950 Bewerbungen im Jahr – die Ausbildung zum Automobilkaufmann bei Auto Reisacher ist begehrt. Marcos Pardo, 22, hat es geschafft und arbeitet schon im dritten Ausbildungsjahr in der Augsburger Filiale des großen Händlers. Doch wie sieht nun sein Alltag aus? An Pardos Arbeitsplatz funkelt alles: die schicken Autos und Cabrios und die gläsernen Trennwände. Besucher flanieren durch eine riesige Verkaufshalle, im Hintergrund läuft entspannte Clubmusik. „Herr Pardo wird Sie in wenigen Minuten abholen, bis dahin können Sie gerne einen Cappuccino trinken“, sagt ein Mitarbeiter am Empfang.

Kurz darauf kommt ein höflicher Mann in beigefarbener Hose und blauem Sweatshirt um die Ecke, die dunklen Haare stylish nach hinten gekämmt. „Wir sprechen immer alle Besucher an, das ist Herrn Reisacher wichtig“, erzählt der 22-Jährige beim Rundgang. „Ich sage immer: ‚Grüß Gott, was kann ich für Sie tun?‘“. Seit Jahresanfang ist Pardo in der Abteilung für die Marke Mini eingesetzt, gleich vorn, neben den BMW-Motorrädern und den chinesischen BYD-Autos.
Soziales Gespür und Organisationstalent ist gefragt
Dort kann Pardo nun gleich zeigen, was er gelernt hat. Ein Mann mittleren Alters mit hippem Pullover kommt auf ihn zu und fragt: „Meine Frau hat Interesse an einem Mini-Cooper 3 – kann ich bei Ihnen den Preis durchrechnen lassen?“ „Natürlich, nehmen Sie gerne Platz.“ Pardo merkt schnell, dass der Kunde eine klare Vorstellung hat und keine intensive Beratung mehr wünscht. Er muss trotzdem eine Beziehung mit ihm aufbauen. Quasi nebenbei klickt er sich durch mehrere Programme, um etwa die Datenschutzerklärung zu erstellen.

Verwaltungsarbeit nimmt in dem Beruf viel Zeit ein. Probefahrten und Werkstatttermine vereinbaren, Kontaktdaten pflegen, Verträge abwickeln. Je größer der Kundenstamm wird, desto mehr Verfahren überschneiden sich auch. Ein gewisses Organisationstalent ist nötig.
Dann dreht Pardo den Bildschirm so, dass auch der Kunde hineinsehen kann. Dem scheint es Spaß zu machen. Pardo öffnet ein Fenster mit Animationen. „Wir haben verschiedene Motorgrößen im…“, der Herr unterbricht. „Also 156 PS reichen völlig.“ Pardo erkundigt sich nach den Fahrgewohnheiten der künftigen Fahrerin. Ja, sagt er, für einen kurzen Weg würde er den kleineren Motor empfehlen. Keine 15 Minuten später ist eine E-Mail mit einem Angebot verschickt.

Erwartungen sind hoch: jede Woche Feedbackgespräch
Sich länger zurücklehnen und stundenlang Kaffee trinken kann der 22-Jährige nun nicht. Die Leistungen aller Mitarbeiter sind gut mess- und vergleichbar. Die Mitarbeiter in Pardos Abteilung sind wöchentlich zum Feedbackgespräch bei der Teamleiterin angehalten. Eine Stunde lang. Etwas Wettbewerb gehört zu diesem Beruf und damit muss man umgehen können. Pardo selbst findet das in Ordnung.

So viel verdienen Automobilkaufleute in Bayern
Wer seine Arbeit gut macht, kann dafür mit gutem bis üppigem Verdienst rechnen. 4021 Euro verdienen bayerische Automobilkaufleute im Median, wie die Bundesagentur für Arbeit informiert. Dass der 22-Jährige schon während der Ausbildung Autos verkauft, ist ungewöhnlich. In der Regel werden Automobilkaufleute erst nach der Lehre damit betraut. Dabei ist Deutsch nicht mal Pardos Muttersprache. Er wuchs in Alicante in Spanien auf, besuchte eine Wirtschaftsschule und kam danach als Au-pair nach Augsburg. Dort tauchte er schnell in die deutsche Kultur ein – und bewies seinen Fleiß. Die IHK schickte ihn sogar für einen dreiwöchigen Wirtschaftskurs nach Dublin.
Du musst die anderen Menschen immer respektieren – und sollst jeden Tag lachen!
Vater von Marcos Pardo, Auszubildender bei Auto Reisacher
Was viele Azubis und Schüler nicht wissen: Auch in einer Lehre gibt es viele Möglichkeiten, Auslandserfahrung zu sammeln. Das gilt für Industrie- und Handwerksberufe gleichermaßen. Ulrike Beck, Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer, empfiehlt Interessierten, die Initiative zu ergreifen: Die Kammern haben häufig Kontakte im Ausland, bieten Gruppenfahrten an oder helfen bei bürokratischen Fragen.
Bald wird Pardo die Abschlussprüfung schreiben. Dafür lernt er viermal wöchentlich jeweils eine Stunde lang, immer nach dem Fitnessstudio. Woher er diese Motivation hat? Vom Vater. „Er hat gesagt: ‚Wenn du was erreichen willst, dann musst du dir immer Mühe geben. Du musst die anderen Menschen immer respektieren – und sollst jeden Tag lachen!‘“
Der Beruf in Kürze
- Berufsbild: Automobilkaufleute arbeiten an der Schnittstelle zwischen Handel und Werkstatt. Sie sind zuständig für Beschaffung und Vertrieb von Fahrzeugen und Zubehör und organisieren den Kundendienst. Im Vertrieb beraten sie Privat- und Geschäftskunden, erstellen Angebote und schließen Verträge ab.
- Voraussetzung: Die meisten Auszubildenden haben Fachhochschulreife bzw. Abitur, einen Mindestabschluss gibt es aber nicht.
- Ausbildungsvergütung: 1. Lehrjahr: 800 bis 1.100 Euro, 2. Lehrjahr: 860 bis 1100 Euro, 3. Lehrjahr: 1000 bis 1200 Euro.
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