine flexible Moral ist unglaubwürdig.
Dank Trump: Manager stehen vor kniffligen moralischen Fragen
Am Ende müssen Manager entscheiden, ob sie ihre Gesinnung zur ethischen Grundlage machen, also Frauen fördern, oder Verantwortung gegenüber allen Beschäftigten zum höchsten ethischen Maßstab erklären. Letztlich sollte ein Manager wie Klein die knifflige Frage beantworten, ob er es verantworten kann, wegen seiner Gesinnung (Förderung von Geschlechter-Vielfalt) Umsätze in den USA zu verlieren und damit Arbeitsplätze zu gefährden.
Alleingänge wie vom SAP-Chef sind indes unklug. Wenn sich alle deutschen Manager mit großem US-Geschäft zusammentun und Haltung gegenüber Trump zeigen, statt sich ihm anzubiedern, lassen sie den Präsidenten ins Leere laufen. Er und die Unternehmen seines Landes können es sich nicht leisten, auf deutsche Produkte zu verzichten, weil es für sie vielfach keine Alternative gibt. Sie dürfen sich im Zweifel Moral leisten. Wie erkannte der einstige britische Premierminister Winston Churchill: „Haltung ist eine kleine Sache, die einen großen Unterschied macht.“ Der Spruch wurde schon mit dem Konterfei des Briten auf Unterhemden und T-Shirts gedruckt. Für 17,99 Euro ist man dabei. Die Umsetzung der Lehre erfordert allerdings eine permanente Kraftanstrengung.
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