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Interview: Finanzminister Söder: "Der Soli muss weg"

Interview

Finanzminister Söder: "Der Soli muss weg"

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    Bayerns Finanzminister Markus Söder macht sich für eine umfassende Steuerreform stark. Der CSU-Politiker will vor allem die Normalverdiener spürbar entlasten.
    Bayerns Finanzminister Markus Söder macht sich für eine umfassende Steuerreform stark. Der CSU-Politiker will vor allem die Normalverdiener spürbar entlasten. Foto: Ulrich Wagner

    Herr Söder, Sie haben für eine Steuerreform ohne Tabus plädiert. Wie ist das zu verstehen?

    Wir müssen den Steuerstillstand der letzten Jahre beenden. Durch Rekordsteuereinnahmen und insbesondere Niedrigzinsen sind für den Staat enorme Spielräume entstanden. Gleichzeitig wird der Sparer durch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank schleichend enteignet. Wir sollten den Bürgern etwas zurückgeben. Und deshalb ist eine Steuerreform notwendig.

    Was sind denn die Schwerpunkte?

    Wir brauchen in der Steuerpolitik mehr Gerechtigkeit für die, die ihr Geld durch harte Arbeit verdienen. Es ist ungerecht, dass für untere und mittlere Einkommensgruppen immer weniger übrig bleibt – ob bei kalter Progression oder dem Einkommensteuertarif. Für sie lohnt sich Arbeit immer weniger. Das muss geändert werden: durch die dauerhafte Abschaffung der kalten Progression und durch Entlastungen im Einkommensteuertarif für untere und mittlere Einkommen.

    Sie haben sich auch für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags ausgesprochen.

    Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Bei Rekordsteuereinnahmen macht es keinen Sinn, den Soli zu erhalten.

    Sie hatten Ende 2014 noch für eine Umwandlung des Solidaritätszuschlags in eine Infrastrukturabgabe plädiert. Jetzt soll der Soli ganz weg?

    Ja. Rekordsteuereinnahmen und niedrige Zinsen sind ein klares Signal, dass der Soli gänzlich gestrichen werden kann. Das wäre auch eine spürbare Entlastung für alle Einkommensgruppen.

    Also, Soli weg, kalte Progression weg. Und was ist mit der Abgeltungsteuer? Derzeit zahlen die Bürger auf Einkünfte aus Kapitalerträgen weniger Steuern als auf den Lohn.

    Wir brauchen eine faire Balance zwischen Aktie und Arbeit. Die Bürger haben zurecht den Eindruck, dass der, der ein Leben lang hart arbeitet, nicht annähernd die Chance hat, ähnliche Erträge zu erwirtschaften wie auf dem Kapitalmarkt. Die Menschen empfinden das zunehmend als ungerecht. Deshalb braucht es eine Diskussion über die Abgeltungsteuer ohne Tabus. Arbeit und Aktie müssen wieder den gleichen Stellenwert haben.

    Ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 53000 Euro greift der Spitzensteuersatz von 42 Prozent, eine Vermögensteuer wird immer wieder in die Debatte geworfen. Gibt es denn hier neue Überlegungen?

    Das Ziel heißt klipp und klar: faire Steuern und Steuerentlastung. SPD und Grüne wollen wieder ein Paket von Steuererhöhungen vorschlagen. Das gilt nicht nur für den Spitzensteuersatz und die Vermögensteuer, sondern wird auch andere Steuern betreffen. Eine Vermögensteuer ist verfassungsrechtlich problematisch, verursacht extrem viel Bürokratie und bringt ohnehin kaum Ertrag. Der Spitzensteuersatz muss nicht erhöht, sondern vernünftiger gestaltet werden. Es kann doch nicht sein, dass Höchstverdiener den gleichen Spitzensteuersatz bezahlen wie erfolgreiche Facharbeiter und Handwerker.

    Nun müssen Sie für Ihre Reformpläne nicht nur beim Berliner Koalitionspartner SPD werben, sondern auch bei CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble. Haben Sie denn überhaupt Hoffnung? Oder werden Sie bei Schäuble wie schon so häufig auf Granit beißen?

    Ich bin da optimistisch. Denn der Bundesfinanzminister hat selbst angekündigt, sich mit dem Thema beschäftigen zu wollen und ein Volumen von mehr als zehn Milliarden Euro als Entlastung ins Gespräch gebracht. Ich denke, da ist sogar noch mehr Spielraum drin. Wir wollen auch keine Cappuccino-Lösung, bei der am Ende nur eine Entlastung steht, die maximal für einen Cappuccino reicht. Eine große Steuerreform muss nachhaltig und glaubwürdig sein, ohne gleichzeitig die finanzpolitischen Ziele eines ausgeglichenen Haushalts zu gefährden. Neben den ökonomischen gibt es auch politische Gründe für eine solche Reform. Die Entfremdung vieler Wähler von der Großen Koalition in Berlin hängt auch damit zusammen, dass die Sorgen der hart arbeitenden Menschen zu wenig ernst genommen werden. Die Normalverdiener können keine Standorte ins Ausland verlagern, und sie handeln auch nicht mit riesigen Aktienpaketen. Sondern sie versuchen nur, sich durch Arbeit um ihre Familie und Altersvorsorge zu kümmern. Um sie müssen wir uns bemühen.

    Wie hoch könnte denn die Entlastung ausfallen?

    Das müssen wir jetzt rechnen. Klar ist auch, wir können keine Mondzahlen in die Welt setzen. Das muss seriös sein.

    Müssen denn die Entlastungsvorschläge immer kurz vor den Wahlen kommen? Geht’s nicht auch mal kurz nach den Wahlen?

    Ich glaube in der Tat, dass man eine länger vorausschauende Politik machen muss. Seit Jahren fordere ich die Abschaffung der kalten Progression. Jetzt kommt sie zumindest 2016. Das reicht aber nicht, wir brauchen eine dauerhafte Abschaffung. Es darf jetzt aber nicht darum gehen, nur kurz vor der Bundestagswahl rasch eine Steuerentlastung zu beschließen. Wir brauchen ein langfristiges Konzept für die gesamte nächste Legislaturperiode.

    Vieles wird derzeit durch den Streit in der Union überlagert. Die CSU greift Merkel an, die CDU die CSU, die Umfragewerte sinken.

    Wir brauchen eine ernsthafte Strategiedebatte. Die Große Koalition hat derzeit weniger als 50 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung, während die CSU alleine als Partei bei fast 50 Prozent stabil liegt. Das zeigt doch eindeutig, wie die Akzeptanz ist. Die CSU steht zu ihren Standpunkten und findet Zustimmung bei den Menschen. Der Linksruck der CDU bringt dagegen nicht den gewünschten Erfolg. Es geht uns nicht um Streit, sondern darum, wie in Deutschland erfolgreich Politik gemacht werden kann. Ansonsten gibt es nach jetzigem Stand eine Kenia-Koalition aus Union, SPD und Grünen. Und wer kann das wollen?

    Markus Söder ist seit 2013 Bayerischer Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat. Der 49-jährige Nürnberger war zuvor fünf Jahre lang Umweltminister. Dem Landtag gehört er seit 1994 als Abgeordneter an. Söder gilt als „Kronprinz“ Horst Seehofers für das Amt des Ministerpräsidenten. Vor allem in der Steuerpolitik demonstrierten beide in jüngster Zeit große Geschlossenheit.

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