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Foto: Michael Hochgemuth, dpa
Foto: Michael Hochgemuth, dpa

Meterlange Regale prägen das Bild in den Amazon-Hallen. Hier liegen die Waren, die die Mitarbeiter entsprechend der Kundenbestellungen zusammentragen und verpacken.

Augsburg
19.05.2013

Amazon: Betriebsrat ringt Geschäftsführung Vergleich ab

Von Monika Schmich

Die Mitarbeiter von Amazon in Graben erzielen bei der Verrechnung von Feiertagen einen Erfolg. Doch es scheint in dem Gremium nicht rund zu laufen.

Betriebsseelsorger Erwin Helmer sprach von einem „historischen Ereignis“, als Anfang des Jahres im Amazon-Logistikzentrum in Graben erstmals ein Betriebsrat gewählt wurde. Gemessen daran, müsste die Freude auf Arbeitnehmerseite jetzt fast noch größer sein. Denn das frisch gewählte Gremium hat die Geschäftsführung erstmals in die Knie gezwungen: Betriebsräte dürfen künftig bei der Aushandlung der Schichtpläne mitsprechen. Das ist das Ergebnis einer Einigung, die vor dem Arbeitsgericht in Augsburg erzielt wurde.

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Die Arbeitnehmerseite wertet das als Erfolg: „Der Arbeitgeber muss sich bewegen“, sagt Thomas Gürlebeck von der Gewerkschaft Verdi. „Man sieht, was mit einem Betriebsrat möglich ist.“ Doch trotzdem scheint es Spannungen in dem Gremium zu geben: Es laufe nicht richtig rund, heißt es. Im Betriebsrat säßen Mitglieder, die nicht nur die Interessen der Beschäftigten im Blick hätten, kritisiert Gürlebeck: „Sie benutzen die Argumente des Arbeitgebers und gehen damit an der Belegschaft vorbei.“

Wie groß die Kluft in dem Gremium tatsächlich ist, ist schwer zu beurteilen. Aus Betriebsratskreisen heißt es, es gebe Vertreter, die beim Arbeitgeber „nicht negativ auffallen“ wollten. Andere würden ihre Gewerkschaftsmitgliedschaft lieber verschweigen. Ein Betriebsrat sagt: „Jeder hat hier eben seinen eigenen Hintergrund.“

Schwierige Aufgabe für „Grünschnäbel“

Hinzu kommt: Viele hatten zuvor keinerlei Erfahrung in der Betriebsratsarbeit. Jetzt haben sie es mit einem professionell aufgestellten Riesen-Konzern zu tun, der nach amerikanischen Prinzipien geführt wird. „Diese Strukturen zu durchbrechen ist mit Grünschnäbeln nicht so einfach“, heißt es.

Im jüngsten Fall hat es geklappt: Bei der Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht ging es um die Verrechnung von Feiertagen. Bislang mussten die Mitarbeiter im Logistikzentrum Feiertage, die auf einen Wochentag fielen, am Samstag nacharbeiten. Amazon ist damit kein Einzelfall. Laut Gürlebeck gebe es diese Praxis auch in anderen Betrieben.

„Dort, wo es Betriebsräte gibt, versucht man aber dagegen vorzugehen.“ Im Fall Amazon forderte das Gremium per einstweiliger Verfügung sein Mitbestimmungsrecht ein. Das Unternehmen lenkte ein. Am Ende einigte man sich auf einen Vergleich, wonach die Geschäftsführung die Schichtpläne künftig gemeinsam mit dem Betriebsrat erstellt. Wie diese Zusammenarbeit genau aussieht, ist unklar. Die Betriebsratsvorsitzende Sylwia Lech war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Amazon erklärte lediglich, man halte sich „selbstverständlich an geltendes Gesetz“. Gürlebeck erhofft sich „spürbare Veränderungen“. Zunächst werde die konkrete Beteiligung des Betriebsrats innerbetrieblich ausgehandelt. Er hofft, dass Fronleichnam Ende Mai den Mitarbeitern die erste Vier-Tage-Woche beschert. Im schlimmsten Fall könnte die Sache laut dem Gewerkschafter aber erneut ein Fall für den Arbeitsrichter werden. Doch selbst bei einer Einigung bleibt Skepsis. „Es hängt viel davon ab, welche Leute der Betriebsrat in die Verhandlung schickt“, sagt Gürlebeck.

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